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aufgestellt, von deren Einhaltung der Eigentums-
übergang abhängig war (Auflassungsprinzip).
Aber diese Formen gewährleisteten die Offentlich-
keit ausreichend nur so lange, als die Auflassung
vor versammelter Gemeinde vor sich gehen konnte.
Mit dem wachsenden Verkehre genügten sie dazu
nicht mehr. Man ließ deshalb die geschehene Auf-
lassung beurkunden und die Urkunden sammeln,
um dadurch die Rechtslage der Grundstücke und
die Offentlichkeit zu sichern. Aus den Urkunden-
sammlungen entstanden in vielen Gebieten, na-
mentlich in den verkehrsreichen Städten, Beur-
kundungsbücher, die Grundbücher, Grund= und
Hypothekenbücher, Stadtbücher. Diese Bücher
enthielten bald nur die Auflassungen einzelner
Grundstücke, bald waren sie Verzeichnisse aller im
Gemeindebezirk belegenen Grundstücke. Mit dem
Eindringen des römischen Rechts in Deutschland
wurde zwar die Einrichtung der Grundbücher fast
überall wieder aufgegeben; der Gedanke aber, auf
welchem dieselben beruhten, blieb lebendig und
führte im Verlauf der letzten 100 Jahre in fast
ganz Deutschland zu deren Erneuerung, aller-
dings in verschiedener Form und Bedeutung. Für
die Beseitigung der bloßen Tradition als Eigen-
tumserwerbstitel und die Wiederanlage der Grund-
bücher war nun nicht mehr die öffentlich-rechtliche
Seite des Grundbesitzes, sondern das schon von
Carpzov und Mylius betonte Bedürfnis des Real-
kredits maßgebend. Das System der Buchanlage
war dabei durch das System der Eigentumsüber-
tragung bedingt. Im einzelnen galt folgendes:
Im Gebiete des gemeinen Rechts und des
preußischen Landrechts erfolgte der Eigentums-
übergang, bei Immobilien durch die unter Be-
obachtung bestimmter Formen vollzogene Besitz-
übergabe; die volle Wirksamkeit des Eigentums,
insbesondere das Recht der Verpfändung, war
aber abhängig von der außerdem geschehenen Ein-
tragung des Eigentumsüberganges in das Hypo-
thekenbuch, der sog. Besitztitelberichtigung. Das
Hypothekenbuch war nicht Grund-, sondern bloßes
Pfandbuch. In Preußen hat sich dann 1872 der
Übergang zum Grundbuchsystem vollzogen. In
Osterreich wird das Eigentum an Grundstücken
nicht durch Tradition, sondern durch Eintragung
in die Grundbücher (Intabulation) erworben.
Das Eigentum an dem Grundstücke besteht, bis
die Eintragung gelöscht ist. Während nach dem
Besitztitelberichtigungssystem des preußischen Land-
rechts jemand Eigentümer sein kann, ohne im
Hypothekenbuche eingetragen zu sein, das Eigen-
tum an Grundstücken mithin von der Eintragung
unabhängig bleibt, ist nach dem Intabulations-
system Eigentümer nur, wer in das Grundbuch
eingetragen ist, so daß man das Eigentum immer
aus dem Grundbuch erkennt. Die Unterscheidung
des preußischen Landrechts zwischen der Tradition
mit der Wirkung der Eigentumsübertragung und
der Bucheintragung mit der Wirkung der Zu-
lässigkeit dinglicher Belastung eines Grundstückes
Grundbuchamt.
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ist im österreichischen Gesetzbuch gänzlich auf-
gegeben. Nach französischem Rechte erfolgt
der Eigentumsübergang bei Immobilien sowohl
wie bei Mobilien durch den Vertrag; die Wirkung
des Eigentumsübergangs ist aber Dritten gegen-
über insoweit von der Eintragung in das Tran-
skriptionsregister abhängig gemacht, als die er-
folgte Transkription die Inskription von Hypo-
theken und Privilegien gegen den Veräußerer
zugunsten Dritter sowie die Wiederauflösungs-
klage des Veräußerers gegen den Erwerber be-
schränkt und dem Erwerber die Möglichkeit der
Vornahme des Hypothekenreinigungsverfahrens
gewährt.
Da sich das Traditionsprinzip sowie die ge-
setzlichen und generellen Hypotheken des römischen
Rechts in den gemeinrechtlichen Bezirken Deutsch-
lands immer mehr als unvereinbar mit den An-
forderungen erwiesen, welche das zunehmende
Kreditbedürfnis der Grundbesitzer an die Rechts-
sicherheit stellte, so gingen die Einzelstaaten an
eine Reform des Immobilienrechts. Dabei wur-
den von der einen Staatengruppe nur die Rechts-
verhältnisse ins Auge gefaßt, welche dem Im-
mobiliarkredit dienen, und zur Aufnahme der
Hypotheken die Pfandbücher eingeführt. Die
andere Gruppe regelte die Rechtsverhältnisse des
Immobiliarsachenrechts allgemein und gelangte
so zum Grundbuchsystem. Die Mitwirkung der
Grundbuchämter bei der Buchführung war nach
den verschiedenen Buchsystemen verschieden ge-
staltet. In diesen zersplitterten Zustand griff für
das Deutsche Reich die Reichsgesetzgebung ein,
indem sie durch das B.G.B. und durch die Reichs-
grundbuchordnung vom 24. März 1897 das
Grundbuchsystem für das ganze Reichsgebiet
durchführte sowie einheitlich vorschrieb, daß die
Grundbücher von den Grundbuchämtern zu führen
seien. Die Verfassung der Grundbuchämter ist,
um möglichst wenig in die Behördenorganisation
der Einzelstaaten einzugreifen, der Reglung durch
die Landesgesetzgebung überlassen. Diese hat ent-
weder die Amtsgerichte oder eine Abteilung eines
einzelnen Amtsgerichts zum Grundbuchamt be-
stimmt oder wie Baden, Württemberg und Mecklen-
burg das Grundbuchamt als selbständige Staats-
oder Gemeindebehörde eingerichtet oder mit einer
andern Staats= oder Gemeindebehörde vereinigt
oder gar für das Land mit dem Amtsgericht, für
die Städte mit der Gemeindebehörde verbunden.
Die Landesgesetzgebung hat auch angeordnet, ob
das Grundbuchamt durch einen einzelnen Beamten
oder durch eine kollegiale Behörde verwaltet wird,
sowie ob und inwieweit im letzteren Falle eine
Teilung der Geschäfte oder deren gemeinschaftliche
Bearbeitung eintritt. Jedes Grundbuchamt be-
steht aus dem oder den Grundbuchbeamten und
dem ihnen beigeordneten Grundbuchführer. In
Preußen, wo die Amtsgerichte Grundbuchämter
sind, gehören zum Grundbuchamt ein Amtsrichter
und ein Gerichtsschreiber (Grundbuchrichter und
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