Full text: Staatslexikon. Zweiter Band: Eltern bis Kant. (2)

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und das Verhälinis der letzteren zum Staat ent- 
wickelt Febronius noch weitergehende Irrtümer. 
wie die Gallikaner. — Das Buch wurde in Rom 
am 27. Febr. 1764 auf den Index gesetzt, und 
am 14. März richtete Papst Klemens XIII. 
ein Breve an die Kurfürsten von Mainz und 
Köln, ein zweites an den von Trier und ein drittes 2 
an den Fürstbischof von Würzburg. In denselben 
wird auf das Bedenkliche des Buches hingewiesen, 
die Lektüre verboten und den Bischöfen aufgetragen, 
gegen den Verfasser, wenn er bekannt sein sollte, 
mit Strenge vorzugehen. Der Kurfürst von Trier 
erließ am 14. Juli ein solches Verbot. Als aber 
Hontheim nun um Entlassung aus seinen Amtern 
einkam, wurde sein Gesuch nicht angenommen. 
Die Autorschaft Hontheims wurde (Okt. 1764) 
bei Gelegenheit der Krönung Josephs II. in 
Frankfurt von dem Buchhändler Eßlinger auch 
einem Begleiter des päpstlichen Nuntius (Abbate 
Garampi) bekannt gegeben. Hontheim hatte aber 
nicht den Mut, sich öffentlich als Autor zu be- 
kennen, und ließ sogar seine Autorschaft in der 
Kölnischen Zeitung dementieren. Der Kurfürst 
arbeitete damals mit Hontheim gemeinsam an der 
Zurückdrängung der Jesuiten von der Universität 
zu Trier. 
Das Buch Hontheims erschien schon 1765 in 
zweiter Auflage. — Am 12. Jan. 1768 starb der 
Kurfürst Johann Philipp, und am 10. Febr. 
wurde Klemens Wenzel von Sachsen, ein An- 
verwandter der Kaiserin Maria Theresia, zum 
Kurfürsten gewählt. Durch ihn wurde Hontheim 
im März 1768 zum „Geheimen Staats= und 
Konferenzrat“ und damit zum Mitglied des Mini- 
steriums ernannt. Als der Kardinal und Staats- 
sekretär Albani in Rom gegen diese Ernennung 
protestierte (30. März), legte der Kurfürst das 
Schreiben nebst dessen Anklagen Hontheim vor, 
mit der Aufforderung, sich darüber zu verant- 
worten. Da erklärte der Weihbischof wieder, er 
habe die Autorschaft des Febronius in den Zei- 
tungen desavouiert und bei der Verwaltung seiner 
kirchlichen Amter sich von febronianischen Grund- 
sätzen stets frei gehalten. Der Dechant Rade- 
macher in Koblenz, welcher mit der Beantwortung 
des Schreibens des Staatssekretärs beauftragt 
war, nahm diese Erklärung in sein Antwort- 
schreiben vom 14. April auf. Der Staatssekretär 
reskribierte (4. Mai), daß er die Verteidigung 
Hontheims dem Papste nicht vorzulegen wage, 
weil ihm Hontheim aus unwiderleglichen Zeug- 
nissen als der Verfasser des Febronius bekannt sei. 
Er verlangte einen Widerruf der in dem Buche 
vorgetragenen Lehren und vom Kurfürsten die 
Zusicherung, daß er Hontheim nur in dringenden 
Fällen als Weihbischof zur Aushilfe in pontill- 
calibus verwenden wolle. In der Antwort vom 
22. Mai geht der Kurfürst auf den letzteren Punkt 
ein, schweigt aber hinsichtlich des ersteren. — Im 
Okt. 1768 besuchte der Kölner Nuntius Caprara- 
Montecuccoli den Kurfürsten, ließ sich von Hont- 
Febronianismus. 
  
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heim in Andernach empfangen und fuhr mit ihm 
nach Schönbornslust zum Kurfürsten. Unterwegs 
kam die Rede auf den Widerruf; aber der Weih- 
bischof lehnte ihn ab, wie aus einem Brief an 
Krufft erhellt (bei Mejer, Febronius, Weihbischof 
Vol- Nik. v. Hontheim und sein Widerruf I1885. 
) 
Jm Febr. 1769 starb Klemens XIII., und 
im Mai folgte Klemens XIV. Im Sept. 1769 
ließen die drei geistlichen Kurfürsten durch ihre 
Bevollmächtigten unter dem Vorsitz Hontheims zu 
Koblenz Beratungen pflegen, aus denen die Auf- 
stellung von 31 großenteils gegen die Primatial- 
rechte des Papstes gerichteten Desiderien hervor- 
ging. Inzwischn war ein pöäpstliches Schreiben 
vom 14. Okt. 1769 in Trier angekommen, in 
welchem der Kurfürst aufgefordert wurde, die be- 
vorstehende neue Auflage des Febronius zu ver- 
hindern. Am 12. Nov. antwortete der Kurfürst, 
daß er zur Unterdrückung des Buches alles tun 
werde, wenngleich der Druckort, Frankfurt, außer- 
halb seiner Diözese liege. — Trotzdem genehmigte 
der Kurfürst die Koblenzer Artikel und bat beie 
ihrer Übersendung an Kaiser Joseph (1. Febr. 
1770), die Artikel dem Papste zur Beachtung und 
Genehmigung zu unterbreiten. Der Kaiser ging 
indes auf das Ansinnen nicht ein, wies einige 
Artikel als solche, welche die Bischöfe allein durch- 
führen könnten, zurück und verlangte in betreff 
anderer Abänderungen, ehe er mitwirken könne. 
Dieimmer wiederkehrende Berufung Hontheims. 
auf die gallikanische Kirche veranlaßten sowohl den 
Kurfürsten Klemens von Sachsen wie den Herzog 
Ludwig Eugen von Württemberg, maßgebende 
Gutachten darüber einzuholen. Ersterer wandte 
sich an den Pariser Erzbischof de Beaumont, wel- 
cher seinerseits das Schreiben des Kurfürsten der 
Versammlung des Klerus vorlegte. Diese ent- 
schied 7. Dez. 1775 dahin, daß das in Frank- 
reich kaum bekannte, wenig belangreiche Buch 
Neuerungen anstrebe, in Dingen von höchster 
Wichtigkeit ungenau und unzuverlässig sei, sich von 
der Sprache der gallikanischen Kirche sowohl über 
den primatus honoris wie über die Jurisdiktion 
des Papstes entferne. Das Gutachten für den 
Herzog von Württemberg, von dem gelehrten Abbe 
Bergier verfaßt, erklärte das Buch als der galli- 
kanischen Doktrin fremd, meist aus Richer und 
Du Pin kritiklos entlehnt; dasselbe sei eine un- 
geschickte Kompilation aus gallikanischen, prote- 
stantischen und jansenistischen Schriften, ohne ein- 
heitliche Durchführung und logische Konsequenz, 
voll von Halbheiten und Widersprüchen (ougl. 
Näheres in der Biogr. universelle XIX 594 ff; 
dort auch das Gutachten Bergiers). 
Inzwischen hatten sich gegen Febronius viele 
literarische Gegner erhoben, besonders in Italien 
und Deutschland; so Ballerini. Priester in Verona, 
der Jesuit Zaccaria (Antifebronio, 1767), der 
Kapuziner da Cioccaglia, der Kölner Theologe 
Kaufmanns (Apologeticus), Anton Schmidt in
	        
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