Full text: Staatslexikon. Zweiter Band: Eltern bis Kant. (2)

1265 Hof 
meister, Erbschenk, Erbtruchseß, Erbschatzmeister, 
Erbhofmeister, Erbjägermeister; diese Erbämter 
gibt es noch in der ehemaligen Kurmark Branden- 
burg, im Herzogtum Pommern, Herzogtum Schle- 
sien, Herzogtum Magdeburg, Landgrasschaft 
Thüringen, Fürstentum Halberstadt, Herzogtum 
Westfalen, in den Fürstentümern Paderborn, 
Münster, Minden, den Herzogtümern Geldern 
und Jülich. — Staatsrechtlich kommen nur die 
vier großen Landesämter von Ostpreußen in Be- 
tracht, deren Inhaber als solche lebenslängliche 
Mitglieder des Herrenhauses sind. 
6. Für Bayern macht M. v. Seydel (Bay- 
risches Staatsrecht I I„18961 174 ff) einen prin- 
zipiellen Unterschied zwischen Kronämtern und 
Hofämtern. Die Kronämter sind nach ihm keine 
Hofämter, sondern „oberste Würden des König- 
reiches“, deren Bestand auf verfassungsrechtlicher 
Anordnung beruht. (Schon die Verfassung von 
1808 verfügte die Errichtung von 4 Kronämtern, 
über welche dann das Reglement vom 28. Juli 
1808, die Kronämter des Reiches betreffend, nä- 
here Bestimmungen traf, die in der Hauptsache 
noch gelten. Der Fortbestand der Kronämter ist in 
Tit. V. § 1 der Verfassungsurkunde ausgesprochen.) 
Kronämter sind das Amt des Kronobersthof- 
meisters, Kronoberstkämmerers, Kronoberstmar- 
schalls und Kronoberstpostmeisters. Diese Reichs- 
würden sind Mannlehen der Krone und werden 
vom König auf dem Throne verliehen (Thron- 
lehen). Die Belehnung geschieht entweder auf Le- 
benszeit oder vererblich, im letzteren Falle nach dem 
Recht der Erstgeburt und der agnatisch-linealen 
Erbfolge. Erblich ist die Kronoberstpostmeister- 
würde, welche dem Haupte der fürstlichen Familie 
Thurn und Taxis zukommt. Die Kronwürden- 
träger sind bei feierlichen Anlässen Bewahrer der 
Reichsinsignien und haben außerdem gewisse zere- 
monielle Aufgaben zu erfüllen. Sie sind kraft ihrer 
Würde Mitglieder der Kammer der Reichsräte 
und unter gewissen Voraussetzungen zur Reichs- 
verwesung berufen. Sie sind Mitglieder des könig- 
lichen Familienrates. 
Auch die militärische Umgebung des Königs 
(Adjutantur, Leibgarde der Hartschiere) rechnet 
v. Seydel nicht zum Hofdienste, da sie dem König 
als oberstem Kriegsherrn zur Seite steht. Der 
Heerdienst, welcher bei der Person des Königs 
geleistet würde, sei also Staatsdienst. Der eigent- 
liche Hofstaat teilt sich in fünf Hofstäbe (Ober- 
hofmeister-, Oberstkämmerer-, Obersthofmarschall-, 
Oberststallmeister-, Oberstzeremonienmeisterstab). 
Unter diesen stehen die übrigen Hofbeamten, 
Kammerherren usw. 
7. Auch in Württemberg besteht der Unter- 
schied zwischen den nur bei außerordentlichen An- 
lässen in Funktion tretenden Hofehrenämtern und 
dem ordentlichen, mit der wirklichen Versehung 
des Hofdienstes betrauten Hofstaate. Zu ersteren 
gehören die durch ein Statut vom 1. Jan. 1809 
eingesetzten vier Kronerbämter: Das „Reichs- 
  
usw. 1266 
erbmarschallamt“ (des fürstlichen Hauses Hohen- 
lohe), das „Reichserboberhofmeisteramt“ (des 
fürstlichen Hauses Waldburg), das „Reichserb- 
oberkammerherrnamt“ (des fürstlichen Hauses 
Löwenstein“ und das „Reichserbpanneramt"“ (der 
Grafen v. Zeppelin). Dazu kommen die beiden 
aus der ersten Zeit des Herzogtums stammenden 
Erbämter des „Erbkämmerers“ und des „Erb- 
marschalls“, beide ohne besondere Funktion im 
Hofdienste. Der ordentliche Hofstaat besteht aus 
dem „Oberhofrat“ und den „vier Hofämtern“. 
Der „Oberhofrat“ ist die Zentralstelle für den 
gesamten Hofstaat. Er besteht aus den vier ober- 
sten Hofbeamten (der vier Hofstäbe), dem Hof- 
kammerpräsidenten, dem Hofrichter und dem 
Oberhofkassier. (Der Hofrichter fungiert nur noch 
in Disziplinarsachen des Hofpersonals und als 
Mitglied des Oberhofrates.) Die Hofstäbe oder 
Hofämter sind: a) das Hofmarschallamt, b) das 
Oberkammerherrnamt, c) das Marstallamt, d) das 
Hofjagdamt. Die Hofdomänenkammer ist die 
oberste Verwaltungsbehörde für das königliche 
Familienfideikommißgut; ihr untersteht auch die 
Hoftheaterintendanz. Zu den Hofämtern zählt 
auch das königliche Kabinett. 
8. In Baden gibt es keine erblichen Hof- 
ämter. Hier erfolgt die Übertragung von Hof- 
ämtern und Hofwürden, auch jener bei der Groß- 
herzogin und den übrigen Mitgliedern des groß- 
herzoglichen Hauses, durch jeweilige Entschließung 
des Großherzogs. Der Hofstaat des Großherzogs 
besteht zur Zeit aus folgenden Chargen, ÄAmtern 
und Personen: 1) Oberhof= und Hoschargen: 
Oberstkammerherr, Oberhofmarschall, Oberststall- 
meister, Obersthofmeister der Großherzogin, Ober= 
jägermeister. Den Inhabern dieser Chargen kommt 
das Prädikat „Exzellenz“ zu; unter sich rangieren 
sie nach dem Dienstalter. 2) Oberhof= und Hof- 
ämter: 
a) Das Oberstkammerherrnamt. (Im Jahre 
1906 wurde der Staatsminister a. D. v. Brauer 
mit dem Titel „Großhofmeister“ mit der Leitung 
des Oberstkammerherrnamtes betraut.) Es um- 
faßt, mit dem Oberstkammerherrn an der Spitze, 
die großherzoglichen Kammerherren, Kammer= 
junker, Hof= und Jagdjunker; die Amter der 
Kammerherren sind meist nur Titularämter, d. h. 
Würden, die zum Tragen einer Uniform und zu 
einem gewissen Range berechtigen. b) Das Ober- 
hofmarschallamt. Dieses besorgt unter Leitung 
des Oberhofmarschalls den innern Haushalt des 
großherzoglichen Hofes und die Anordnung der 
Hoffestlichkeiten, c) Das Oberstallmeisteramt. 
d) Die Generalintendanz der großherzoglichen 
Zivilliste; diese besorgt die Erledigung der an den 
Großherzog gerichteten, die Hofverwaltung be- 
treffenden Gesuche usw., dann die Leitung des 
Hofdomänenwesens, des Hofkassen= und Rech- 
nungswesens, des Bauwesens der Ziovilliste, die 
Kunstsammlungen, erledigt Unterstützungssachen, 
verwaltet das Privatvermögen des Großherzogs,
	        
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