Full text: Staatslexikon. Zweiter Band: Eltern bis Kant. (2)

1263 Hof 
hold) und des Hofmarschallamts (Master of the 
horses). 
3. Der gegenwärtige Kaiserhof zu 
Wien zerfällt in den innern und den äußern 
Hofstaat. Zu ersterem gehören: 1) die vier oberen 
Hofämter oder Hofstäbe: a) das Oberhofmeister- 
amt; unter ihm die Herolde, die Hofkapelle, die 
Hofärzte, Hofstaatsbuchhandlung, die Hofmobilien= 
direktion, die Menagerie= und Schloßgartendirek- 
tion sowie die sog. acht Hofdienste (s. u. Ziff. 2); 
b) Oberstkämmereramt mit der Aufsicht über die 
Kämmerer, die Schatzkammer, alle kaiserlichen 
Sammlungen und Schlösser, Repräsentation beie 
den öffentlichen Audienzen; c) Oberhofmarschall- 
amt mit der Aussicht über die Hoffouriere, sämt- 
liche Dienerschaft usw.; und d) der Oberststall- 
meister mit der Aufsicht über die Marställe, Hof- 
gestüte, Reitschulen. 2) Die acht Hofdienste, nämlich 
der Oberstküchenmeister, der Oberstsilberkämmerer, 
der Oberststabelmeister, der Obersthofjägermeister, 
der Generalhofbaudirektor, der Hofbibliotheks- 
präfekt, der Hofmusikgraf und der Oberzeremonien- 
meister. Zu allen diesen zwölf Hofämtern werden 
Mitglieder der angesehensten adligen und fürst- 
lichen Familien aus allen Provinzen genommen. 
3) Diekaiserlichen Leibgarden mit ihren vornehmen 
Befehlshabern. Außerdem werden noch zu dem 
innern Hofstaat gerechnet und dürfen (bzw. müssen 
teilweise) bei allen feierlichen Gelegenheiten am 
Hofe erscheinen die Ritter der zehn Hausorden: 
des Goldenen Vließes, des Sternkreuz-, Maria= 
Theresien-, des St Stephans-, des Leopoldsordens, 
des Ordens der eisernen Krone, des Elisabeth- 
Theresien-Stiftskreuzes, des Franz-Josephsordens, 
des Deutschen und des Johanniter-Ordens. Ferner 
dürfen bei solchen Festlichkeiten auftreten sämtliche 
Kämmerer und Kammerherren (gegen anderthalb 
Tausend), die in gleichem Range stehenden Hof- 
und Ehrendamen (gegen dritthalb Hundert) und 
alle kaiserlichen Wirklichen Geheimen Räte, welche 
Würde nicht bloß an Zivil, sondern auch an Mili- 
tärs verliehen wird und mit dem Prädikat Ex- 
zellenz verbunden ist. — Der äußere Hofsstaat 
umfaßt die Truchsessen und die ungarischen fa- 
miliares aulae regiae, die Edelknaben, sämt- 
liche Dienerschaften us. Außerdem gibt es in 
den einzelnen Landen des österreichischen Kaiser- 
staates zahlreiche Landeshofämter oder Kron= oder 
Landeserbämter, die zum Teil erblich sind und 
nur bei feierlichen Handlungen, namentlich Krö- 
nungen und Huldigungen, wenn der Hof in dem 
betreffenden Lande sich befindet, ihre Dienste ver- 
richten. 
