Full text: Staatslexikon. Zweiter Band: Eltern bis Kant. (2)

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sowie durch die günstige Lage und Küstenentwick- 
lung seines Landes berufen scheint; dazu kommt, 
daß in fast allen bedeutenden Orten Süd= und 
Südosteuropas, in Kleinasien, Syrien und Agypten 
griechische Kaufleute ansehnliche Geschäfte betreiben 
und regen Verkehr mit dem Mutterlande unter- 
halten. Die griechische Handelsstatistik, die seit 
1887 veröffentlicht wird, ist wegen des umfang- 
reichen Schmuggels und der Unterschleife der Zoll- 
beamten nicht gerade sehr zuverlässig; gesetzliche 
Maßregeln zur Bekämpfung des Schmuggels und 
Verbesserung der Zustände bei den Zollämtern 
sind zur Zeit in Angriff genommen. 1907 be- 
zifferte sich der Gesamtwert des Spezialhandels 
auf 148,39 Millionen Drachmen in der Ein= und 
116,05 Mill. in der Ausfuhr. Davon entfielen 
(in Mill. Drachmen) auf Großbritannien 27,88. 
Einfuhr und 37,61 Ausfuhr, Rußland 26,64 
und 4,89, Frankreich 10,2 und 8,13, Osterreich- 
Ungarn 16,92 und 11,45, Deutschland 14,59 
und 10,89, Türkei 14,0 und 7,12 usw. Die 
wichtigsten Einfuhrprodukte waren 1907: Er- 
zeugnisse der Landwirtschaft 47,7, Garne und Ge- 
webe 22,5, Metalle und Mineralien 22,2 (davon 
bearbeitet 8,2), Walderzeugnisse 10,4, Fischerei- 
produkte 7,5, pharmazeutische und chemische Er- 
zeugnisse 6,8, animalische Produkte 5,3, lebende 
Tiere 4,3, Gegenstände der Druckerei und schönen 
Künste 3,6. Ausfuhrprodukte: Bodenerzeugnisse 
59,1 (davon 3/ Korinthen), unverarbeitete Me- 
talle und Mineralien 25,2, Wein und andere 
Getränke 10,2, Oliven und ölige Substanzen 9,8, 
Erzeugnisse der Viehzucht 6,2, der Waldwirtschaft 
(Walonen) 2,6. Haupthandelsplätze sind Piräus, 
Hermupolis auf Syra, Korfu, Nauplia, Patras 
und Kalamata. Im Schiffsverkehr gingen 1907; 
6402 Schiffe von 4 805 788 Tonnen ein und 
6293 (4779 421) aus. Die Handelsmarine, die 
nach Beendigung des Freiheitskrieges etwa 1000 
Fahrzeuge stark war, zählte 1905: 198 Dampfer 
mit 208791 Registertonnen (1907: 285 mit 
288573 R.-T.) und 880 Segelschiffe (von 50 
und mehr Tonnen) mit 167 243 R.-T. Ein Teil 
dieser Schiffe vermittelt vorzugsweise den Küsten- 
handel im Schwarzen Meere, in den Donauhäfen 
und an der kleinasiatischen Küste; griechische 
Matrosen finden sich außerdem auf den Schiffen 
aller Nationen des Mittelmeeres und zeichnen sich 
durch Gewandtheit, Umsicht und Genügsamkeit 
aus. Die Schwammsischerei wird von Griechen- 
land aus (besonders von den Hydrioten) eifrig 
betrieben (an der Küste Nordafrikas usw.). 
Zur Förderung des Handels und des Verkehrs 
dienen außer den Schiffahrts= und Handelsver- 
trägen mit den meisten Staaten Europas das 
Generalhandelskomitee in Athen und die zehn 
Handelskammern, deren Mitglieder auf Vorschlag 
des Kaufmannsstandes vom Könige ernannt wer- 
den. — Deutschlands Interessen sind in Griechen- 
land vertreten durch einen außerordentlichen Ge- 
sandten und bevollmächtigten Minister in Athen, 
Staatslexikon. II. 3. Aufl. 
