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Lagergeschäft, die Agenturgeschäfte in
ihren vielfachen Arten, die Geschäfte der Mak-
ler, Stellenvermittler, Annoncen=
expeditionen, Auskunfteien ufw. zu selb-
ständigen Unternehmungen herausgebildet. So
ist allmählich der Handel zu dem großartigen,
fein gegliederten Triebwerke herausgewachsen,
welches heutzutage das wirtschaftliche Leben der
Kulturvölker in Bewegung setzt und die ersicht-
liche Tendenz zeigt, sich in immer weitere, feinere
Verzweigungen zu entfalten; denn wo immer eine
Gelegenheit sich ergibt, in dieses Triebwerk ein
neues Rad einzufügen, da findet sich auch der
Unternehmer ein.
Hierher ist auch die Ausbildung zu zählen,
welche an die Erfindung des gemünzten Geldes
und dessen allmählich entstandene Surrogate an-
knüpft. Aus dem Geldwechsler, der ursprünglich
den Kaufleuten auf ihren Handelszügen folgte,
sich dann auf Märkten und Messen und in den
Städten niederließ — im alten Griechenland
gab es schon einen Stand von seßhaften Geld-
wechslern (Trapeziten), die ein vollständig aus-
gebildetes Geld= und Kreditgeschäft, insbe-
sondere auch Bodmerei betrieben — hat sich
der moderne Bankier entwickelt, der nicht
bloß mehr mit Geld und Geldsorten, mit Wert-
papieren, wozu auch die Wechsel zu rechnen sind,
handelt, dessen Hauptbedeutung vielmehr darin
besteht, daß er zum „Händler mit Kredit“ (O.
Hübner), „Händler mit Kaufbefähigung“ (A.
Wagner) geworden ist (vgl. d. Art. Banken und
Kreditinstitute).
Nach verschiedenen Richtungen von Bedeutung
ist sodann die Gliederung des Handels in Groß-
und Klein-(Detail-) Handel. Hierbei ist
nicht an die Umsatzmengen zu denken in dem
Sinne etwa, daß Bazare, Warenhäuser usw.,
die nach Millionen zählende Warenumsätze jähr-
lich haben, zu dem Großhandel und Geschäfte,
die nur geringen Absatz haben, zu dem Detail- dit
handel zu zählen wären; unter ersterem versteht
man vielmehr den Handel, welcher nicht unmittel-
bar die Konsumenten versorgt, sondern den Be-
darf der Zwischenstufen auf dem Wege vom
Produzenten zum Konsumenten vermittelt, also
sowohl den einen industriellen Produzenten mit
den für seine Fabrikation erforderlichen Erzeug-
nissen des andern versorgt als auch die Erzeug-
nisse der Produktion dem Detailhändler zuführt,
welch letzterer sie dann in unmittelbarem Verkehr
an den Konsumenten absetzt. In neuerer Zeit tritt
sichtbar das Bestreben zutage, den Großhändler
als überflüssiges Glied aus dieser Reihe zu ent-
fernen. Einerseits verkauft in steigendem Maße
der Produzent an den Detailhändler direkt, ja er
tritt auch mittels der Einrichtung von Fabriklagern
und Versandgeschäften und Entsendung von De-
tailreisenden mit dem konsumierenden Publikum
unmittelbar in Verkehr. Anderseits kommt der
Detailhandel diesem Bestreben entgegen durch Er-
Handel ufw.
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richtung großer Verkaufs= und Warenhäuser, die
wegen ihres Massenverbrauchs große Vorräte von
dem Fabrikanten direkt beziehen (und in diesem
direkten Bezug auch eine Quelle ihrer erhöhten
Leistungsfähigkeit erblicken) können, soweit sie nicht
schon für gewisse Artikel selbst Produzenten für
den eigenen Bedarf sind. Auch das konsumierende
Publikum unterstützt dieses Streben, indem ganze
Bevölkerungsklassen sowohl in lokalen als weitere
Gebiete umfassenden Vereinigungen sich zusammen-
schließen, um unter Umgehung sowohl von Groß-
wie Kleinhandel die wichtigsten Lebensbedürfnisse
direkt zu beziehen. Mit gewissen Maßgaben findet
dies alles auch auf die Landwirtschaft Anwendung.
Sonst zeigt auch der Handel, namentlich der
Detailhandel, eine außerordentliche Neigung zur
Spezialisierung nach Gegenständen.
Eine Abstufung nach Warengattungen war zu-
nächst, solange Produktion und Handel noch mit-
einander verbunden waren, insoweit von selbst
gegeben, als jeder nur mit seinen eigenen Erzeug-
nissen handelte. Erst die Entstehung des Handels-
berufs brachte es mit sich, daß mehrere Handels-
gegenstände in einem Handelsbetriebe vereinigt
wurden; indes die Abstufung nach Gattungen ist
eine zu naturgemäße, als daß sie nicht bald Platz
gegriffen haben sollte.
Welche Spezialisierung die berufliche Gliede-
rung unseres Handelsgewerbes nach der Art der
Handelsgegenstände zeigt, ergibt sich daraus, daß
die deutsche Berufsstatistik in folgenden neun Haupt-
berufsarten nicht weniger als 29 einzelne Handels-
zweige unterscheidet:
a) Waren= und Produktenhandel in stehendem
Gewerbebetrieb,
b) Geld= und Kredithandel,
) Spedition und Kommission,
d) Buch-, Kunst= und Mufikalienhandel, ein-
E Verlag, Antiquariatshandel, Leihbiblio-
theken,
e) Zeitungsverlag und Spedition (auch Expe-
ition),
f) Hausierhandel,
g) Handelsvermittlung (Makler, Kommissionäre,
Agenten — ausschließlich der Verficherungsagen-
en),
h) Hilfsgewerbe des Handels (Stauer, Schauer-
leute, Taxatoren, Markthelfer, Packer usw.),
i) Versteigerung, Verleihung, Aufbewahrung,
Stellen= und Annoncenvermittlung, Auskunfts-
bureaus.
Allerdings sind unter diesen Handelszweigen so-
wohl die Hilfsgeschäfte des Handels als auch wegen
der unbestimmbaren Mannigfaltigkeit der Gegen-
stände, welche sie haben, Hausier= und Trödelhandel
und die unter i aufgezählten Handelsgewerbe auf-
genommen, obgleich diese im gemeinen Wortver-
stande nicht zum Handel gerechnet werden.
Nach dem gegebenen Begriffe kann von einem
Immobilienhandel nicht wohl gesprochen werden;
der gewerbsmäßige Ankauf und Verkauf von Grund-
stücken und Häusern galt auch nach altem Handels-
recht nicht als Handelsgeschäft. Sieht man aber
nur auf das tatsächliche Vorkommen, so würde
jedoch dieser Immobilienhandel noch als weitere
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