833
sowie durch die günstige Lage und Küstenentwick-
lung seines Landes berufen scheint; dazu kommt,
daß in fast allen bedeutenden Orten Süd= und
Südosteuropas, in Kleinasien, Syrien und Agypten
griechische Kaufleute ansehnliche Geschäfte betreiben
und regen Verkehr mit dem Mutterlande unter-
halten. Die griechische Handelsstatistik, die seit
1887 veröffentlicht wird, ist wegen des umfang-
reichen Schmuggels und der Unterschleife der Zoll-
beamten nicht gerade sehr zuverlässig; gesetzliche
Maßregeln zur Bekämpfung des Schmuggels und
Verbesserung der Zustände bei den Zollämtern
sind zur Zeit in Angriff genommen. 1907 be-
zifferte sich der Gesamtwert des Spezialhandels
auf 148,39 Millionen Drachmen in der Ein= und
116,05 Mill. in der Ausfuhr. Davon entfielen
(in Mill. Drachmen) auf Großbritannien 27,88.
Einfuhr und 37,61 Ausfuhr, Rußland 26,64
und 4,89, Frankreich 10,2 und 8,13, Osterreich-
Ungarn 16,92 und 11,45, Deutschland 14,59
und 10,89, Türkei 14,0 und 7,12 usw. Die
wichtigsten Einfuhrprodukte waren 1907: Er-
zeugnisse der Landwirtschaft 47,7, Garne und Ge-
webe 22,5, Metalle und Mineralien 22,2 (davon
bearbeitet 8,2), Walderzeugnisse 10,4, Fischerei-
produkte 7,5, pharmazeutische und chemische Er-
zeugnisse 6,8, animalische Produkte 5,3, lebende
Tiere 4,3, Gegenstände der Druckerei und schönen
Künste 3,6. Ausfuhrprodukte: Bodenerzeugnisse
59,1 (davon 3/ Korinthen), unverarbeitete Me-
talle und Mineralien 25,2, Wein und andere
Getränke 10,2, Oliven und ölige Substanzen 9,8,
Erzeugnisse der Viehzucht 6,2, der Waldwirtschaft
(Walonen) 2,6. Haupthandelsplätze sind Piräus,
Hermupolis auf Syra, Korfu, Nauplia, Patras
und Kalamata. Im Schiffsverkehr gingen 1907;
6402 Schiffe von 4 805 788 Tonnen ein und
6293 (4779 421) aus. Die Handelsmarine, die
nach Beendigung des Freiheitskrieges etwa 1000
Fahrzeuge stark war, zählte 1905: 198 Dampfer
mit 208791 Registertonnen (1907: 285 mit
288573 R.-T.) und 880 Segelschiffe (von 50
und mehr Tonnen) mit 167 243 R.-T. Ein Teil
dieser Schiffe vermittelt vorzugsweise den Küsten-
handel im Schwarzen Meere, in den Donauhäfen
und an der kleinasiatischen Küste; griechische
Matrosen finden sich außerdem auf den Schiffen
aller Nationen des Mittelmeeres und zeichnen sich
durch Gewandtheit, Umsicht und Genügsamkeit
aus. Die Schwammsischerei wird von Griechen-
land aus (besonders von den Hydrioten) eifrig
betrieben (an der Küste Nordafrikas usw.).
Zur Förderung des Handels und des Verkehrs
dienen außer den Schiffahrts= und Handelsver-
trägen mit den meisten Staaten Europas das
Generalhandelskomitee in Athen und die zehn
Handelskammern, deren Mitglieder auf Vorschlag
des Kaufmannsstandes vom Könige ernannt wer-
den. — Deutschlands Interessen sind in Griechen-
land vertreten durch einen außerordentlichen Ge-
sandten und bevollmächtigten Minister in Athen,
Staatslexikon. II. 3. Aufl.
Griechenland.
834
einen Generalkonsul in Athen, acht Konsuln und
Vizekonsuln und drei Konsularagenten.
Nach Lage und Gliederung des Landes sind die
Griechen vornehmlich auf den Seeverkehr ange-
wiesen. Regelmäßige Dampfschiffahrten zwischen
den griechischen Häfen werden von der Panhelle-
nios-, der Gudi= und der Serpieri-Gesellschaft
unterhalten; den Verkehr mit dem Auslande ver-
mitteln der Osterreichisch-Ungarische Lloyd, die
Deutsche Levantelinie, die Navigazione Generale
Italiana, die Messageries Maritimes de France und
die Compagnie Fraissinet. Der am 6. Aug. 1893
eröffnete Kanal von Korinth (6348 m lang, 8 m
tief, mit einer Sohlenbreite von 21 m und einer
Breite des Wasserspiegels von 25 m) wird nur von
Küstendampfern und kleinen Schiffen benutzt, hat
daher den Erwartungen nicht entsprochen; 1907
passierten ihn 3185 Schiffe mit 720 405 Register-
tonnen; Einnahmen 319 767 Drachmen in Pa-
pier, 69 803 in Gold. Die Anlage von Verkehrs-
wegen im Innern wurde erst seit 1839 ernstlich
in Angriff genommen; es sind gegenwärtig an
4600 km fertiggestellt. Auch auf dem Gebiete
des Eisenbahnbaues herrscht neuerdings eine große
Rührigkeit: während es vor 1883 nur 21 km
Schienenwege gab, waren Anfang 1906 1241 km
im Betrieb; der Anschluß an das mitteleuropäische
Eisenbahnnetz wird durch Erbauung der Bahn
Larissa-Saloniki in naher Zukunft erreicht werden.
Die dem Weltpostverein angeschlossene Post
wurde 1836 organisiert und zählte 1906: 706
Bureaus mit einer Einnahme von 2,99 und einer
Ausgabe von 2,95 Mill. Drachmen; die Zahl
der Telegraphenbureaus betrug 358, die Länge
der Linien 7895, der Drähte 14 000 km. Die
Einnahme belief sich auf 1,91 Mill. Drachmen.
Den Telephonverkehr vermitteln 1080 Sprech-
stellen; Zahl der Anlagen für den Lokalverkehr 4,
Länge der Linien 710 km, der Drähte 3640 km.
Das Münzwesen wurde einheitlich durch Gesetz
vom 20. Febr. 1833: 1 Drachme = 100 Lepta
— 0,725 M. Seit dem 1. Jan. 1871 aber gilt
in Griechenland, das 1867 der lateinischen Münz-
konvention beitrat, der Münzfuß des franzö-
sischen Silbercourants: 1 Drachme —= 100 Lepta
— 81 Pfennig, mit dem Verhältnis der alten
Münzen zu den neuen = 100: 112. Demgemäß
hat Griechenland Doppel-, faktisch aber Papier-
währung. Die Nationalbank in Athen (jetzt mit
der Epirotisch-thessalischen Bank vereinigt) und die
Jonische Bank (seit 1884 auch in Athen) besitzen
nämlich das Recht, Noten bis zu 88 Mill. Drach-
men mit Zwangskurs (darunter 14 Mill. in Noten
unter 5 Drachmen) auszugeben. Außerdem be-
steht noch ein Crödit mobilier, die Banque de
Constantinople und eine industrielle Kreditbank.
Die Einführung der metrischen Maße und Ge-
wichte mit Beibehaltung der früheren Benennungen
und dem Zusatze „königlich“ verfügte schon ein
Gesetz vom 28. Sept. 1836; doch bestehen wegen
der Handelsverhältnisse mit der Türkei die alten,
27