Full text: Staatslexikon. Zweiter Band: Eltern bis Kant. (2)

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Lagerung und Arten, Qualitäten und Mengen. 
Für den wirtschaftlichen Erfolg ist von Wert die 
geographische Lage und die Zugänglichkeit an be- 
stimmten Stellen. Von der Natur wurde der 
Bergwerksboden bestimmt, ohne daß diese Bestim- 
mung leicht sichtbar war, ein wesentlicher Unter- 
schied zwischen diesen und den andern Boden- 
kategorien. Von der Rechtsordnung muß man 
verlangen, daß die Gewinnung der Stoffe auf 
Lagerstätten möglichst gesichert erscheint, da ein 
gesellschaftliches und volkswirtschaftliches Bedürf- 
nis vorliegt. Die Rechtsordnungen für den Berg- 
werksboden geben seit alters Handhaben gegen die 
Eigentümer. Als Konsequenz der geschichtlichen 
Entwicklung bilden sich erprobte Grundsätze im 
allgemeinen Interesse heraus: die Einrichtung des 
Bergregals, die Freierklärung des Bergbaues, die 
Gestaltung des Schürf-, Beleihungs= und Ent- 
eignungsrechtes. Das so vorhandene Bergrecht 
kann als Beispiel für die Anpassung der Rechts- 
ordnung an „die Zwecke im Recht“ gelten. Der 
Eigentümer des Bergwerksbodens hat also be- 
schränkt vorhandene, erschöpfliche Vorräte zur 
Ausbeutung in der Hand. Die Zugänglichkeit 
und die Kosten der Gewinnung sind auf die Rente 
von Einfluß. Monopolistische Verhältnisse können 
sich bei dem Bedarf der Volkswirtschaft an den 
Bergwerksstoffen unter günstigen Konjunkturen 
unschwer bilden. Beim Bergwerksboden ist eine 
gewisse obrigkeitliche Reglung des Betriebes im 
Interesse der Ausbeutung und der Arbeiter nötig; 
es liegen große, gemeinsame Aufgaben vor, die 
daher ein Staatseigentum wohl ermöglichen und 
erstrebenswert erscheinen lassen. Besonders ergeben 
sich bei Kohlen und Salz, da keine Verarbeitung 
nötig, Vorteile des Staatsbetriebes; weniger ist 
dies bei Erzen der Fall (Spekulation, Handel, 
Verkehr). 
3. Der natürliche (wilde) Weide-, Wald--, 
Jagd= u. dgl. Boden. Die in Frage kom- 
menden organischen Stoffe, wie wilde Pflanzen 
und Tiere, können zum Teil gleich unmittelbar 
als fertige natürliche Genuß= und Nahrungemittel 
gebraucht werden, natürliche Fischereigründe ge- 
hören zu dieser Bodenart. Gleichzeitig können 
dieselben Grundstücke mehreren Verwendungs- 
arten dienen. Bei Kollisionen wirkt die Rechts- 
ordnung helfend. 
Eine spontane Reproduktionsfähigkeit und die 
menschliche Aneignung sind die Grundlagen der 
Nutzung; bedeutungsvoll erscheinen Klima, Be- 
schaffenheit und Fruchtbarkeit des Bodens, Lebens--, 
Nahrungs= und Entwicklungsbedingungen. Eine 
regelmäßige dauernde Ausnutzung kann nur bis 
zu einem gewissen Grade stattfinden, sonst tritt 
eine Verminderung der Bodenkraft ein. Stei- 
gende Ausnutzung ruft größere Kosten und damit 
geringeren Reinertrag hervor („Grund= und 
Bodengesetz"). 
Bei dem natürlichen Weide-, Wald-, Jagd- 
u. dgl. Boden findet man zum Teil Gemeineigen- 
  
Grundbesitz. 
  
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tum von größeren und kleineren Gemeinschaften 
bei genauer Reglung der Nutzungsverhältnisse und 
Einrichtung von Schonzeiten. Das Privateigen- 
tum bleibt hier ein beschränktes, gemäß den gesell- 
schaftlichen und volkswirtschaftlichen Interessen am 
der Gewinnung jener Stoffe und an der Erhal- 
tung der natürlichen Bedingungen hierfür. Diese 
Bodenkategorie verliert immer mehr durch den 
UÜbergang in höhere Formen ihre Bedeutung. 
4. Der landwirtschaftlich und (kultur-) 
forstlich benutzte Boden. Die Fragen der 
Rechtsordnung liegen Hei dem landwirtschaftlich 
benutzten Boden wesentlich anders wie bei den 
andern Kategorien. Man hat vier Stadien der 
agrarischen Arbeit zu unterscheiden: 1) Urbar- 
machung, 2) Erhaltung und Verbesserung der 
Bodenkraft (Meliorationen), 3) regelmäßige, 
periodische Bearbeitung des Bodens, 4) Ein- 
bringung und Aufbewahrung der Ernten. Wichtig 
ist die Tatsache, daß nur der agrarische Boden die 
erforderlichen menschlichen und tierischen Haupt- 
nahrungsmittel und Teile der Gewerkstoffe liefert 
und von der Erfüllung jener Funktion die Lebens- 
und Beschäftigungsweise sowie die Vermehrbar- 
keit der Bevölkerung abhängt. Die Rechtsordnung 
hat die Aufgabe, eine gute Erfüllung dieser Funk- 
tion zu gewährleisten. Trotz Technik und Chemie 
ist die Menschheit bisher auf den Boden als Ur- 
quell alles Gedeihens angewiesen. Weitgehende 
Naturgebundenheit ist bei diesem Boden vorhan- 
den. Das Gesetz der Bodenproduktion, welches 
sich darin charakterisiert, daß eine Steigerung der 
Erträge über das Normale nur bei steigenden 
Kosten zu erwarten ist, gibt wesentliche Leitmotive 
für die Rechtsordnung. Als wichtig tritt der 
Umstand der räumlich weiten und großen Aus- 
dehnung der agrarischen Bodenflächen und der zer- 
streuten Lage der Landwirtschaftsbetriebe hinzu. 
Die geschichtliche An= und Besiedlungsweise, eine 
Auswahl der örtlichen Lage, die Beschaffenheit 
der Grundstücke sowie die Lage zu den Absatz- 
orten sind nicht minder recht bedeutungsvoll. Auch 
bei der Durchführung des Gemeindeeigentums 
müßte man an zerstreuter weiter Lage festhalten 
(Naturgebundenheit). Einer Konzentrierung des 
Anbaues wirkt das erwähnte Bodengesetz entgegen. 
Je nach Bodenart, Kultur, Betriebs= und Besitz- 
system ergeben sich Verschiedenheiten in betreff der 
ländlichen Bevölkerung, ihrer Zahl, Art, Bildung. 
Die örtliche Zerstreuung erschwert die Beauf- 
sichtigung und bedingt Wirksammachung anderer 
psychischer Motive. Die Lebensweise wirkt auf 
Charakter, Denken, Fühlen, Wollen, sittliche und 
religiöse Anschauungen; körperliche Arbeit ist ge- 
sunder wie geistige. Dank diesen Verhältnissen 
wird die ländliche Bevölkerung so wichtig für die 
ganze Bevölkerung als Jungbrunnen und Re- 
serve menschlicher Kraft, vom Junker bis Acker- 
knecht. Die Art der Arbeit und die innige Ver- 
kettung mit dem Grund und Boden gibt Gelegen- 
heit zur Ausbildung einer Klasse von wahrhaft
	        
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