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Erbschaften ausgenommen, Gesamtgut wird, wäh-
rend das eingebrachte Vermögen oder das Ererbte
Sondereigentum jedes Gatten bleibt; jedoch hat
hier der Mann vom Sondervermögen der Frau
Nutznießung und Verwaltung; 4) die Fahrnis-
gemeinschaft; hierbei wird das ganze einge-
brachte Vermögen der Eheleute Gesamtgut mit
Ausnahme des unbeweglichen Vermögens, das mit
in die Ehe gebracht oder während ihrer Dauer er-
erbt wird.
Wenn die Eheleute keinen Ehevertrag schließen,
dann tritt das gesetzliche Güterrecht in Kraft, das
den Güterstand der Verwaltungsge-
meinschaft herstellt. In diesem Fall bleibt das
beiderseitige Vermögen der Ehegatten dem Eigen-
tum nach zwar völlig getrennt, aber der Mann hat
das Recht, während der Ehe das Vermögen der
Frau zu verwalten und zu nutzen. Ausgenommen
ist nur das Vorbehaltsgut der Frau, das
ihrer eigenen Verwaltung und Nutzung auch wäh-
rend der Ehe unterstehen bleibt. Dies ist alles,
was ihrem persönlichen Gebrauch dient und was
sie sich während der Ehe durch Arbeit erwirbt.
Für die Schulden des Mannes ist jedoch bei
diesem Güterstand das Vermögen der Frau nicht
haftbar. Ja wenn der Mann etwa durch schlechte
Verwaltung das Vermögen der Frau schädigen
würde, so kann sie völlige Gütertrennung bean-
tragen und durchsetzen.
Die allgemeine Gütergemeinschaft kann nach
dem Tod des einen Ehegatten zwischen dem über-
lebenden Gatten und den gemeinschaftlichen Kin-
dern, mögen sie volljährig oder minderjährig sein,
fortgesetzt werden, wenn der überlebende Teil es
will. Diese fortgesetzte Gütergemeinschaft bleibt
dann unter seiner Verwaltung und Nutznießung
bis zu seinem Tod oder seiner Wiederverehe-
lichung oder seiner gegenteiligen Willenserklä-
rung. Wegen Gefährdung der Interessen der
Kinder kann auf Klage und gerichtliches Urteil hin
diese Gütergemeinschaft ebenfalls aufgehoben wer-
den (Glock, Deutsche Staats= und Rechtskunde).
Im Dienst der Familie steht in besonderer
Weise das Stammgutsrecht des Adels. Es
hat den ausgesprochenen Zweck, den Namen und
Stamm der Familie zu erhalten (s. d. Art. Fidei-
kommiß). Für die bäuerlichen Besitz= und Be-
triebsverhältnisse von großer Wichtigkeit und von
einschneidender Bedeutung für die einzelnen Fa-
milien ist das Anerbenrecht (l. d. Art.). In-
dem es die geschlossenen Hofgüter schützt vor der
Zersplitterung und Überschuldung, ist es dazu an-
getan, durch Beiziehung lediger Familienmitglie=
der die Familie als wirtschaftliche Arbeitsgemein-
schaft zu erhalten. (Über die Erbfolge der Kinder
s. d. Art. Erbrecht.)
IV. Wirtschaftliche Junktion der Jami-
lie. Wie für die Gesellschaft, so ist auch für die
Wirtschaft die Familie die Grundform, der Aus-
gangspunkt der Güterherstellung, -verteilung und
-verwendung. Das kam vor allem zum Ausdruck
Familie.
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in jener Wirtschaftsstufe, die wir die „geschlossene
Hauswirtschaft“ nennen, deren Schauplatz die
Großfamilie war. Hier wurden die Güter in der-
selben Hauswirtschaft hergestellt und verbraucht.
Die geschlossene Hauswirtschaft konnte selbst auf
relativ hohen Kulturstufen aufrechterhalten werden
durch Zuhilfenahme von Sklaverei im griechischen
obcog und der römischen familia und der mittel-
alterlichen Hörigkeit im Fronhof. In der Form
der Sadruga hat sich die Großfamilie als Wirt-
schaftsform bis in die Neuzeit auf dem Balkan
erhalten.
Mit der Entwicklung des Verkehrs änderte sich
auch die Bedeutung der Familie für die Wirtschaft
vollständig. Die alte Einheit von Gütererzeugung
und Güterverbrauch in derselben Familie wurde
der Hauptsache nach aufgelöst. Durch die Aus-
bildung des Marktwesens verlor die geschlossene
Hauswirtschaft ihre wirtschaftliche Selbstgenüg-
samkeit. Heutzutage ist mit wenig Ausnahmen
die wirtschaftliche Tätigkeit von Produktion und
Erwerb getrennt von der Konsumtionswirtschaft
der Familie. Der Mann und die Familienmit-
glieder gehen zum Erwerb gewöhnlich nach Arbeits-
stellen außer dem Haus oder in eine Werkstatt,
die von der Wohnung gesondert ist. Im Hause
selbst ist unter der Leitung der Hausfrau oder
ihrer Stellvertreterin nur noch die Haushaltungs-
wirtschaft, die den Speisen und andern Genuß-
und Verbrauchsgütern die letzte Zubereitung zur
Konsumtion gibt. In den Stüädten ist freilich
auch davon schon ein großer Teil auf selbstän-
dige Erwerbszweige außer dem Hause abgeladen
worden. Es sind sogar Bestrebungen vorhanden,
die auch die Konsumtionswirtschaft der Familie
vollständig abnehmen wollen durch Einrichtung
von gemeinsamen Küchen usw. Aber da dies
wieder einen gewissen Zwang notwendig macht
und so die Entfaltung der individuellen Freiheit
hindert, würden solche Einrichtungen immer nur
ein Notbehelf bleiben für Fälle, in denen eine
eigne Familienwirtschaft nicht möglich oder mit
zu großen Kosten verbunden ist. Zudem braucht
das familiäre Zusammenleben von Eltern und
Kindern an sich schon zur Erfüllung seiner ethischen
und sozial politischen Aufgaben eine gewisse selb-
ständige wirtschaftliche Grundlage, die am besten
durch die Konsumtionswirtschaft hergestellt wird.
Neben der Erwerbswirtschaft des Mannes bleibt
daher in der modernen Volkswirtschaft die Haus-
haltungswirtschaft der Frau innerhalb der Fa-
milie von der größten Bedeutung. Denn von der
vernünftigen, zweckmäßigen Verwendung des Ar-
beits= und Erwerbseinkommens hängt die Wohl-
fahrt der Familie zum großen Teil ab und nicht
etwa allein und in erster Linie von der Erwerbs-
möglichkeit und der Kunst des Erwerbs. Zur
Hebung der materiellen und geistigen Lage eines
Volkes ist ebenso wichtig, ja fast noch wichtiger die
Kunst, den Verbrauch und Verzehr an den Er-
werb anzupassen. Diese Bemerkung ist haupt-