Full text: Staatslexikon. Zweiter Band: Eltern bis Kant. (2)

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Beiträgen 1854 von Erzbischof Cullen geschaffene 
Catholic University of Ireland, die aus 9 col- 
leges besteht (5 in und bei Dublin; am bedeu- 
tendsten das St Patrick's College in Maynooth). 
Die Universität in London, die schottischen Uni- 
versitäten und die zwei neuen irischen Universitäten 
empfangen Staatsunterstützung, wogegen der Be- 
stand der andern britischen Hochschulen lediglich 
auf Stiftungen beruht. 
Das technische Unterrichtswesen ist noch jung; 
1879 gründeten die Londoner Gilden die Cowper 
Street Schools, 1880 wurde das City and 
Guilds of London Institute geschaffen; seither 
ist eine große Zahl von technischen Schulen 
(9 Hochschulen) und Colleges, von Fortbildungs- 
schulen, von Secondary Day Schools, von 
Schools o⅝f Art u. dgl. entstanden. 
Unter den Fachschulen sind zu nennen die 
theologischen Colleges (1907:72, davon 25 angli- 
kanisch, 9 katholisch) der verschiedenen Konfes- 
sionen, die die Ausbildung ihrer Geistlichen selbst 
übernehmen, die Akademie der Künste in London, 
die Kunstschule in Edinburgh, die Musikakademie 
in London, das Royal College of Science in 
Dublin, an 50 medizinische Schulen, 5 Schulen 
für Rechtsgelehrte (inns of court), 10 höhere 
Ackerbauschulen (Cirencester, Wye usw.), die könig- 
liche Minenschule in London; von militärischen 
die Militärakademie in Woolwich, das Militär- 
college und Staff College in Sandhurst, die Mili- 
täringenieurschule zu Chatham, das Naval College 
zu Greenwich, die Marineingenieurschule zu Ports- 
mouth, die Schießschule zu Hythe usw. 
Von den zahlreichen gelehrten Gesellschaften ist 
die bekannteste die 1645 begründete Royal Society 
in London und die British Association for 
the Advancement of Science, die britische, 
schottische und irische Akademie und das Royal 
Institute of Great Britain. Unter den Biblio- 
theken sind die hervorragendsten: die des Britischen 
Museums, der reichsten wissenschaftlichen Samm- 
lung der Welt, mit über 2 Millionen Bänden, 
die Bodleyanische in Oxford, die öffentliche Bi- 
bliothek in Cambridge, die der Advokaten in Edin- 
burgh und des Trinity College in Dublin. Von 
den 25 Sternwarten ist die berühmteste jene zu 
Greenwich, unter den 8 botanischen Gärten der 
reichste der von Kew. Das englische Zeitungs- 
wesen übertrifft an Bedeutung das aller übrigen 
Staaten; 1907 betrug die Zahl der Tages= und 
Wochenschriften 4329 (davon an 2460 Zeitungen); 
die Post beförderte 1906/07: 189,1 Mill. Zei- 
tungssendungen. 
V. Wirtschaftliche Verhältnisse. Obwohl 
die englische Landwirtschaft hoch entwickelt 
und für einen nicht unbedeutenden Teil der Be- 
völkerung (England 4,5, Schottland 5,5, Irland 
19,8 %%) Nahrungsquelle ist, so werden doch 1905 
nur etwas über 7/10 des Gesamtareals als Acker 
(23,9 %), als Wiesen und Weiden (43,8 ), 
als Gemüseland (0,1 % und Waldungen (3,9%) 
Großbritannien. 
  
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ausgenutzt. Der Boden ist durchgängig in fidei- 
kommißartigem Besitz einer geringen Anzahl von 
Gutsherren, die ihn durch Pächter (84,5 % der 
Betriebe, 85,8 % der Fläche) bearbeiten lassen 
(vom Eigentümer selbst nur 11,7 % der Betriebe 
bewirtschaftet). Nach einer Statistik von 1873 
besitzen 348 Eigentümer fast den vierten Teil 
(12 zusammen 17970 qkml), 2198 die Hälfte 
und 10911:72 % der gesamten Oberfläche. Nach 
der Größe entfielen in Großbritannien (ohne Ir- 
land) von den landwirtschaftlichen Betrieben 1906: 
21,48 % auf solche mit 1—5 acres, 45,49% 
auf solche mit 6—50 acrbs, 29,54 % auf Be- 
triebe mit 51—300 acres, 3,49 % auf solche 
mit mehr als 300 acres; gegenüber 1895 ist eine 
kleine Verminderung des Großgrundbesitzes ein- 
getreten. Das oft wiederholte Verlangen nach 
freiem Verkehr mit Grund und Boden veranlaßte 
nach langem Widerstreben den Settled Land Act 
des Lord Cairns von 1882, welcher lebensläng- 
liche Nutzuießer von Fideikommissen ermächtigte, 
ihr Land zu verkaufen, zu vertauschen oder zu be- 
lasten, wofern der äquivalente Erlös im Sinne 
des Fideikommisses angelegt wird; der Stammsitz 
mit Park ist unveräußerlich. Ferner verpflichtet 
ein Heset von 1883 die Gutsherren, ihren Päch- 
tern bei Kündigung für unerschöpfte Meliorationen 
(Drainagen, Wegeanlagen usw.) Entschädigung 
zu leisten; ein Gesetz von 1882 ermächtigt die 
Verwalter von Stiftungen, kleine Landlose (allot- 
ments) an Arbeiter zu vermieten, wie dies die 
Armenvorstände schon seit 1819 tun dürfen, ein 
Gesetz von 1886 schützt die armen Crofters (kleine 
Pächter) der schottischen Inseln gegen die Habgier 
ihrer Grundherren und gewährt ihnen Staats- 
zuschüsse zum Ankauf von Fischerbooten, und die 
Gesetze von 1887 und 1907 (Small Holding 
and Allotments Act) erleichtern den Erwerb 
kleiner Grundstücke durch Bauern in England. 
Am ungünstigsten liegen die Bodenverhältnisse 
in Irland, wo der bäuerliche Grundbesitz ganz 
fehlt und die Masse der ackerbautreibenden Be- 
völkerung auf kleinen Pachthöfen ein kümmerliches 
Dasein führt. Durch den Irish Land Act von 
1881 ist den Pächtern, die auf 7, 14, 21, zu- 
weilen auf 99 oder 100 Jahre pachten und ent- 
weder eine Kaufsumme oder jährliche Miete zahlen 
müssen, die Umwandlung ihrer Pachtungen in 
freies Eigentum ermöglicht worden; das Pacht- 
rückstandsgesetz von 1882, die Bodenbill von 1886, 
die weiteren Gesetze von 1890, 1891, 1896 und 
besonders auch 1903 brachten weitere Erleichte- 
rungen, ohne jedoch die „irische Landfrage“ ganz 
zu lösen. 1907 gab es in Irland 83 .574 Be- 
triebe mit weniger als 1 acre, 62 068 mit 1—5, 
153728 mit 5—15, 210 032 mit 15—50, 
80 934 mit 50—200, 9536 mit mehr als 
200 acres. 
Der Getreidebau nimmt zugunsten der Wiesen- 
wirtschaft ab (von 1871 bis 1901 um 1.12 Mill. ha) 
und kann selbst bei reichen Ernten den Bedarf bei
	        
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