Full text: Staatslexikon. Zweiter Band: Eltern bis Kant. (2)

  
  
  
  
  
  
761 Gewerk= und Arbeitervereine. 762 
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reie Gewerkschafen 1865 5068 51 396 784 43 122 519 833242545 
okalbereien:n:n: · 20 641 — — — 
Hirlchnkersche Gewerkvereineeen 108 889 1541359 1434 345 3968 949 
shristtiche Gewerkschaften, Gesamtverbnnd 274 32239 4311 .495 9 193978 3 487 735 
Christliche Gewerkschaften, Unabhängsg 80 437 „ 204 923 169 360 271649 
Unabhängige Vereiiien 96 684 — — — 
Summa 2446 480 1 57454 56147914 202 40 970 878 
189 121, 1905;: 323099, 1906: 448270. — 
Die christlichen Gewerkschaften ÖOster- 
reichs, nach dem Vorbilde derer in Deutschland 
gegründet, hatten Ende 1907 40 deutsche Organi- 
sationen mit rund 40 000 Mitgliedern; daneben 
sind in selbständigen tschechischen Verbänden 21000 
und in slowenischen Verbänden 2000 Mitglieder 
organisiert, so daß sich die Gesamtzahl auf 63000 
stellt. Im allgemeinen ist die christliche Gewerk- 
schaftsbewegung Osterreichs noch in den Anfängen, 
jedoch zeigen sich heute schon erfreuliche Zeichen 
einer Klärung der theoretischen Grundlagen und 
gesunde Ansätze einer kräftigen Ausbildung des 
Verbandswesens. Dabei ist nicht zu vergessen, 
daß diechristliche Gewerkschaftsbewegung in Oster- 
reich nicht nur unter einem aufs äußerste getrie- 
benen Terrorismus der Sozialdemokraten, sondern 
auch fast noch mehr unter den in schroffsten For- 
men ausgetragenen Gegensätzen zwischen den nicht- 
sozialistischen Parteien zu leiden hat. 
2. In der Schweiz stand von vornherein ge- 
werkschaftlichen Organisationen keinerlei Hindernis 
in Gesetzgebung und Verwaltung entgegen. Wenn 
trotzdem die schweizerische Gewerkschaftsbewegung 
nur eine recht langsame Entwicklung und dabei 
eine weitgehende Zersplitterung aufweist, so beruht 
dies auf dem geringen Umfange und der geo- 
graphischen Zerstreutheit der industriellen Betriebe, 
zu einem recht beträchtlichen Teil aber auch auf 
der gegenseitigen Abschließung der einzelnen Kan- 
tone. Mitbestimmend an der langsamen Entwick- 
lung war überdies, daß auch der Schweizer Ar- 
beiter lange Zeit sich in erster Linie als Bürger und 
erst in zweiter als Vertreter eines besondern Stan- 
des fühlte, und daß bei der freiheitlichen und aus- 
geprägtest demokratischen Organisation des Staats- 
lebens und der Staatsverwaltung es jedem Bürger, 
auch dem Arbeiter, möglich war, seine Interessen 
im öffentlichen Leben weitgehend unmittelbar zur 
Geltung zu bringen. Erst in den letzten Jahren 
hat sich die politische sozialdemokratische) Arbeiter- 
bewegung schärfer von den andern Parteien ge- 
trennt. Hand in Hand damit ging eine starke 
Aufwärtsbewegung der Mitgliederzahlen auch der 
Gewerkschaften. Der schweizerische „Allgemeine 
Gewerkschaftsbund“ (sozialistisch) umfaßte 1907 
etwa 50 000 Mitglieder. Doch stehen zahlreiche 
Gewerkschaftler (man schätzt sie auf etwa 30.000) 
außerhalb des Bundes. Den neunchristlichen Ge- 
werkschaftsverbänden, die sich aus geringen An- 
fängen erst in den letzten Jahren emporarbeiteten, 
gehörten 1908 5351 männliche und 6000 weib- 
  
