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bedingen eine wachsende Einflußnahme der öffent-
lichen Gewalt und demgemäß der Rechtsordnung
auf die Verhältnisse dieses Bodens und der darauf-
stehenden Gebäude. Die Frage von Grund= und
Bodeneigentum hängt mit der des Gebäudeeigen-
tums eng zusammen.
Für den Wert des Wohnungsbodens spielt
besonders:
a) der Faktor der „örtlichen Lage des einzelnen
Grundstücks“ eine hervorragende Rolle. Es kommt
dabei eine doppelte Außerung in Betracht: a) nach
Art der Ortschaft (Dorf, Stadt), ) nach lokaler
Lage innerhalb der Ortschaft.
Im städtischen, besonders großstädtischen Boden
tritt der Monopolcharakter des Grund und
Bodens in ganz besonderem Grade hervor. Die
„örtliche Lage“ ist Naturtatsache und abhängig
von den allgemeinen Entwicklungen des Wirt-
schaftslebens, der politischen Geschichte, der Be-
völkerungsbewegung; nicht oder fast nicht ist sie
abhängig von den wirtschaftlichen Leistungen des
Eigentümers. Das Privateigentum kann hier
ohne Zutun große wirtschaftliche Gewinne ein-
bringen, die vom Eigentümer ökonomisch nicht
verdient waren, und umgekehrt unverschuldete Ver-
luste hervorrufen. Besonders mißlich zeigt sich die
Erscheinung des Privateigentums in der Groß-
stadt. Für die Mieter besteht eine Zwangslage.
Der größte Teil der Bevölkerung wird wenigen
Eigentümern tributpflichtig. Die öffentlichen Auf-
Grundbesitz.
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stige Lagen geschaffen); ferner sollen rechtliche Re-
sormen, neue Bauordnungen, eine Anderung der
Steuerverfassung, durch welche der Konjunktur-
und der Spekulationswert besser erfaßt werden,
einen Ausgleich der Interessen von Eigentümern
und Mietern bewirken.
Prinzipiell und praktisch sind diese Mittel zweck-
mäßig, technisch sind sie schwierig und immerhin
nicht ausreichend. Durch den Bau von Arbeiter-
wohnungen und die Gründung gemeinnütziger
Baugesellschaften, Gemeinde= und Staatsbauten
will man einem faktischen Monopol entgegen-
wirken. Auch hierbei läßt oft der Mangel an
Bereitwilligkeit der maßgebenden Personen, das
Fehlen von Fähigkeit, Geldmitteln und Land eine
wirksame Abhilfe nicht zu.
Die weitergehenden Reformer greifen prinzipiell
das Privateigentum am städtischen Wohnungs-
boden selbst „als Kern des Übels“ an. Diese
Stellungnahme ist erklärlich durch die nachteiligen
Wirkungen, die das Privateigentum auf die Be-
friedigung des Wohnungsbedürfnisses und die Ver-
teilung des Volkseinkommens und Volksvermögens
hat. Ein recht schwieriges Problem ist es, Boden
und Hauseigentum zu trennen. Scharfes Kriti-
sieren kann zwar richtig sein, dabei braucht aber
der Boden der geltenden Rechtsordnung nicht ver-
lassen zu werden. Für eine neue Rechtsordnung,
die auf dem Gemeineigentum an Grund und
Boden aufgebaut ist, muß die Möglichkeit der
wendungen kommen vorwiegend dem Grund und Durchführung erst vorhanden sein, die besondern
Boden zugute (Renten= und Wertssteigerungen), Konsequenzen sind zu würdigen und die großen
während die Steuern auch von den Nichtgrund= Schwierigkeiten zu erwägen.
besitzern aufgebracht werden. In einem Falle wäre das Ziel im Wege ge-
Es kommt hinzu, daß die Entwicklung und eigneter Bauordnungen und privaten Häuserbaus
Organisation des Kreditwesens den städtischen zu erreichen, die Grundstücke auf Zeit (Bodenleihe)
Grundbesitz mehr und mehr mobilisiert und da= mit der Verpflichtung zu erhalten, den Boden mit
mit den Besitzwechsel und die Verpfändbarkeit Häusern zu besetzen (Bodenbesitzreform, englische
ungemein erleichtert hat. und amerikanische Verhältnisse). Die Haupt-
b) Der Spekulationsfaktor tritt als weitere schwierigkeiten würden hier in der richtigen Reg-
unangenehme Erscheinung hinzu. Bei günstigen lung des Preises für die Bodennutzung sowie in
Konjunkturen werden Renten, Miete, Werte wei= der Festsetzung der Zeitdauer, der Amortisation,
ter gesteigert. Die Grundstücksspekulation nimmt der Entschädigung des Baukapitals bestehen. Bei
eventuell einen gewerbsmäßigen Charakter an. langer Miete käme die Grundrentensteigerung den
Spekulationsfaktor und Monopolcharakter be-Mietern zugute, Revisionen des Zinses wären
wirken die große Abhängigkeit der Mieter, eine allerdings nicht leicht.
Unsicherheit des Wohnens. Ein Alleinwohnen ist Die zweite Eventualität wird im vollen (Boden-)
durch die ungeheure Rente des Wohnungsbodens Sozialismus erblickt. Es müßte dann auch die
unmöglich gemacht. Das Wohnen in Mietkasernen Übertragung des Bauwesens usw. an die öffent-
mit sanitären, ethischen, sozialen Ubelständen ent= liche Gemeinwirtschaft (Gemeinde)h stattfinden; die
wickelt sich als ein notwendiges Produkt der Frei= technischen Schwierigkeiten, da der Bau nur ein-
heit des städtischen privaten Grundeigentums. mal notwendig ist, wären durch die Behörde lös-
Begreiflich ist, daß Reformbestrebungen auf= bar. Reines kommunales Eigentum böte gegenüber
tauchen, welche die Verbesserung dieser Mißhellig= staatlichem Eigentum Schwierigkeiten, da öfters
keiten zum Zwecke haben. Die gemäßigten Re= Aufwendungen des Staates den Wert des Woh-
sormer wollen privates, städtisches Grundeigentum nungsbodens erheblich gesteigert haben.
beibehalten und durch wirtschaftspolitische NRaß= 2. Bergwerksboden. Als bedeutungsvoll
nahmen, besonders durch Entwicklung des Ver= für die Arten der Vor= und Nachteile der ver-
kehrswesens, die faktischen Monopole günstiger La= schiedenen Rechtsordnungen kommen hier in Be-
gen brechen (was leider nicht genügend möglich tracht die Gewinnung und die direkte Verwert-
erscheint; es werden nur neue, zahlreichere, gün= barkeit der Stoffe oder deren Umwandlung,