Full text: Staatslexikon. Zweiter Band: Eltern bis Kant. (2)

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bei der Grundbuchanlage von Amts wegen die 
Eigentumsfrage geprüft und erledigt. Denn für 
den Grundstücksverkehr und die Grundstücks- 
belastung kommt es vor allem darauf an, daß 
eine bestimmte Person Eigentümerin des gebuchten 
Grundstückes sei; das Grundbuch muß darum 
sowohl über den Gegenstand des Eigentums wie 
über dessen Träger Auskunft geben. Ein Grund- 
stück kann mithin nur gebucht werden, wenn zu- 
gleich sein Eigentümer eingetragen wird. 
Das Eigentum des eingetragenen Eigentümers 
wird durch den Eintrag in der Art gesichert und 
verstärkt, daß derselbe unter Zulassung des Gegen- 
beweises selbst dann als Eigentümer zu gelten 
hat, wenn er in Wirklichkeit es nicht ist. In der 
Aufführung aller im Grundbuchbezirke belegenen, 
nicht bloß der mit Hypotheken belasteten Grund- 
stücke sowie in dem öffentlichen Glauben, welcher 
dem Grundbuche beizulegen ist (Publizitäts- 
prinzip), beruht hauptsächlich der Wert des Grund- 
buches für den Rechtsverkehr und den Immobiliar= 
kredit. Denn dadurch wird demjenigen, welcher 
ein auf die Erwerbung eines Rechts an einem 
gebuchten Grundstücke gerichtetes Rechtsgeschäft 
eingeht, der Inhalt des Grundbuches bezüglich des 
Eigentümers und der Identität eines Grundstückes 
als richtig und vollständig gewährleistet. Daraus 
ergibt sich als weitere Folge, daß derjenige, wel- 
cher von einem eingetragenen Nichteigentümer 
eines Grundstückes ein solches erwirbt, ohne von 
dem Widerspruche zwischen dem Bucheigentum 
und dem wirklichen Eigentum Kenntnis zu haben, 
Volleigentümer wird, und zwar unter Ausschluß 
jedes Gegenbeweises. Zur Vermeidung von Wider- 
sprüchen zwischen dem Buchinhalt und den tatsäch- 
lichen Rechtsverhältnissen ist die Wirksamkeit aller 
Rechtsveränderungen, insbesondere der Veräuße- 
rung und der Belastung der Grundstücke von der 
vorausgegangenen Eigentumseintragung und von 
der Eintragung der Rechtsveränderung in das 
Grundbuch abhängig gemacht. 
Außer dem Grundstück und dessen Eigentümer 
sind in das Grundbuch die auf dem Grundstücke 
lastenden dinglichen Rechte sowie die Verfügungs- 
beschränkungen des Eigentümers einzutragen 
(Spezialitäts prinzip). Die Kreditwürdigkeit 
eines Grundstückes ist durch dessen freie Veräußer- 
lichkeit und die auf demselben lastenden Nutzungs- 
und Gebrauchsrechte bedingt. Veräußerungs- 
beschränkungen und dingliche Belastungen sind in 
der Regel nicht dem Grundstücke anzusehen. Das 
Grundbuch hat deshalb die Aufgabe, dieselben 
jedermann erkennbar zu machen. Dasselbe ist 
deshalb so gestaltet, daß die den Grundstückswert 
mindernden Belastungen in demselben aufgeführt 
sind und daß das Fehlen von Angaben über solche 
Lasten einen Schluß auf das Nichtbestehen der 
nicht angegebenen Rechtsverhältnisse zugunsten 
eines gutgläubigen Erwerbers gestattet. Würde 
das Grundbuch dieser Aufgabe nicht genügen, so 
könnte es vorkommen, daß jemand, welcher auf 
Grundbuchamt. 
  
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ein die Beleihung eines Grundstückes bezweckendes 
Rechtsgeschäft sich eingelassen hat, hinterher erfährt, 
daß ältere Rechte an dem Grundstücke begründet 
sind, welche den Wert des Gegenstandes erschöpfen. 
Das Vorhandensein dieser Gefahr minderte natur- 
gemäß die Neigung, Grundstücke zu erwerben und 
zu beleihen, erschwerte infolgedessen den Abschluß 
von Veräußerungs= und Kreditgeschäften zu an- 
gemessenen Bedingungen und schädigte auf diese 
Weise das Interesse der Grundbesitzer auf das 
empfindlichste. 
Bei der Grundbuchanlage sind die bestehenden 
dinglichen Rechte von Amts wegen zu ermitteln 
und einzutragen. Die Übereinstimmung des Buch- 
inhalts mit den wirklichen Grundstücksbelastungen 
wird dadurch herbeigeführt und erhalten, daß nicht 
eingetragene dingliche Rechte an dem Grundstücke 
als nicht existent behandelt werden, und daß der 
Erwerb neuer dinglicher Rechte von der Ein- 
tragung in das Grundbuch abhängig ist. Das 
Grundbuch ist in der Weise angelegt, daß in dem- 
selben jedes Grundstück eine besondere Abteilung 
(Grundbuchblatt) hat. Dieses Grundbuchblatt 
bildet das Grundbuch des einzelnen Grundstückes. 
Dabei können mehrere Grundstücke desselben 
Eigentümers ein gemeinschaftliches Grundbuch- 
blatt erhalten, sofern nur alle einzelnen Grund- 
stücke zu demselben Grundbuchamte gehören. Das 
Grundbuchblatt des einzelnen Grundstückes ist in 
drei Abteilungen zerlegt, deren jede aus mehreren 
Blättern besteht. Das Titelblatt für die drei 
Abteilungen kann entweder als Real= oder als 
sog. Personalfolium geführt werden, indem ent- 
weder das Grundstückoder der Eigentümer mehrerer 
Grundstücke auf demselben eingetragen wird. In 
dem letzteren Falle ist der Inhalt der über mehrere 
einem Eigentümer gehörige Grundstücke zu führen- 
den Grundbuchblätter auf einem Grundbuchblatte 
vereinigt. Das Titelblatt des Realfoliums ent- 
hält die Bezeichnung des Grundstückes nach seinen 
Bestandteilen, dessen Eigenschaft als ländliches 
oder städtisches Grundstück, die Nummer, welche 
dasselbe im Flurbuch führt, die Größe und den 
Grundsteuerreinertrag oder Nutzungswert. Ab- 
schreibungen von diesem Grundbuchbestande ge- 
schehen in einer zweiten Spalte des Titelblattes. 
Beim Personalfolium enthält das Titelblatt nur 
den Eigentümer der mehreren Grundstücke und 
die Artikelnummer, unter welcher diese zusammen- 
gefaßt sind. Die einzelnen Grundstücke sind als- 
dann in der ersten Abteilung unter fortlaufenden 
Nummern verzeichnet. Beim Realfolium enthält 
dagegen die erste Abteilung den Eigentümer des 
Grundstücks, die Zeit und den Grund des Er- 
werbes und auf Antrag den Wert. Bei beiden 
Formularen finden sich in der zweiten Abteilung 
nummernweise die dauernden Lasten und Ein- 
schränkungen des Eigentums, die damit vorgefal- 
lenen Veränderungen und die Löschung derselben, 
in der dritten Abteilung unter fortlaufenden 
Nummern die Hypotheken und Grundschulden,
	        
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