liche Mitglieder an. Insgesamt sind heute in der 
Schweiz erst 14 % aller Organisationsfähigen 
einer Organisation angeschlossen. Die noch 1899 
auf dem Arbeitertage des Arbeiterbundes zu Luzern 
sehr ausgeprägte Hoffnung auf Ausbildung eines 
neutralen Gewerkschaftsbundes erwies sich auch 
in der Schweiz als undurchführbar. 
Literatur. Art. „G.“ im Handwörterb. der 
Staatswissenschaften u. im Wörterbuch der Volks- 
wirtschaft; L. Brentano, Die G. in England 
(im Handwörterb. der Staatswissenschaften); derf., 
Die Arbeitergilden der Gegenwart (2 Bde, ana- 
statischer Neudruck, 1900): I. Zur Gesch. der engl. 
E. (1871), II. Zur Kritik der engl. G. (1872), 
das klassische, grundlegende Werk über Gesch. u. 
Wesen der G.; ders., Das Arbeitsverhältnis ge- 
mäß dem heutigen Recht (1877); Webb, Gesch. des 
brit. Trades-Unionismus (1895); dies., Theorie 
u. Praxis der engl. G. (2 Bde, 1895); dies., Eng- 
lands Arbeiterschaft von 1837 bis 1897 (1898); 
Baernreither, Die engl. Arbeiterverbände u. ihr 
Recht (1886); Hirsch, Die Entwicklung der Ar- 
beiterberufsvereine in Großbritannien u. Deutsch- 
land (1896); ders., Die Arbeiterfrage u. die deut- 
schen G. (1893); v. Schulze-Gävernitz, Zum sozialen 
Frieden. Darstellung der sozialpolit. Erziehung des 
engl. Volkes im 19. Jahrh. (2 Bde, 1890); H. 
v. Nostitz, Das Aufsteigen des Arbeiterstandes in 
England (1900); Schriften der Gesellschaft für so- 
ziale Reform, Hft 22: Gewerbl. Einigungswesen 
in England u. Schottland, Hft 23 u. 24: Metho- 
den des gewerblichen Einigungswesens (1906/07); 
Herkner, Die Arbeiterfrage (51908); Mehring, Ge- 
schichte der deutschen Sozialdemokratie III (1903); 
Meyer, Der Emanzipationskampf des vierten Stan- 
des (2 Bde, 1874/75, 1 21882); Sombart, So- 
zialismus u. soziale Bewegung (71908); ders., 
Dennoch. Aus Theorie u. Gesch., der gewerkschaftl. 
Arbeiterbewegung (1900, neue Aufl. wahrscheinlich 
1909); Bernstein, Die Gesch. der Berliner Arbeiter- 
bewegung. Ein Beitrag zur Gesch. der deutschen 
Sozialdemokratie (2 Bde, 1907/08); Schmöle, Die 
sozialdemokrat. Gewerkschaften in Deutschland seit 
dem Erlasse des Sozialistengesetzes (2 Bde, 1896 
bis 1898); Bringmann, Gesch. der deutschen Zim- 
merer-Bewegung (2 RBde, 1903/05); Bürger, Die 
Hamburger Gewerkschaften u. deren Kämpfe von 
1865/90 (1899); Frisch, Die Organisationsbestre- 
bungen der Arbeiter in der deutschen Tabakindustrie 
(1905); Maier, Der Verband der Glacehandschuh- 
macher u. verwandten Arbeiter Deutschlands 1869 
bis 1900 (1901); Blaustein, Entstehung der ge- 
werkschaftl. Arbeiterbewegung im deutschen Sattler- 
gewerbe (1902); Zinner, Gesch. der deutschen 
Schuhmacherbewegung (1904); Becker, Zur Gesch. 
des Tapezierergewerbes u. der Organisation der deut- 
schen Tapezierergehilfen (1902); Horn, Gesch. der
	        
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