Full text: Staatslexikon. Zweiter Band: Eltern bis Kant. (2)

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ein drittes hinzufügte, da die Zahl der Katholiken 
besonders infolge der irischen Einwanderung rasch 
zunahm. 1868 wurde eine Apostolische Delegatur 
eingerichtet und am 4. März 1878 von Leo XIII. 
die Hierarchie wiederhergestellt. Demnach zerfällt 
Schottland in die Erzdiözese Glasgow und die 
Kirchenprovinz Edinburgh mit 4 Suffraganbis- 
tümern; es zählt an 486 000 Katholiken, 526 
Priester (76 Ordensleute), 356 Kirchen und 
Kapellen, 2 Seminare, 4 Knabenkollegien, 218 
Schulen mit 74375 Zöglingen. — Irland, wo 
die schreiendsten Mißstände durch die Kirchenbill 
vom 1. Jan. 1871 beseitigt wurden, zerfällt in 
vier Kirchenprovinzen: Armagh (Primas von Ir- 
land) mit 7, Cashel-Emly mit 9, Dublin mit 3 
und Tuam mit 5 Suffraganbistümern; insgesamt 
2306 362 Katholiken. Die Ernennung der Erz- 
bischöse und Bischöfe steht auf Grund eines Terna- 
vorschlages der Kapitel im gesamten Reiche aus- 
schließlich dem Papste zu. Vgl. auch Art. Katho- 
liken-Emanzipation in Großbritannien. 
Die englische oder anglikanische Kirche 
(Church of England) hat eine bischöfliche Ver- 
fassung, die in der „Kirche von Irland“ mit dem 
Synodalsystem verbunden ist. Oberhaupt ist der 
König; er schlägt den Kapiteln der Dizesen die 
Bischöfe vor, und diese sind verpflichtet, seine 
Wahl zu bekräftigen. England mit Wales und 
den Inseln in den britischen Gewässern hat zwei 
Erzbischöfe und 33 Bischöfe (Provinz Canterbury 
24, BYork 9), von denen 24 Sitz im Oberhause 
haben. Der Erzbischof von Canterbury ist der 
erste Peer des Reiches und Primate of all Eng- 
land; er krönt den König in der Westminsterabtei 
und erteilt Kirchendispensationen. Unter seine 
Jurisdiktion gehören zum Teil auch die Bistümer 
in den Kolonien (24 von 99; die meisten eng- 
lischen Staatskirchen in den Kolonien sind freie 
Vereinsbildungen ohne Zusammenhang mitein- 
ander; der Zusammenhang mit der Mutterkirche 
beruht auf freiem Willen und findet seinen Aus- 
druck in der Beschickung der seit 1868 bestehenden 
pananglikanischen Konferenz). Der Erzbischof von 
Vork (Primate of England) hat seine Rangstelle 
nach dem Großkanzler; er krönt die Gemahlin des 
Königs und ist ihr Kaplan. Unter den Bischöfen 
ist der von London der vornehmste (right honour- 
able); auf ihn folgt der von Durham, dann der von 
Winchester; die übrigen haben ihren Rang nach 
dem Alter der Ernennung, nur der von Sodor 
und Man ist immer der unterste. — Zur Ver- 
waltung der geistlichen Angelegenheiten hat jede 
der beiden Kirchenprovinzen eine „Konvokation“, 
die auf ein königliches Schreiben von den Erz- 
bischöfen durch die Dekane ihrer Provinz (die 
Bischöfe von London und Durham) zusammen- 
gerufen werden. Jede Konvokation hat zwei Häu- 
ser: im Oberhaus sitzen die Bischöfe, im Unter- 
haus die Kapitelsdekane, Archidiakone, die Ver- 
treter jedes Kapitels (Proctors) und außerdem 
je zwei vom Klerus gewählte Vertreter aus jeder 
Großbritannien. 
  
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Diözese in der Provinz Canterbury oder aus 
jedem Archidiakonat in der Provinz York; in der 
Vorker Konvention sitzen ferner Vertreter des 
Klerus der Insel Man und zwei Vertreter des 
Metropolitankapitels. Die Konvokation von Can- 
terbury tagt in der St Paulskathedrale von Lon- 
don, die von York in der St Patrickskathedrale 
von Vork. Die Rechtsverbindlichkeit der Be- 
schlüsse der Konvokationen bedarf für den Klerus 
der Sanktion des Königs, für die Laien der des 
Parlaments. Von 1717 bis 1852 sind die Kon- 
vokationen niemals einberufen worden. 
Die „Kirche von Irland“ steht unter den 
Erzbischöfen von Armagh (dem Primas von ganz 
Irland) und von Dublin (dem Primas von Irland) 
und elf Bischöfen. Die Seelenzahl ist verhältnis- 
mäßig gering (1908: 581 000). Mit der gesetz- 
gebenden und obersten administrativen Kirchen- 
gewalt ist nach der Verfassung vom Jahre 1879 
die Generalsynode betraut, die aus dem Hause der 
Bischöfe und dem der Repräsentanten besteht, 
welche gewöhnlich in voller Synode zusammen 
beraten. Das Repräsentantenhaus zählt 208 Ver- 
treter des geistlichen und 416 Abgeordnete des 
Laienstandes, die auf drei Jahre gewählt werden. 
Die Generalsynode tagt alljährlich in Dublin; 
in ihrer vollen Versammlung hat der Primas den 
Vorsitz. Die Verwaltung des Kirchenvermögens 
führt „der Repräsentativkörper der Kirche“, der 
aus den Erzbischöfen und Bischöfen, 12 geist- 
lichen und 24 weltlichen Vertretern und 14 koop- 
tierten Mitgliedern zusammengesetzt ist. — Schott- 
land, wo die englische Hochkirche an 133000 
Anhänger zählt, zerfällt in sieben Bistümer, 
deren vornehmste die von Aberdeen und Edin- 
burgh sind. 
In Schottland besteht seit 1560 die pres- 
byterianische Staatskirche, die sich 1843 infolge 
von Streitigkeiten über das Patronatsrecht spal- 
tete: neben der „Kirche von Schottland“ (1907 
an 702 100 communicants) entstand die Free 
kirk („freie Kirche"), welche sich 1900 gegen den 
Widerspruch einer dissentierenden Minorität (27 
gegen 643 Stimmen) mit der Unierten Presby- 
terianischen Kirche Schottlands zur „Vereinigten 
Freien Kirche von Schottland" konstituierte (1908 
an 506 100 communicants). Außerdem existieren 
noch eine presbyterianische Kirche in Irland (1901 
453 173 Anhänger) und einige kleinere getrennte 
Gemeinschaften, die sich nur in Sachen der Diszi- 
plin voneinander unterscheiden; alle haben je- 
doch die Synodalverfassung, die auf den Pres- 
byterien (84 in der Kirche von Schottland) be- 
ruht, welche eine größere oder kleinere Anzahl von 
Kirchspielen umfassen und wieder in (16) Syn- 
oden verteilt sind. Die oberste Kirchenbehörde ist 
die Generalversammlung (General Assembly), 
die jährlich einmal in Edinburgh zusammentritt 
und aus 700 geistlichen und weltlichen, von den 
Presbyterien, königlichen Boroughs und Universi- 
täten gewählten Mitgliedern besteht. Die Gesetz-
	        
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