Full text: Staatslexikon. Zweiter Band: Eltern bis Kant. (2)

1315 
allgemeine Schonzeit vom 15. April bis 15.’Okt.; 
einen andern Jagdschutz gibt es nicht. Haupt- 
sächlich wird sie zum Erwerbe ausgeübt. Die 
Fischerei hat wegen der insularen Lage Japans 
eine besondere Wichtigkeit für dessen Volkswirt- 
schaft und beschäftigt an 3 Mill. Einwohner mit 
420 000 Fischerbooten; sie wird nicht nur in den 
japanischen Küstengewässern, sondern auch an den 
Küsten Koreas, in der Südsee und im Berings- 
meer (Robbenschlag) ausgeübt. Fischzucht (Karp- 
fen, Schildkröten, Aale, Austern, Lachs, Forellen) 
wird in ausgedehntem Maß betrieben. 
Außer Kupfer, Eisen, Kohlen (auf Kiuschiu, 
Jesso und im Norden von Nippon), Schwefel 
und Pyrit sind große Mineralschätze gegen- 
wärtig nicht mehr vorhanden; Gold, Silber, 
Zinn, Blei, Zink und Quecksilber kommen nur in 
bescheidenem Maße vor, doch hat die Goldgewin- 
nung seit 1898 bedeutende Fortschritte gemacht 
und sind neue Goldfelder im Norden von Jesso ent- 
deckt worden (1905: 3050kg). Außerdem besitzt 
Japan viele Petroleumquellen, hauptsächlich im 
Bezirke von Echigo. Steinsalz wird nur wenig 
gefunden; fast ausnahmslos geschieht die Salz- 
gewinnung durch Verdampfen des Seewassers, 
und zwar überwiegend in den um die Inlandsee 
liegenden Bezirken von Honschiu und Schikoku. 
Das Gewerbewesen ist in Japan hoch ent- 
wickelt, meist in Kleinbetrieben mit geringer Ar- 
beitsteilung auf dem Lande, mit um so größerer 
in den Städten. Aus den zahlreichen Gewerbe- 
arten sind als besonders zu großer Kunstfertigkeit 
gelangt zu nennen die Metallindustrie, die Bronze- 
arbeiten, die Lackarbeiten und die Kunsttöpferei, 
alle seit alten Zeiten in Japan einheimisch. Da- 
neben stehen hauptsächlich die Papierfabrikation 
und die Seidenindustrie in Blüte; jene liefert das 
unzerreißbare Pflanzenpapier, das zu Dachbeklei- 
dungen, Regenschirmen und Lampions, zu Regen- 
mänteln und Servietten, zu Tapeten, Zelttuch 
und Wollhemden dient. Allmählich sind auch die 
europäischen Handwerke eingedrungen, ohne freilich 
bisher gegenüber der altjapanischen Arbeitssitte 
viel Bedeutung zu gewinnen. Die Einrichtung 
von Fabriken nach europäischem Muster mit ein- 
geführten Maschinen und fremden Angestellten hat 
zunächst der Staat in die Hand genommen, der für 
seine eigenen Bedürfnisse Großbetriebe (die später 
zum großen Teil wieder veräußert wurden) schuf: 
Stahlwerke (Wakamatsu, Modschi usw.), Werf- 
ten und Docks (Nagasaki usw.), Waffen= und Mu- 
nitionsfabriken, Wollspinnereien und -webereien, 
die Münze, Papierfabriken, Berg= und Hütten- 
werke, Eisenbahnwerkstätten u. dgl.; diese Anstalten 
haben den Weg gezeigt und den Anstoß gegeben 
zur Gründung privater Unternehmungen. Es ent- 
standen zahlreiche Gesellschaften, und Japan er- 
hielt sogar sein Gründungsfieber mit seinen Folge- 
erscheinungen. Nach dem russisch-japanischen 
Krieg setzte wiederum eine wilde Spekulation ein, 
die zur Gründung neuer Gesellschaften (Sept. 
Japan. 
  
1316 
1905 bis Mai 1907 allein 4505 mit 830 Mill. 
Jen) und zur Erhöhung des Kapitals bei 829 
alten Gesellschaften (um 373 Mill.) führte, aber 
bereits 1907 eine Krise verursachte. Neben den 
Staatsbetrieben und der Textilindustrie sind noch 
von Bedeutung die Fabrikation von Zündwaren, 
Zucker, Drogen, Konserven, Instrumenten, die 
Sakebrauerei, die keramische Industrie, die Buch- 
druckerei (1906: 270095 Druckschriften) u. dgl. 
Trotz des neueren Aufschwunges ist die japanische 
Industrie bei dem Mangel an Kapital und der 
großen Unternehmer, bei dem hohen Zinsfuß usw. 
noch auf lange Jahre hinaus kein ernstlicher Kon- 
kurrent für die europäische Industrie und das Ge- 
spenst der „gelben Gefahr“ eben ein Gespenst. 
In der alten Zeit war der ganze Gewerbe- 
betrieb staatlich geregelt, Produktion und Preis 
meist durch den Staat bestimmt, der auch den 
Vertrieb besorgte. Unter den neuen Verhältnissen 
ist an die Stelle des Beamten der Händler ge- 
treten; die Organisation ist geblieben, wenn auch 
die rechtliche und soziale Gebundenheit des Er- 
werbslebens abgeschafft ist. Die Macht der Ge- 
wohnheit und die Gemeinsamkeit der Interessen 
verbinden die Unternehmer je nach ihren Gewer- 
ben und an den einzelnen Orten in Gilden, die 
auch staatlich anerkannt und gefördert werden und 
einen gewissen Beitrittszwang erhalten, wenn sie 
mindestens drei Viertel der das betreffende Ge- 
werbe an jenem Orte Betreibenden umfassen. Die 
Gilde als solche darf keine Geschäfte betreiben und 
muß jährlich einen Bericht über ihre Tätigkeit mit 
Abrechnung über Einnahmen und Ausgaben der 
Bezirksregierung einreichen. Mit Genehmigung 
der Behörden können auch mehrere Gilden zu- 
sammen einen Verband bilden. 
Auch im Handelsgewerbe gibt es derartige 
Gilden und Gildenverbände, und gerade in diesem 
ist auch der Ursprung der neueren Form der Ein- 
richtung zu suchen. Es galt hier, die Gemeinsam- 
keit der Interessen gegenüber den fremden Kauf- 
leuten zu wahren und gleichzeitig die Handels- 
gebräuche und das rechtliche Verhältnis zwischen 
Kommissionären und Kommittenten festzusetzen; 
ein anderer Zweck ist die Sicherung einer gleich- 
mäßigen Güte der Waren und Verhinderung der 
Ausfuhr schlechter und verdorbener Gegenstände 
sowie die Anknüpfung von Handelsbeziehungen 
zur Hebung des Exportes. An die Stelle der alten 
staatlichen Organisation und Leitung getreten, 
haben sie ihre Bedeutung in der Entwicklung des 
Außenhandels. Dieser hatte im 16. und 17. 
Jahrh. durch die Portugiesen und Spanier einen 
lebhaften Aufschwung genommen, während der 
Tokugawa-Herrschaft jedoch waren die auswär- 
tigen Handelsbeziehungen immer mehr einge- 
schränkt worden; nur Holländer und Chinesen 
durften in Nagasaki seit 1641 einen streng be- 
grenzten, staatlich reglementierten Handel treiben. 
Mit der Offnung der Häfen 1859 begann eine 
neue Periode. Wichtige Ausfuhrartikel wurden
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.