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(1628/61) hörten (1628) die gemeinschaftlichen
Landtage mit Kassel auf. Georgs jüngster Bruder
kehrte zur katholischen Kirche zurück, wurde Groß-
prior des Johanniterordens, Kardinal und Fürst-
bischof von Breslau. Ludwig VI. (1661/78), der
in den Kriegen gegen die Türken und Franzosen
treu zu Kaiser und Reich hielt, erwarb durch An-
kauf die Herrschaft Frankenstein, die Hälfte von
Eberstadt und den Ort Rodau. Von seinen Kin-
dern traten drei, Georg, Philipp und Friedrich,
zum Katholizismus über. Da der älteste Sohn
Ludwig VII. nur einige Monate regierte, folgte
der nächste Bruder Ernst Ludwig (1678/1739),
der das Land durch seine verschwenderische Pracht-
liebe in Schulden stürzte. Indessen vergrößerte er
seinen Besitz durch verschiedene Ankäufe (Schönau,
Königstädten, Hartenau, Ernsthofen, Asbach,
Klein-Bieberau, Hoxhohl und Neutsch sowie Teile
der Amter Butzbach und Umstadt) und erließ
1726 eine Zivil= und Kriminalprozeßordnung.
Sein Sohn und Nachfolger Ludwig VIII. (1739
bis 1768) erwarb nach langem Streite mit Hessen-
Kassel über die Erbfolge in der Grafschaft Hanau
die Herrschaft Lichtenberg. Das Amt Babenhausen
wurde geteilt. Ludwig IX. (1768/90), der meist
in Pirmasens lebte, überließ die Regierung seinem
Minister Moser.
Unter Ludwig X. (1790/1830) vollzog sich die
Umwandlung der Landgrafschaft in den jetzigen
hessischen Staat. Im Frieden zu Luneville verlor
Hessen-Darmstadt außer seinen linksrheinischen Be-
sitzungen auf der rechten Rheinseite die Amter Will-
stätt und Lichtenau an Baden, Braubach, Katzen-
elnbogen, die Herrschaft Eppstein, Anteile an Ems
und Anrechte auf Hohenburg an Nassau, im ganzen
2200 qkm mit 100 000 Einwohnern. Dafür er-
hielt es 6000 qkm mit 220 000 Einwohnern:
das Herzogtum Westfalen mit den daselbst befind-
lichen Klöstern und Abteien, die Mainzer Amter
Gernsheim, Bensheim, Heppenheim, Lorsch,
Fürth, Steinheim, Alzenau, Vilbel, Rothenberg,
die Orte Astheim, Haßloch, das Amt Hirschhorn,
die mainzischen Höfe südlich des Mains, die pfäl-
zischen Amter Lindenfels, Umstadt und Otzberg,
die Reste der Amter Alzey und Oppenheim, den
Rest des Bistums Worms (die Amter Lampert-
heim, Neckarsteinach und den Zimmerhof), die Ab-
teien Seligenstadt und Marienschloß, die Propstei
Wimpfen und die Reichsstadt Friedberg. Bald
nach der Stiftung des Rheinbundes, dem Hessen
sofort beitrat, nahm der Landgraf den Titel Groß-
herzog Ludwig I. (14. Aug. 1806) an und me-
diatisierte die Landgrafen von Hessen-Homburg,
denen allerdings eine ziemlich bedeutende Rente
gezahlt werden mußte, die reichsgräflichen und
reichsfreiherrlichen Geschlechter Erbach, Löwen-
stein, Stolberg = Gedern, Solms, Leiningen,
Sayn-Wittgenstein-Wittgenstein und Wittgen-
stein-Berleburg, Schlitz, Riedesel u. a. sowie die
in seinem Gebiete gelegenen reichsritterschaftlichen
Besitzungen, darunter auch die Güter der später
Hessen.
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als Standesherren anerkannten Grafen von Görtz.
Hierzu kamen noch die Domänen des Deutschen
Ordens Kloppenheim, Okarben und Schiffenberg
(1809), die Hanau-Münzenbergschen Amter Rod-
heim, Ortenberg, ein Teil des Amtes Dorheim,
die Reste einiger gemeinschaftlichen Orte und die
fuldasche Herrschaft Herbstein. 1808 hatte der
Großherzog in aller Stille die Einziehung der in
Hessen gelegenen Besitzungen des Johanniter-
ordens verfügt. Nach der Schlacht bei Hanau
schloß sich Ludwig I. auf den Rat des späteren
Ministers du Thil am 2. Nov. 1813 den Alli-
ierten an; gleichwohl brachte der Wiener Kongreß
bedeutende Gebietsveränderungen. Das Herzog-
tum Westfalen kam an Preußen, das Amt Dor-
heim an Kurhessen, die Amter Amorbach, Milten-
berg und Heubach, Alzenau und Wörth fielen an
Bayern, die Souveränität über Homburg mußte
aufgegeben werden. Als Ersatz dafür erhielt Hessen
die jetzige Provinz Rheinhessen (bisher französisch),
den größten Teil des Fürstentums Isenburg mit
Offenbach, die Herrschaft Heusenstamm und die
bisher bayrischen Orte Mosbach, Radheim und
Dorndiel. Ludwig I. nahm am 7. Juli 1816
den Titel „Großherzog von Hessen und bei Rhein“
an und gab seinem Lande am 20. März 1820
eine Repräsentativverfassung nach dem Muster der
französischen Charte.
Unter Ludwig II. (1830/48) wurde durch
den Staatsminister du Thil die kollegialisch ein-
gerichtete Regierung durch die dem französischen
Präfektursysteme vollständig nachgebildete Kreis-
verwaltung ersetzt. In der auswärtigen und Bun-
despolitik hielt Hessen seine alten Beziehungen zu
Osterreich aufrecht, die besonders durch den jüng-
sten Bruder des Großherzogs, den aus den Na-
poleonischen Feldzügen bekannten Prinzen Emil,
gepflegt wurden. Die Ereignisse des Jahres 1848
verursachten die Abdankung des Großherzogs zu-
gunsten seines Sohnes Ludwig III. (16. Juni
1848), der bis zu dem im Herbste 1848 erfolgten
Tode seines Vaters die Regierung als Mitregent,
aber selbständig führte. Ludwig III. schloß sich
1849 der preußischen Union an, trat aber 1850
wieder zurück und nahm einen vollständigen Sy-
stemwechsel vor. Das konservative Ministerium
v. Dalwigk-Franck, welches Hessens Geschicke
22 Jahre lang beherrschte, sah sich bald genötigt,
die liberale Gesetzgebung der Jahre 1848/49 in
vielfacher Beziehung abzuändern. Seine Finanz-
verwaltung war so sparsam und geordnet, daß
1866 die Befreiung von allen Staatsschulden in
nächster Aussicht stand.
In der auswärtigen Politik bewahrte Lud-
wig III. den Anschluß an Osterreich, und die
hessische Division erlitt am 13. Juli 1866 eine
Niederlage bei Laufach. Im Frieden vom 3. Sept.
mußte Hessen 3 Mill. Gulden Kriegskosten zahlen
und die erst kurz vorher nach dem Aussterben der
Linie Hessen-Homburg erworbene Landgrafschaft
Homburg mit Meisenheim, die Kreise Biedenkopf