Full text: Staatslexikon. Zweiter Band: Eltern bis Kant. (2)

1257 Hof 
seitigt war, kam auch die Zentralverwaltung der 
Krongüter in seine Hände. Die Pippiniden haben 
dann dieses Hausmeieramt zur Höhe eines erb- 
lichen Vizekönigtums erhoben. Seit dem letzten 
Drittel des 7. Jahrh. erscheint am Königshof 
wieder ein nur mit wirtschaftlichen Aufgaben be- 
trauter Beamter unter dem Titel Seneschalk, jetzt 
aber von dem zum höchsten Staatsbeamten mit 
vizeköniglicher Gewalt emporgestiegenen Major- 
domus durchaus unterschieden. Als dann der 
Majordomus Pippin der Jüngere 751 selbst den 
königlichen Thron bestieg, beseitigte er natürlich 
das Majordomat und übertrug dem neuen Sene- 
schalk die Zentralverwaltung der Krongüter. Be- 
ziehungen zum königlichen Gefolge hatte er aber 
nicht. In seinen Wirkungskreis gehörte nun auch 
das Amt des früheren Küchenmeisters, weshalb 
man irrtümlicherweise bisweilen truchtsaeze von 
truht (ciba) ableitete und truhtsaeze mit da- 
pifer und infertor übersetzte. 
2. Die Hofämter des deutschen Königs 
und Kaisers im Mittelalter. Die Fort- 
setzung des fränkischen Reiches im deutschen zeigt 
sich auch darin, daß der König ohne Rücksicht auf 
eine Abstammung als Franke galt. Darum mußten 
Königswahl und Königskrönung auf fränkischem 
Boden erfolgen. Königspfalzen waren vor allem 
Aachen als Krönungs= und Frankfurt als Wahl- 
ort. Die Sachsenkönige residierten gern in Quedlin- 
burg und Magdeburg; dann kamen Ingelheim, 
Trebur, Nimwegen, Speyer, Goslar, Mainz, Köln 
und Nürnberg in Betracht. 
Zu den vier mit Laien besetzten HDofämtern 
des Truchseß, Marschalls, Kämmerers 
und Schenken traten im Laufe des Mittelalters 
noch vier oder fünf weitere Amter: unter Philipp 
von Schwaben (1198/1208) das von dem Truch- 
seßamt abgezweigte Amt des Küchenmeisters, so- 
dann 1235 das Amt des Hofrichters, seit 
Heinrich VII. (1308/18) das für die Aussicht über 
die Haushaltung bestimmte Hofmeisteramt (ma- 
gister curiae), das seit Ruprecht in ein Haus- 
hofmeisteramt und ein mit dem Vorsitz im Hof- 
rat betrautes Obersthofmeisteramt geschieden 
wurde. Unter Karl IV. kam dazu der Hofpfalz= 
graf (comes sacri palatül), zu dessen Amts- 
besugnissen die Erteilung königlicher Gnadenakte 
(wie Adels= und Wappenbriefe), ferner Vormund- 
schafts= und Testamentssachen, Adoptionen, Eman- 
zipationen, restitutio famae, legitimatio per 
rescriptum principis und die Ernennung könig- 
licher Notare, ferner die Erteilung kaiserlicher 
Universitätsprivilegien gehörten. Der tägliche 
Dienst in den älteren Amtern war Sache der 
Reichsministerialen. Bis zum 13. Jahrh. 
hatte der König das Recht, den Reichsmarschall, 
Reichstruchseß, Reichskämmerer, Reichsschenk und 
Reichsküchenmeister frei zu ernennen. Seit dem 
13. Jahrh. aber wurden ihre Amter erbliche 
Reichslehen: seit dieser Zeit begegnet uns bis- 
weilen auch mehrfache Besetzung eines Hofamtes, 
  
  
usw. 1258 
da der erblich Berechtigte das Amt für sich in An- 
spruch nahm und anderseits der König noch nicht 
sein Ernennungsrecht ganz aufgegeben hatte. 
Die vier älteren Hofämter wurden bei 
feierlichen Gelegenheiten, namentlich beim Krö- 
nungsmahl, nicht von den gewöhnlichen Hof- 
beamten, sondern von den höchsten weltlichen 
Würdenträgern des Reiches versehen. Anfangs 
war dies Sache der Stammesherzoge seit Otto III. 
ist der Herzog von Sachsen im ständigen Besitze 
des Marschallamtes, der Herzog von Schwaben 
ist Erzkämmerer, doch erhielt dieses Amt dann 
Albrecht der Bär, der Markgraf von Branden- 
burg wohl als Entschädigung für den Verzicht 
auf das Herzogtum Sachsen. Erzschenk war eine 
Zeitlang der Herzog von Bayern seit Heinrich V. 
aber ist es der Herzog von Böhmen. Auf das 
Amt des Truchseß, das vornehmste von allen, 
scheint das jeweilige Haupt des fränkischen Stam- 
mes einen gewissen Anspruch gehabt zu haben, seit 
dem 11. Jahrh. ständig der Pfalzgraf bei Rhein, 
den seine auf die Aachener Kaiserpfalz begründete 
Pfalzgrasschaft zum „Ersten der Franken“ machte. 
Durch die Goldene Bulle wurde die seit Jahrhun- 
derten gewohnheitsrechtliche territoriale Verbin- 
dung der genannten Erzämter mit den bezeichneten 
Territorien reichsgesetzlich anerkannt. Aus diesen 
Erzämtern war auch die Kurwürde ihrer Trä- 
ger hervorgegangen. — Die gesamte Hofgeistlich- 
keit bildete die Kapelle, aus der die Beamten 
für die Reichskanzlei genommen wurden. Der 
Vorstand beider war seit 854 der Erzkapellan 
(archicapellanus) oder Erzkanzler (archi- 
cancellarius). Seit 870 bekleidete regelmäßig 
einer der höchsten Geistlichen des Reiches beide 
Amter; seit Heinrich I. der Erzbischof von Mainz. 
Für Italien wurde Erzkanzler der Erzbischof 
von Köln. Burgund erhielt unter Heinrich III. 
ebenfalls einen eigenen Kanzler, und zwar den 
Erzbischof von Besangon, später den von Vienne. 
Seit dem letzten Drittel des 13. Jahrh. er- 
hielt dann der Erzbischof von Trier auf Grund 
seiner Kurwürde den Titel eines Erzkanzlers per 
Galliam et regnum Arelatense. Die Erz- 
kanzler traten nur bei ganz feierlichen Anlässen 
persönlich in Aktion, die laufenden Geschäfte be- 
sorgten die ordentlichen Kanzleibeamten in Ver- 
tretung des Erzkanzlers, der aber in jeder Urkunde 
ausdrücklich genannt wurde. An der Spitze der 
Kanzlei stand der Kanzler, seit Friedrich I. Hof- 
kanzler (imperialis oder regalis aulae oder 
curiae cancellarius) genannt. Dieser Hof= oder 
Reichskanzler war regelmäßig ein hoher Geist- 
licher. Zur Entlastung stand dem Hofkanzler seit 
Friedrich I. ein protonotarius aulae imperialis 
zur Seite. Die Beziehung der drei Erzkanzler 
(archicancellarii) zur Hofkanzlei kam auf den 
Reichslagen in gewissen symbolischen Handlungen 
zum Ausdruck. 
Während schon im früheren Mittelalter da und 
dort Räte des Königs (consiliarü) genannt
	        
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