Full text: Staatslexikon. Zweiter Band: Eltern bis Kant. (2)

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deren Abtretungen und Löschungen aufgeführt. 
Bei dieser Anordnung des Grundbuches gewährt 
ein Überblick über die wenigen aufeinander folgen- 
den Blätter eine eingehende Kenntnis aller auf das 
Grundstück sich beziehenden Rechtsverhältnisse. 
Die Fortführung des angelegten Grund- 
buches erfolgt nicht von Amts wegen, da Ande- 
rungen eines bestehenden Eintrages nur auf Be- 
willigung desjenigen eingetragen werden können, 
dessen Recht von der neuen Eintragung betroffen 
wird. Berechtigt zu dem Antrage ist derjenige, 
zu dessen Gunsten eine Eintragung erfolgen soll, 
sowie derjenige, gegen dessen Recht die Eintragung 
sich richtet, in vereinzelten Fällen das Gericht oder 
eine Verwaltungsbehörde. Gegenstand der Ein- 
tragung sind nicht die das Bestehen eines Rechts- 
verhältnisses oder die Veränderung eines bestehen- 
den Rechtsverhältnisses bewirkenden Rechtshand- 
lungen, sondern die Rechtsveränderungen selbst. 
Je nach der Art, wie diese Rechtsveränderungen 
vor sich gehen, ist die Tätigkeit und Verantwort- 
lichkeit der Grundbuchämter verschieden gestaltet. 6 
Was insbesondere die Eintragung des Eigentums- 
erwerbes infolge eines Veräußerungsgeschäftes 
betrifft, so ist zu unterscheiden, ob sich die Prü- 
fung des Antrags durch das Grundbuchamt nur 
auf seine Zulässigkeit und Form sowie auf die 
persönliche Fähigkeit der Beteiligten, nicht aber 
auch auf die Rechtsgültigkeit und Fehlerlosigkeit 
des Inhalts des Veräußerungsgeschäftes zu be- 
ziehen hat. Das letztere, das Legalitätssystem, liegt 
dem österreichischen Grundbuchgesetz vom 25. Juli 
1871 zugrunde, während nach dem deutschen, 
auf dem Konsensprinzip beruhenden Systeme die 
Eintragung auf die formelle erklärte Einigung 
oder Antragstellung des Berechtigten zu erfolgen 
hat. Es ist ersichtlich, daß nach dem letzteren 
Systeme die Haftung des Grundbuchamtes wesent- 
lich erleichtert ist. Nur bei diesem Systeme läßt 
sich die Eigentumsauflassung selbst in der Weise 
gestalten, daß sie mit oder ohne Angabe des Er- 
werbsgrundes erfolgen und eingetragen werden 
kann; denn nur dann läßt sich der in der Auf- 
lassung enthaltene dingliche Vertrag von dem der- 
selben vorangegangenen kausalen Erwerbsgeschäfte 
loslösen, wenn das Prüfungsrecht des Richters 
auf den Inhalt der Auflassungserklärung und auf 
die Fähigkeit und Berechtigung der Beteiligten 
zu solcher beschränkt ist. 
Die den Grundbuchseinträgen zugrunde lie- 
genden Urkunden werden im Original oder in 
beglaubigter Abschrift als Anlagen des Grund- 
buches von den Grundbuchämtern aufbewahrt. 
Die Herausgabe kann nur erfolgen, wenn statt 
der Urkunde eine beglaubigte Abschrift aufbewahrt 
wird. Außer deren Verwahrung gehört zu den 
Obliegenheiten der Grundbuchämter auch die Aus- 
fertigung und Begebung der Hypothekendokumente 
und Grundschuldbriefe. Dieselben haben außer- 
dem die Eigentumsveränderungen den Kataster- 
Grunddienstbarkeiten — Grundlasten. 
  
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ihrerseits ermittelten Vermessungsfehlern den 
Grundbuchämtern behufs Berichtigung des Flä- 
chengehalts der Grundstücke Kenntnis zu geben 
haben. Die Aufbewahrung der Grundbücher hat 
in sichern Gelassen zu erfolgen, um dieselben gegen 
Zerstörung durch Feuer oder Wasser zu schützen. 
Zerstörte oder verlorene Grundbücher sind von den 
Grundbuchämtern von Amts wegen wiederherzu- 
stellen. Das Grundbuchamt hat jedem, der ein be- 
rechtigtes Interesse darlegt, die Einsicht des Grund- 
buches zu gestatten. Das gleiche gilt von Urkunden, 
auf die im Grundbuche Bezug genommen ist, so- 
wie von den noch nicht erledigten Eintragungs- 
anträgen. Sovweit die Einsicht gestattet ist, kann 
eine Abschrift gefordert werden, die auf Verlangen 
zu beglaubigen ist. 
Literatur. Brachvogel u. Frydrychowicz, 
Handb. des Grundbuchrechts (1901); Turnau u. 
Förster, Das Liegenschaftsrecht II (81906); Holz- 
apfel, Das Grundbuchrecht im Verkehr zwischen 
Auseinandersetzungsbehörden u. Grundbuchämtern 
1906); E. Fuchs, Grundbuchrecht, Kommentar 
(2Bde, 1902/08); Brand, Grundbuchsachen (1904); 
F. Kretschmar, Einführung in das Grundbuchrecht 
(2 Bde, 1903); Oberneck, Reichsgrundbuchrecht 
(2 Bde, 31904); Wenz, Deutsches Immobiliar= u. 
Hypothekenrecht (1906); Willenbücher, Liegen- 
schaftsrecht des B.G. B. u. Grundbuchordnung 
(1904); Planck, Führung des Grundbuchs (1908). 
[Spahn.) 
Grunddienstbarkeiten s. Grundlasten 
(Sp. 942)). 
Grundlasten. 1. Begriff und Wesen. 
Grundlasten im weiteren Sinne sind Abgaben, 
welche auf Grund und Boden ruhend die Ein- 
künfte des Besitzers bis zu einem gewissen Grade 
von vornherein in Beschlag nehmen. Bei diesem 
weiteren Begriffe der Grundlasten denkt man 
weniger an die Form der Belastung als vielmehr 
an die ökonomische Wirkung, die Reduzierung der 
Erträgnisse. Von diesem Gesichtspunkt aus kann 
man auch die in die modernen Formen des Immo- 
biliarkredits gekleideten dinglichen Schuldverhält- 
nisse (Hypothekenschulden, Grundschulden usw.) 
sowie eine Anzahl rechtlich nicht unter den Begriff 
der Grundlasten fallender Verpflichtungen und 
Berechtigungen hierher zählen. 
In einem engeren, eigentlichen Sinne werden 
jedoch unter Grundlasten die aus früherer Zeit 
als Uberreste einer überwundenen wirtschaftlichen 
Entwicklungsstufe teilweise bis in die Gegenwart 
hereinragenden Abgabepflichtigkeiten zusammen- 
gefaßt, welche dem Besitzer einer unbeweglichen 
Sache als solchem zum Vorteil einer bestimmten 
berechtigten Person obliegen, sie sind auch unter 
dem Namen Reallasten bekannt. Unter diesem 
Begriffe findet sich eine reiche Anzahl nach Ort 
und Zeit außerordentlich verschieden benannter 
Abgabenverhältnisse zusammen, die zugleich einen 
einheitlichen rechtlichen Charakter an sich tragen. 
Die dem Pflichtigen obliegende Leistung (Abgabe, 
behörden mitzuteilen, welche wiederum von den Reichnis, Dienste) ist entweder eine regelmäßig
	        
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