1267 Hof
der Großherzogin, des etwaigen Erbgroßherzogs
und der Erbgroßherzogin, führt die Oberaufsicht
über die Handkasse des Großherzogs. e) Die
Generaldirektion des Hoftheaters in Karlsruhe.
Diese Oberhofämter sind den oberen Staats-
behörden koordiniert und unterstehen unmittelbar
dem Großherzog; dagegen hat das 1893 wieder-
errichtete „Ministerium des großherzoglichen Hau-
ses und der auswärtigen Angelegenheiten“ mitzu-
wirken in allen Angelegenheiten, welche das groß-
herzogliche Haus und dessen einzelne Mitglieder,
deren persönliche Verhältnisse, die Zivilliste und
Hofausstattung, Wittum und Apanagen, Adels-
sachen, Hof= und Staatszeremonial= und Etikette-
sachen, Ernennung von Hoschargen und Erledi-
gung von Ordensangelegenheiten betreffen.
IV. Der Geschäftskreis und die Organi-
sation dieser Hofstaaten sind da, wo die Ver-
fassungen die eigentlichen Hofämter von den
Staatsämtern streng geschieden haben, so ziemlich
dieselben. Meist steht ein besonderer Haus-
minister an der Spitze; vielfach ist es der Mi-
nister des Auswärtigen. Zu seinem Ressort ge-
hört nach außen hin die oberste Leitung und Wahr-
nehmung des fremden Souveränen und Herr-
schaften gegenüber einzuhaltenden Zeremoniells,
insbesondere der Rangordnung und Titulatur;
nach innen die Ausführung der Hausgesetze und
Hausvberträge, insonderheit die Oberverwaltung
der Zivilliste (in Preußen des Kronfideikommiß-
fonds und der königlichen Schatullengüter), über-
haupt alles, was den Regenten und seine Familie
angeht. Der Hausminister fungiert als rechtspoli-
zeiliche Behörde für die Familie des Monarchen
und hat insbesondere bei Entwerfung und Ver-
handlung von Eheverträgen, Errichtung von Testa-
menten und Behandlung von Verlassenschaften mit-
zuwirken, ebenso bei Beurkundungen des bürger-
lichen Standes. (Siehe auch den Art. Fürst, Fürst-
liches Haus und Fürstenrecht.) In Preußen ge-
hören zum Geschäftskreis des „Ministeriums des
königlichen Hauses“ gegenwärtig: a) unter Kon-
kurrenz des Oberstkämmerers: die Angelegenheiten
der Chefs und der Mitglieder der einzelnen könig-
lichen Hofverwaltungen sowie die Angelegenheiten
der Provinzialerbämter, b) zum alleinigen Ressort
des Ministers des königlichen Hauses: die per-
sönlichen Angelegenheiten des Königs und der
Mitglieder des königlichen Hauses, inbesondere die
Angelegenheiten der sog. freiwilligen Gerichtsbar-
keit, die Standesangelegenheiten, die Verwaltung
des Kronfideikommißfonds, des Krontresors und
des Familienfideikommisses; ferner unterstehen ihm 3
das Heroldsamt, das die Standes= und Adels-
sachen bearbeitet, ferner das königliche Hausarchiv,
die Hofkammer der königlichen Familiengüter, das
königlich-prinzliche Familienfideikommiß. „Auch
in Preußen gehört das königliche Hausministerium
nicht zu den Staatsbehörden, sondern hat lediglich
die Verwaltung solcher Angelegenheiten, bei wel-
chen das Staatsinteresse nicht unmittelbar beteiligt
usw. 1268
ist" (v. Rönne, Das Staatsrecht der preuß. Mon-
archie [51899, bearbeitet von Zorn) 260).
Die Hossachen im engeren Sinne, der persön-
liche Dienst beim Regenten, in Ehren= wie in
Wirtschaftsangelegenheiten und solchen, die das
gesellige Vergnügen betreffen, als Musik, Theater,
Kunst, werden von besondern Oberhofbeamten
dirigiert. Der Hofstaat zerfällt jetzt überall in
Hauptabteilungen, sog. Stäbe, deren jeder unter
einem Oberbeamten steht. Die Bezeichnung erklärt
sich daraus, daß in früheren Zeiten die Inhaber
dieser (Maitre-) Chargen die Gerichtsbarkeit über
alle ihre Untergebenen hatten und ein Stab ihr
Abzeichen war (in England wurde diese Gerichts-
barkeit erst in unsern Tagen völlig abgeschafft).
Die Zahl dieser Stäbe ist natürlich an den ein-
zelnen Höfen sehr verschieden und richtet sich nach
den Machtverhältnissen. Den einzelnen Stäben
zur Seite, zum Teil als vorgesetzte Behörde, aus
Räten, Sekretären usw. gebildet, steht gewöhnlich
eine Zentralbehörde, das Hof= oder Oberhof-
marschallamt, auch Oberhofrat genannt, zur all-
gemeinen Geschäftsleitung, zur Oberaufsicht, zur
Okonomieeinrichtung, endlich als polizeilich-richter-
liche Behörde über die Hofdienerschaft sowie auch
wohl über die Hofbeamten, doch in sehr unbe-
stimmter Ausdehnung über sehr verschiedene an
den verschiedenen Höfen. Die Geschäfte der ein-
zelnen Stäbe oder Chefs der Stäbe werden nach
besondern Hofordnungen und Gebräuchen geführt.
Sie zerfallen gewöhnlich in drei Abteilungen: für
Zeremoniell, für die Hofökonomie und für die
Hofpolizei bzw. Gerichtsbarkeit. Einer dieser Ab-
teilungen sind dann auch die Hofbibliotheken, das
Hoftheater, die Hofmusikkapelle, die Marställe,
das Institut der Pagen, die Leibärzte, das Hof-
bauamt, die Hofgärtnerei, alle sog. Hofhand-
werker, Hoflieferanten, Hofkünstler usw. unter-
worfen. Jeder Hofbeamte hat seine Hofdiener-
schaft unter sich.
An den Hofstaat des Souveräns schließt sich
zunächst der seiner Gemahlin an. Maßgebend
für diesen ist in früherer wie in neuerer Zeit der
englische Hof gewesen. — Der Hofstaat der Prin-
zen und Prinzessinnen schließt sich naturgemäß
in seinem Systeme dem des Regenten an, aber
in einen weit engeren Rahmen ein, indem er sich
auf den rein persönlichen Ehrendienst beschränkt
und deshalb selten mehr als zwei Stäbe umfaßt.
Der des Thronfolgers, des Erbprinzen, ist
mehrenteils etwas reicher ausgestattet.
Wie es in der Natur der Sache liegt, kann
und darf nur der Souverän, das Staatsober=
haupt einen Hofstaat führen. Einzige Ausnahme
machen nur die deutschen Standesherren
(s. d. Art.), bezüglich deren der Zweifel, ob ihnen
dieses Souveränitätsrecht nach der Bundesakte
noch verblieben sei, durch die bayrische Deklara-
tion vom 19. März 1807, welche die Grundlage
des Artikels 14 der Bundesakte geworden, zu ihren
Gunsten gelöst ist.