4. Hofstaat des Kaisers von Rußland. 
Der Hofdienst steht in Rußland dem Staatedienste 
vollkommen gleich, ja war früher privilegiert, da 
sich der Staatsdienst aus dem Hofdienst entwickelt 
hat. Eine Trennung fand erst unter Peter dem 
Großen statt, der fünf verschiedene Rangtabellen 
aufstellte: für den Berufsdienst zu Lande, für den 
Seedienst, für den Hofdienst, für den bürgerlichen 
  
usw. 1264 
Dienst im allgemeinen und für den Dienst im 
Bergfache. An der Spitze des Hofes steht der 
„Minister des kaiserlichen Hauses und der Apa- 
nagen“. Ihm folgt der Oberdirigent des Kabinetts 
und dann der Ordenskanzler. Erste Hofchargen 
bestehen sechs: Oberkammerherr, Oberhofmeister, 
Oberhofmarschall, Oberschenk, Oberstallmeister 
und Großjägermeister. Die Zahl der mit diesen 
Amtern Betrauten ist wechselnd; so fungieren 
gegenwärtig sechs Oberhofmeister. Zweite Hof- 
chargen sind: die Hofmeister, die Stallmeister, die 
Jägermeister, der Obersttruchseß, der Oberstzere- 
monienmeister, die unteren Zeremonienmeister. 
Daran reihen sich zahlreiche Unterchargen aller 
Art und eine förmliche Kammerherrenwolke. Im 
Jahre 1850 zählte das gesamte Hofpersonal 3722 
Personen, deren Unterhalt über drei Millionen 
Silberrubel kostete; unter Alegander II. ist einige 
Beschränkung in der Zahl, nicht der Chargen selbst, 
eingetreten. 
5. Der Hofstaat des Deutschen Kaisers 
und Königs von Preußen sowie der königlichen 
Prinzen und Prinzessinnen ist getrennt von dem 
Ministerium des königlichen Hauses und steht 
unmittelbar unter dem Befehle des Kaisers und 
Königs. Er zerfällt in vier Klassen: oberste Hof- 
chargen, Oberhofchargen, Vizeoberhoschargen und 
Hoschargen. 1) Die obersten Hoschargen sind: 
Oberstkämmerer, Oberstmarschall, Oberstjäger- 
meister, Oberstschenk, Obersttruchseß. Diese Wür- 
den sind nicht erblich, ihre Inhaber jedoch lebens- 
längliche Mitglieder des Herrenhauses. 2) Der 
Oberhoschargen sind sieben: a) Obergewandkäm- 
merer; b) Oberhof= und Hausmarschall; c) Ge- 
neralintendant der königlichen Schauspiele; 
d) Oberstallmeister; e) Oberjägermeister; f) Ober- 
schloßhauptmann; g) Oberküchenmeister. 3) Die 
Viezeoberhoschargen sind: a) Hausmarschall; 
b) Vizeoberzeremonienmeister; c) Hofmarschall; 
) Vizeoberzeremonienmeister, beauftragt mit der 
Einführung des diplomatischen Korps. 4) Die 
Hoschargen bestehen aus 22 Schloßhauptleuten, 
9 Zeremonienmeistern und 5 Hofmeistern. Kam- 
merherren sind etwas über 300 vorhanden, Kam- 
merjunker nur sehr wenige. An diese reihen sich 
dann die königlichen Leibärzte, die königlichen 
Kabinettsräte und Kabinettssekretäre, der geheime 
Kämmerer, der Bibliothekar des Königs. Zu dem 
Hofstaat gehören ferner das Geheime Zivilkabinett 
und das Geheime Militärkabinett. Für die Kai- 
erin und Königin besteht ein besonderer, nicht 
hlreicher Hofstaat, ebenso für die Prinzen des 
auses. — Auch in Preußen bestehen in mehreren 
Provinzen noch die alten Landeshofämter fort, 
deren erblichen Inhabern bei hbchstfeierlichen 
Handlungen und dann, wenn der Hof in der Pro- 
vinz anwesend ist, das Recht zusteht, ihren Dienst 
auszuüben. Diese sind: a) die großen Hofämter 
im Königreich Preußen, nämlich: Landhofmeister, 
Oberburggraf, Obermarschall und Kanzler; bh) die 
Erbämter: Erbkämmerer, Erbmarschall, Erbküchen- 
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