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alle Ordensleute binden, auch die Jesuiten und
ihre Generalkongregationen unterstehen, wenn sie
nicht speziell davon ausgenommen sind.
Für gewöhnlich liegt die ganze Leitung des
Ordens in den Händen des Generals. Dieser
ist das auf Lebenszeit von der Generalkongre-
gation gewählte Oberhaupt des Ordens. In ihm
konzentriert sich alle Jurisdiktions= und Admini-
strationsgewalt, welche sich im Orden regelmäßig
findet (Const. 9, c. 3). Mit Beobachtung der
päpstlichen Konstitutionen und Vorschriften sowie
der auch für ihn maßgebenden Konstitutionen und
Dekrete der Generalkongregationen, von welchen
er jedoch zuweilen, wo es dem Geiste des Insti-
tuts entspricht, dispensieren kann, vermag er alle
Anordnungen zu treffen, welche zur Förderung des
Ordenszweckes nötig oder nützlich sind (Const. 4,
c. 10, § 2;c. 3, § 8 usw.). Seiner Bestimmung
unterliegt auch die Errichtung neuer Provinzen, die
national unter vier, später fünf Assistenzen geglie-
dert wurden. Er ist von einem Beirate von fünf
auf seine Amtsdauer von der Generalkongregation
gewählten Assistenten umgeben. Dieselben sollen,
soviel möglich, je einer der italienischen, der deut-
schen, der französischen, der spanischen und der
englischen Nation entnommen werden. Jedoch
decken sich diese Namen nicht ganz mit den politisch
also bezeichneten Ländern. Außerdem wird dem
General von der Generalkongregation ein Ad-
monitor bestellt. Den Generalsekretär des ganzen
Ordens (Secretarius Societatis) ernennt der
General selbst.
Unter dem General stehen die einzelnen von
ihm ernannten Provinziale, deren gesetzliche
Amtsdauer drei Jahre umfaßt. Dieselbe kann
ihnen jedoch verlängert werden (Const. 9, c. 3,
§ 14). Sie sind allen in gewissen Ländern oder
Distrikten liegenden Häusern und allen zu den-
selben gehörigen Ordensmitgliedern nach Maß-
gabe der in den Ordenskonstitutionen und Regeln
ihnen bestimmten und vom General ihnen ver-
liehenen Vollmachten vorgesetzt. Auch der Pro-
vinzial hat einen aus vier Konsultoren bestehenden
Beirat zur Seite sowie einen Admonitor, welche
alle der General ernennt. — Die unter dem Pro-
vinzial stehenden Lokaloberen erhalten, wenn sie
Vorsteher von Profeßhäusern (praepositi domus
pProfessae) oder Rektoren von Kollegien oder
Noviziaten sind, ihre Ernennung vom General;
bei andern Häusern ernennt der Provinzial. Die
Amtsdauer der durch den General ernannten
Lokaloberen ist dieselbe wie beim Provinzial. Auch
ihnen wird ein Beirat von Konsultoren und ein
Admonitor vom Provinzial bestellt. Soll der
General nun all diese Wahlen und Ernennungen
sachgemäß vornehmen, so ist ihm allerdings mög-
lichst große Personenkenntnis und Kenntnis der
Lokalverhältnisse notwendig. Ein reger, streng
geregelter Briefverkehr soll das soviel möglich zu-
wege bringen. Außerdem sendet jede Provinz alle
drei Jahre einen von der Provinzialkongregation
Staatslexikon. II. 3. Aufl.
Jesuiten.
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erwählten Prokurator zum General. Ihm obliegt
unter anderem, den General über den Zustand der
Provinz nach bestem Wissen mündlich zu infor-
mieren (Congr. 8, c. 2, B). Auch kann jeder zu
jeder Zeit an den General schreiben.
Die Mitglieder des Ordens zerfallen in vier
Klassen: 1. die Novizen oder die in der eigent-
lichen Probezeit befindlichen Personen. Sie können
zu jeder Zeit ohne Angabe von Gründen während
des zwei Jahre dauernden Noviziats den Orden
verlassen, da kein festes Band sie an den Orden
knüpft; der Orden kann sie aber auch zurückschicken.
Aufgabe des Noviziats ist es, in den Novizen den
Geist des Ordens auszubilden, sie an die Ordens-
zucht zu gewöhnen, ungeeignete Elemente vom
Ordensverbande fernzuhalten. Die Novizen zer-
fallen gemeiniglich in zwei Klassen: die Scholastiker-
novizen und die Laienbrüdernovizen. Die Aus-
bildung beider Klassen kann natürlich nicht ganz
dieselbe sein.
2. Dann kommen die Scholastiker oder die
in den Studien befindlichen Ordensmitglieder.
Sie gehören dem Ordensverbande durch die nach
zweijährigem Noviziat ihrerseits auf Lebenszeit
abgelegten einfachen Ordensgelübde als Mitglieder
an; sie sind wirkliche Ordensleute (religiosd).
Daß der Orden sie seinerseits, falls dazu hin-
reichende Gründe vorliegen, entlassen kann, wurde
bereits oben gesagt. Was die Zugehörigkeit zum
Orden betrifft, so stehen mit ihnen jene Laien-
brüder auf derselben Stufe, welche wie sie die ersten
einfachen Ordensgelübde auf Lebenszeit gemacht
haben. 8—15 weitere Jahre verfließen, bis diese
jüngeren Ordensmitglieder ihre definitive Stellung
im Orden entweder als formierte Koadjutoren
oder als die eigentlichen Ordensprofessen erlangen.
Als Scholastiker sollen sie sich nicht nur im innern
Leben und im Ordensgeiste weiter ausbilden,
sondern auch in den berufsmäßigen Wissenschaften
tüchtig machen, namentlich in der scholastischen
Philosophie und Theologie. Scholastische Philo-
sophie und Theologie werden im Orden deshalb
bevorzugt, weil in ihnen eine wahrhaft wissen-
schaftliche Methode zugleich mit den ewig gültigen,
wahren Grundsätzen menschlichen Denkens ver-
einigt in hervorragender Weise zur Anwendung
kommt. Wer mehr wissenschaftliche Befähigung an
den Tag legt, wird gemeiniglich länger in den
Studien zurückbehalten. Am längsten müssen sich
durchschnittlich jene gedulden, welche den höchsten
Ordensgrad der Professen erreichen. Ob jemand
Profef oder formierter Koadjutor wird, liegt durch-
aus nicht in der reinen Willkür des Generals,
sondern wird nach festen Normen von ihm bestimmt.
3. Die dritte Klasse der Ordensmitglieder bil-
den die sog. formierten Koadjutoren.
Sie zerfallen wiederum in zwei sehr verschiedene
Abteilungen: die geistlichen Koadjutoren, welche
Priester, und die zeitlichen Koadjutoren, welche
Laienbrüder sind. Beide legen zwar öffentliche,
aber keine im kanonischen Sinne feierlichen Ge-
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