Full text: Staatslexikon. Zweiter Band: Eltern bis Kant. (2)

123 Familienfideikommiß. 124 
Partikularrechten Beschränkungen finden. So österreichische Allg. B.G.B. verfügt im § 644: 
dürfen nach dem preußischen Allg. Landrecht „Ein Fideikommiß kann aufgelöst werden, wenn 
(T II, Tit. 4, § 140) Landgüter in Zukunft nicht keine zum Fideikommiß berufene Nachkommenschaft 
mehr zu Senioraten gewidmet werden, was in zu vermuten ist. Zur Auflösung wird neben der 
Deutschland überhaupt nur selten geschehen ist. Einwilligung des Nutzungseigentümers und aller 
Nach dem bayrischen Edikt (8 87) soll für nenAnwärter, die durch ein Edikt vorzuladen sind, 
errichtete Fideikommisse überhaupt nur die Erst= auch die Einvernehmung des Kurators der Nach- 
geburtsordnung Geltung haben. Was die soeben kommenschaft und die gerichtliche Bewilligung er- 
genannten Erbfolgeordnungen anlangt, so ver= fordert.“ Nach preußischem Recht entscheidet der 
steht man unter Majorat im weiteren Sinn die | Familienschluß der zu der betreffenden Zeit leben- 
Primogenitur, das Majorat im engeren Sinn und den Mitglieder der Familie (s. Gesetz über Familien- 
das Seniorat. Mit Primogenitur bezeichnet schlüsse bei Familienfideikommissen, -stiftungen 
man die Nachfolgeordnung, wonach der Erst= und Lehen vom 15. Febr. 1840). Allgemeine Auf- 
geborne der älteren Linie (unter Linie versteht man hebungsgründe der Fideikommisse sind: das Aus- 
die Personen, welche von einem gemeinschaftlichen sterben des Geschlechts, der Untergang der Sache 
Stammvater abstammen) sukzediert, also der Erst= und Verfügung durch ein diesbezügliches Gesetz. 
geborne des Erblassers oder der des ältesten Soh- Wiederholt sind die Fideikommisse gesetzlich 
nes des Erblassers, wenn dieser schon gestorben ist verboten worden. In Frankreich geschah 
Unter Majorat im engeren Sinn ist hingegen dies durch die große Revolution, und nachdem 
ein Fideikommiß zu verstehen, bei dem der dem schon von Napoleon I. neue errichtet worden waren, 
Grade nach nächste Verwandte des Erblassers definitiv unter der Julimonarchie. In Italien 
in der Weise zur Nachfolge berufen wird, daß sind sie gleichfalls unter der neuen Ordnung der 
unter mehreren gleichnahen der älteste Erbe wird, Dinge beseitigt worden, doch in der Art, daß der 
während beim Minorat unter mehreren gleich= nächste Anwärter, der zunächst nach der Auf- 
nahen Verwandten der jüngste und beim Senio= hebungsmaßregel zu sukzedieren gehabt hätte, noch 
rat unter allen Anwärtern der älteste, beim eine Bevorzugung vor den gesetzlichen Intestaterben 
Juniorat unter allen Anwärtern der jüngste genießt. In Preußen wurde infolge der Ereig- 
zur Nachfolge gelangt. nisse von 1848 die Errichtung neuer Fideikommisse 
Die Sekundogenitur hat zur Voraussetzung, verboten und die Aufhebung der bestehenden in 
daß ein Fideikommiß in der Familie besteht, in wel= Aussicht genommen. Aber schon ein Gesetz vom 
ches nach der Primogeniturordnung sukzediert wird. Jahre 1852 beseitigte diese Bestimmungen der 
Es wird nun auch für eine zweite Linie der Familie Verfassung. In Deutschland besteht gegenwärtig 
ein Fideikommiß gestiftet, in welches hinwiederum ein Verbot der Familienfideikommisse noch in 
nach der Ordnung der Primogenitur oder des Elsaß-Lothringen, der Rheinpfalz und 
Majorats die Nachfolge stattfindet. Beim Aus= Oldenburg. 
sterben der zweiten Linie sukzediertdie nächstfolgende In England existieren die Fideikommisse im 
jüngere usw., soweit jüngere Linien vorhanden Sinne des deutschrechtlichen Rechtsinstituts nicht 
sind. Nach dem Erlöschen der sämtlichen jüngeren mehr. Ein verwandtes Institut besteht jedoch in 
Linien wird aber der Zweitgeborne der ältesten dem Entail (entail), demzufolge der Eigentümer 
Linie berufen. seinen Grundbesitz lebenden Personen und auch 
Was die Aufhebung des Fideikommisses sogar einer noch ungebornen Person vermachen 
anlangt, so folgt aus dem Grundsatz, daß eine kann. Die freie Verfügung ist dann bis zu der 
Handlung, welche dem Willen des Begründers mit dem 21. Lebensjahr eintretenden Volljährig- 
des Fideikommisses entgegentritt, selbst durch die keit des eingesetzten Erben ausgeschlossen. Da diese 
Zustimmung sämtlicher lebenden Anwärter nicht Stiftung von Generation zu Generation erneuert 
rechtskräftig wird, das Prinzip, daß durch einen zu werden pflegt, entsteht eine Einrichtung, welche 
derartigen einstimmigen Beschluß die Aufhebung mächtig dazu beiträgt, die Familienvermögen bei- 
des Fideikommisses nicht herbeigeführt werden kann sammen zu erhalten. 
Eswerden die nachgebornen Anwärter durch einen Von den Fideikommißgütern des deutschen 
solchen Beschluß nicht eines Rechts beraubt, das Rechts sind zu unterscheiden die Stammgüter. 
ihnen unmittelbar aus der Begründung des Fidei= Man bezeichnet damit einmal unbewegliche Güter, 
kommisses erworben wird. Partikularrechte haben deren Veräußerung zugunsten des Erben Beschrän- 
aber andere Bestimmungen. So das bahrische kungen unterliegt. In diesem Sinn kann man auch 
Edikt vom Jahre 1818 8 97: „Durch gemein= die Fideikommisse dazu zählen. Stammgüter im 
sames Einverständnis aller Familienglieder mit engeren Sinn sind jedoch Güter adliger Familien, 
gerichtlicher Genehmigung kann ein Fideikommiß die nach einer selbstgegebenen (beim hohen Adel) 
nur dann aufgelöst werden, wenn der Familie durch oderherkömmlichen Ordnung innerhalb der Familie 
die Auflösung ein dauernder und ausgezeichneter sich vererben, bei denen aber im Gegensatz zum 
Nutzen zugeht, oder wenn solche gebietende Um- Fideikommiß der Besitzer auch Eigentümer ist, nur 
stände eintreten, die bei einer Familie die Auf= daß seine Rechte zugunsten der Erben eingeschränkt 
lösung des Fideikommisses nötig machen.“ Das sind; nur mit ihrer Zustimmung (Beispruchsrecht) 
  
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