Hof
monarchischen Nimbus, der die orientalischen Herr-
scher kennzeichnete, während dem römischen Impera-
torentum bis dahin noch immer sein halb bürger-
licher halb soldatischer Ursprung und Charakter
anhaftete. Er wollte die kaiserliche Gewalt als eine
von der Gottheit selbst eingesetzte geehrt wissen, vor
ihm, dem dominus sacratissimus, warf man sich
auf die Knie, er trug das Stirnband der orien-
talischen Monarchen, das in Rom so lange verpönt
war. Die von ihm reorganisierten oder neu-
geschaffenen Hofämter der neuen Residenz der spä-
teren römischen Kaiser, Byzanz, bildeten die Grund-
lage für den Hofstaat der byzantinischen Herrscher
auch des Mittelalters, wie auch an sie die Hof-
verfassung der westeuropäischen Fürstenhöfe sich
angelehnt hat. Den höchsten Rang nahmen ein
der praefectus praetorio und die späteren comi-
tes domesticorum, die Anführer der kaiserlichen
Leibgarden. Der comes rerum privatarum
(sc. principis) war der Hausschatzmeister des Kai-
sers im Unterschiede vom Finanzminister (comes
sacrarum largitionum). Der magister ofti-
ciorum, etwa Oberhofmarschall und zugleich Mi-
nister des Innern und der Polizei, war später der
Chef aller Hofämter (oflicia), hatte die Ober=
aufsicht über die Staatskanzlei und übte die Ge-
richtsbarkeit über die niederen Hofbeamten. Dem
praepositus sacri cubiculi, etwa Oberkammer-
herr, lag hauptsächlich die Sorge für die kaiserliche
Person ob. Unter diesem stand der primicerius
cubiculi, erster Kämmerling, und unter ihm eine
große Anzahl von Kammerdienern (cubicularü)
sowie viele andere Hofbeamte. Diese Hoscharge
war die einflußreichste. Der castrensis sacri
palatii hatte die Aussicht über den kaiserlichen
Palast. Der comes stabuli war der Oberstall-
meister, der Comes sacrae vestis Garderoben-
meister.
1. Der königliche Hof der fränkischen
Zeit. Der ausgeprägt persönliche Charakter des
fränkischen Königtums brachte es mit sich, daß
Mitglieder des königlichen Hofstaates (palatini
aulici), insbesondere die Beamten der Hofverwal-
tung, vielfach auch in die Reichsverwaltung ein-
griffen. Sie nahmen an den Reichstagen wie an
den Hofgerichtssitzungen teil, wurden zu Missionen
im In= und Ausland verwendet, und in wichtigeren
Angelegenheiten bildeten sie die Ratgeber des
Königs.
Zu den wichtigsten Hofämtern der fränkischen
Zeit zählte die königliche Kanzlei, die unter den
Merowingern ein weltliches Hofamt, unter den
Karolingern dagegen ausschließlich mit Geistlichen
besetzt war. Unter den Merowingern hatte die
Kanzlei nach dem Muster des byzantinischen Hofes
einen Vorstand bestehend aus zwei bis fünf
Referendaren; ihnen lag ob die Beglaubigung
(recognitio) der königlichen Urkunden mit ihrer
Namensunterschrift. Seit Pippin dem Jüngeren
trat an die Stelle der Referendare ein einziger Be-
amter, ein höherer Geistlicher, der seit Karl dem
1255
usw. 1256
Großen den Titel Kanzler führte. Unter ihm
standen mehrere Notare. Diese königliche Kanzlei
wanderte mit dem Königshofe.
Der schon unter den Merowingern amtierende
Pfalzgraf (comes palatü) hatte den Ver-
handlungen des Hofgerichts als Urkundsperson
beizuwohnen. Unter den Karolingern wurde ihm
die neu geschaffene Hofgerichtsschreiberei mit be-
sonderem Hofgerichts= oder Pfalzsiegel und eigenen
Notaren unterstellt. Durch seine Hände gingen
alle für das Hofgericht bestimmten Einläufe, wor-
über er dem König referierte; in minder wichtigen
Sachen präsidierte er an Stelle des Königs den
Hofgerichtssitzungen. Der Pfalzgraf war stets ein
Laie, sein Schreiberpersonal meistens geistlichen
Standes.
Die Hosgeistlichkeit bildete die sog. Hofkapelle,
deren Haupt der Hof= oder Erzkapellan (capel-
lanus sacri palatif, archicapellanus, apo-
crisiarius) war, der seit Ludwig dem Frommen
auch den Vortrag in allen auf Geistliche bezüglichen
Hofgerichtssachen hatte. Er hatte auch die Ober-
4 der mit der Hofkapelle verbundenen Hof-
ule.
In allen germanischen Reichen gab es vier
große Hofämter, neben denen noch einzelne
von geringerer Bedeutung, wie das des Küchen-
meisters (coquus), Waffenträgers (spatarius),
Türwärters (scario, ostiarius), Quartier-
meisters (mansionarius), bestand. Die hohen
Hofämter wurden repräsentiert durch die Groß-
würdenträger, denen mit demselben Titel aus-
gestattete Unterhofbeamte unterstanden. Der un-
mittelbare persönliche Dienst wurde vorzugsweise
von unfreien Leibdienern (ministeriales, pueri
regis) versehen (vgl. d. Art. Hörigkeit Sp. 271).
Die Aufsicht über die Kellereien und Weinberge
lag dem Schenk (pincerna, buticularius) ob,
die über die Marställe dem Marschalk (d. h. ur-
sprünglich Pferdeknecht) oder Stallgraf (comes
stabuli), dem bei Hofreisen und Heerfahrten die
Sorge für die Unterbringung der Pferde und die
Herbeischaffung des Futters (socdrum) oblag. Die
Verwaltung des Schatzes und des beweglichen
Hausrates am Hofe und in den Pfalzen, die
Wohnräume und das Bekleidungswesen unter-
standen dem Schatzmeister (thesaurarius), der seit
der Zeit der Karolinger den Namen Kämmerer
(camerarius, cubicularius) führte. Das wich-
tigste Amt aber war das des Seneschalk oder
Truchseß. Der Seneschalk (seniskalk = Alt-
knecht) oder Truchseß (mittelhochdeutsch truht-
saeze) war der praeses familiae, der Vorsteher
des königlichen Gefolges (der altsalischen druht,
alt= und mittelhochdeutschen truht, altfränkischen
trustis). In den romanischen Landesteilen hieß
er maior domus, Hausmeier, der als Vorstand
der gesamten Hofverwaltung so auch der geborene
Reichsverweser bei Abwesenheit des Königs und
der Erzieher der königlichen Prinzen war. Nach-
dem das alte Amt des Hof-domesticus be-