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Hinrichtung — Hobbes.
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Stöger-Wimbersky, Art. „H.“ im Osterr. Staats- und: Quaestiones de libertate, necessitate et
wörterbuch II (21906); Jenny, Das engl. H.wesen casu (Lond. 1656).
(1905).
Hinrichtung s. Todesstrafe.
Hobbes, Thomas, am 5. April 1588
geboren zu Malmesbury als Sohn eines prote-
stantischen Geistlichen, machte seine Studien auf
der Universität Oxford und erhielt seine weitere
Bildung hauptsächlich auf Reisen in Italien und
Frankreich, wo er mit Gassendi, P. Mersenne,
Cartesius und Galilei in Berührung kam. Auf-
gemuntert durch das Beispiel dieser Männer und
namentlich auch des Baco von Verulam, den er
in seinen literarischen Arbeiten unterstützte, wid-
mete er sich hauptsächlich den philologischen, ma-
thematischen und philosophischen Studien und
brachte so allmählich seine eigenen philosophischen
Ansichten zur Reife. In den heftigen bürgerlichen
Unruhen seines Landes ergriff er die Partei der
Royalisten gegen die Republikaner, nachdem er
schon früher den Thukydides in seine Mutter-
sprache übersetzt hatte, um seinen Landsleuten das
Elend, in welches sie durch die demokratische Re-
gierungsform sich stürzen würden, vor Augen zu
stellen. Er mußte 1640 nach Paris flüchten, wo
er seit 1646 zum Erzieher des Prinzen von Wales,
des nachmaligen Königs Karl II. von England,
ernannt wurde. Hier verfaßte er seine politischen
Schriften. Weil er jedoch darin die nackte Ge-
walt zum Prinzip der öffentlichen Autorität im
Staate machte, im Besitze der Gewalt aber da-
mals die Republikaner waren, so kam er in
den Verdacht, der Partei Cromwells zu dienen.
Dadurch verlor er die Gunst der königlichen Fa-
milie; er mußte (Ende 1651) wieder nach Eng-
land flüchten. Von dieser Zeit an beschäftigte er
sich, von Karl II. mit einer Pension unterstäützt,
nur mehr mit literarischen Arbeiten bis zu seinem
Tode zu Hardwicke (4. Dez. 1679). Sein sittlicher
Charakter erscheint, wie der seines Freundes Baco,
in wenig erfreulichem Lichte.
Seine philosophischen Gedanken hat Hobbes
in folgenden Hauptschriften niedergelegt: 1. Ele-
mentorum philosophiae sectio prima: De
corpore (1655) in vier Teilen: a) Logica,
b) Philosophia prima, c) De rationibus ma-
Snitudinum et motuum, d) Physica. 2. Ele-
mentorum philosophiae sectio secunda: De
homine (1658). 3. Leviathan sive de materia,
forma et potestate civitatis ecclesiasticae et
civilis (1651; zahlreiche Neuausgaben, deutsch
Halle 1794) in vier Teilen: a) De homine,
b) De civitate sive republica, c) De civitate
christiana, d) De regno tenebrarum; dazu
eine Appendix. 4. Elementorum philosophiae
sectio tertia: De cive (1642, deutsch von Kirch-
mann, Leipzig 1873) in drei Teilen: a) Liber-
tas, b) Imperium, c) Religio. Dazu kommt
noch die Schrift: De natura humana et cor-
bore politico (1650; englischer Urtext aus dem
Jahre 1640, herausgegeben von Tönnies, 1888)
LSacher.]
Die Richtung, welche Hobbes in seiner Philo-
sophie eingeschlagen. die empiristische Bacos
von Verulam, streift dabei an das Roh-Materia-
listische. Die philosophische Forschung ist nach
seiner Ansicht ausschließlich an das Körperliche
gewiesen; zum Übersinnlichen und Unkörperlichen
vermag sie sich nicht zu erheben. Die Philosophie
hat bloß das Werden der sinnlichen Erscheinungen
aus ihren natürlichen Ursachen zu erklären und
aus ihnen die weiteren möglichen Phänomene zu
erschließen; sie beruht auf Sinneswahrnehmungen,
Bewegungen in unserem Organismus, die durch
das Gedächtnis sestgehalten und durch Worte
ausgedrückt werden. Der Grund hierfür liegt darin,
daß es in der Wirklichkeit nur Körper gibt. Die
Begriffe von Körper und Substanz fallen in eins
zusammen. Eine unkörperliche Substanz ist ein
Unding. Was wir „Geist“ nennen, kann nur
als ein höchst feiner Körper betrachtet werden, der
eben wegen dieser seiner Feinheit unsichtbar ist. —
Nach Hobbes ist nur dasjenige Gegenstand der
Philosophie, was einer Zusammensetzung und
Auflösung fähig ist; die Philosophie selber ist die
durch mechanisches Denken (Rechnen, d. i. Ver-
binden und Trennen) erworbene Kenntnis der
Wirkungen aus den Ursachen und der Ursachen
aus den Wirkungen; sie ist lediglich Natur= und
Staatsphilosophie. Ausgeschlossen von der Philo-
sophie ist demnach alles Wissen aus Inspiration
und Offenbarung, die natürliche und politische
Geschichte, welche sich auf Autorität und Erfah-
rung stützt, jede nicht begründete Lehre, wie
Astrologie, auch die Lehre von der Verehrung
Gottes, welche auf kirchlicher Autorität beruht.
Die Philosophie, lediglich Körperlehre, hat drei
Arten von Körpern zu unterscheiden: die natür-
lichen Körper im allgemeinen, der menschliche
Körper im besondern und endlich der bürgerliche
Körper (Staat); sie zerfällt also in die Lehre von
den natürlichen Körpern im allgemeinen, in die
Lehre vom Menschen und in die Lehre vom Staate.
Der Mensch, lehrt Hobbes, ist bloß Körper.
Eine Seele im Sinne einer unkörperlichen, vom
Leibe wesentlich verschiedenen Substanz gibt es
nicht. Das erste von allen Gütern des Menschen
ist demgemäß die Selbsterhaltung. Das höchste
Gut besteht sodann für den Menschen in einem
beständigen, ungehinderten Fortschreiten zu immer
weiteren Zwecken und lustvollen Gütern; neben
dem Selbsterhaltungstrieb erkennt Hobbes nur
noch den Fortpflanzungs= und Erkenntnistrieb
an. Dies vorausgesetzt, geht Hobbes in seiner
Staatslehre von dem Grundsatz aus, daß der
Mensch keineswegs von Natur aus ein gesellschaft-
liches Wesen, der Grund der Vergesellschaftung
also nicht in der menschlichen Natur zu suchen
sei. Von Natur aus befindet sich vielmehr der
Mensch im gesellschaftslosen Zustande — Natur-
stand. In diesem Naturstande hat er ein unbe-