Griechenland. 
  
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einen Generalkonsul in Athen, acht Konsuln und 
Vizekonsuln und drei Konsularagenten. 
Nach Lage und Gliederung des Landes sind die 
Griechen vornehmlich auf den Seeverkehr ange- 
wiesen. Regelmäßige Dampfschiffahrten zwischen 
den griechischen Häfen werden von der Panhelle- 
nios-, der Gudi= und der Serpieri-Gesellschaft 
unterhalten; den Verkehr mit dem Auslande ver- 
mitteln der Osterreichisch-Ungarische Lloyd, die 
Deutsche Levantelinie, die Navigazione Generale 
Italiana, die Messageries Maritimes de France und 
die Compagnie Fraissinet. Der am 6. Aug. 1893 
eröffnete Kanal von Korinth (6348 m lang, 8 m 
tief, mit einer Sohlenbreite von 21 m und einer 
Breite des Wasserspiegels von 25 m) wird nur von 
Küstendampfern und kleinen Schiffen benutzt, hat 
daher den Erwartungen nicht entsprochen; 1907 
passierten ihn 3185 Schiffe mit 720 405 Register- 
tonnen; Einnahmen 319 767 Drachmen in Pa- 
pier, 69 803 in Gold. Die Anlage von Verkehrs- 
wegen im Innern wurde erst seit 1839 ernstlich 
in Angriff genommen; es sind gegenwärtig an 
4600 km fertiggestellt. Auch auf dem Gebiete 
des Eisenbahnbaues herrscht neuerdings eine große 
Rührigkeit: während es vor 1883 nur 21 km 
Schienenwege gab, waren Anfang 1906 1241 km 
im Betrieb; der Anschluß an das mitteleuropäische 
Eisenbahnnetz wird durch Erbauung der Bahn 
Larissa-Saloniki in naher Zukunft erreicht werden. 
Die dem Weltpostverein angeschlossene Post 
wurde 1836 organisiert und zählte 1906: 706 
Bureaus mit einer Einnahme von 2,99 und einer 
Ausgabe von 2,95 Mill. Drachmen; die Zahl 
der Telegraphenbureaus betrug 358, die Länge 
der Linien 7895, der Drähte 14 000 km. Die 
Einnahme belief sich auf 1,91 Mill. Drachmen. 
Den Telephonverkehr vermitteln 1080 Sprech- 
stellen; Zahl der Anlagen für den Lokalverkehr 4, 
Länge der Linien 710 km, der Drähte 3640 km. 
Das Münzwesen wurde einheitlich durch Gesetz 
vom 20. Febr. 1833: 1 Drachme = 100 Lepta 
— 0,725 M. Seit dem 1. Jan. 1871 aber gilt 
in Griechenland, das 1867 der lateinischen Münz- 
konvention beitrat, der Münzfuß des franzö- 
sischen Silbercourants: 1 Drachme —= 100 Lepta 
— 81 Pfennig, mit dem Verhältnis der alten 
Münzen zu den neuen = 100: 112. Demgemäß 
hat Griechenland Doppel-, faktisch aber Papier- 
währung. Die Nationalbank in Athen (jetzt mit 
der Epirotisch-thessalischen Bank vereinigt) und die 
Jonische Bank (seit 1884 auch in Athen) besitzen 
nämlich das Recht, Noten bis zu 88 Mill. Drach- 
men mit Zwangskurs (darunter 14 Mill. in Noten 
unter 5 Drachmen) auszugeben. Außerdem be- 
steht noch ein Crödit mobilier, die Banque de 
Constantinople und eine industrielle Kreditbank. 
Die Einführung der metrischen Maße und Ge- 
wichte mit Beibehaltung der früheren Benennungen 
und dem Zusatze „königlich“ verfügte schon ein 
Gesetz vom 28. Sept. 1836; doch bestehen wegen 
der Handelsverhältnisse mit der Türkei die alten, 
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