1519
die Bedingungen aufstellen, unter welchen Ge-
nossenschaften Korporationsrechte erlangen können,
dergestalt, daß sie, wenn sie die Bedingungen er-
füllen, ohne weiteres als Korporationen anerkannt
werden. Es ist dieses ein bedeutsamer Fortschritt.
Denn es hängt dann nicht mehr von dem will-
kürlichen Ermessen der Staatsbehörden ab, in
jedem einzelnen Falle die Korporationsrechte zu
bewilligen oder zu versagen. Ferner sind auf ein-
zelnen Gebieten Genossenschaftsbildungen für ganze
Klassen von Staatsbürgern, die Zwangsge-
nossenschaften (s. oben), gesetzlich vorgeschrie-
ben. Wäre es auch an sich richtiger gewesen, den
betreffenden Genossenschaften solche Rechte zu ver-
leihen, welche es den einzelnen wünschenswert oder
notwendig erscheinen lassen, der Genossenschaft
beizutreten, so läßt sich doch nicht verkennen,
daß die Bedeutung und der Wert der genossen-
schaftlichen Vereinigung in den großen Massen
nicht mehr klar erkannt werden. Soll also auf
wirtschaftlichem, insbesondere auf sozialem Ge-
biete das genossenschaftliche Leben wieder wach-
gerufen werden, so läßt sich gesetzlicher Zwang
wohl rechtfertigen. Dies gilt insbesondere von
den Genossenschaften, deren Aufgabe die Unter-
stützung der Armen und Arbeitsunfähigen ist.
Soweit es sich um die privatrechtlichen Ver-
hältnisse der Korporationen handelt, ist der Ein-
fluß der Staatsgewalt auf das Vorgedachte zu
beschränken. Ein Recht des Staates, im Verwal-
tungswege die innern Verhältnisse derselben zu
beaufsichtigen und sich in dieselben einzu-
mischen, wie es in einer Reihe von Gesetzen be-
stimmt ist, kann grundsätzlich nicht gebilligt wer-
den. Die Korporation steht da dem Staat wie
jede andere Privatperson gegenüber. Kommen
Verstöße gegen das Statut oder gegen das Gesetz
vor, so muß es den Verletzten oder den mit einer
Verletzung Bedrohten überlassen bleiben, die Hilfe
der Gerichte in Anspruch zu nehmen. Zulässig
ist eine Aufsicht des Staates, wie oben bemerkt,
nur da, wo es sich um Ausübung von öffentlich-
rechtlichen Befugnissen der Korporationen handelt.
Zum Schlusse dieses Abschnittes ist noch darauf
hinzuweisen, daß der von einigen Rechtslehrern
zwischen den universitates personarum des
römischen Rechts — den Korporationen — und
den mit Korporationsrechten versehenen Genossen-
schaften gemachte Unterschied, wie aus obigem sich
ergibt, völlig verwischt ist und nicht mehr besteht,
seitdem der Staat den ehemaligen, aus deutscher
und christlicher Rechtsanschauung hervorgegan-
genen Genossenschaften ihre Selbständigkeit und
Bedeutung verkümmert hat.
III. Rechtsstellung bis zum Inkrafttreten
des B.G. B. Man unterschied bis dahin in zivil-
rechtlicher und staatsrechtlicher Beziehung die
reinen Privatgesellschaften, die erlaubten Gesell-
schaften, die anerkannten Gesellschaften. Zu be-
merken ist jedoch schon hier, daß die charakteri-
stischen Merkmale dieser drei Arten von Gesell-
Juristische Personen.
1520
schaften, wie sich unten ergeben wird, nicht abso-
lute Bedeutung gehabt hatten und in der neueren
Gesetzgebung nicht immer scharf festgehalten sind.
1. Die reinen Privatgesellschaften
entstehen, abgesehen von der communio incidens,
immer durch Vertrag unter ganz bestimmten Per-
sonen. Die Aufnahme neuer Mitglieder setzt jedes-
mal einen besondern Vertrag unter allen Be-
teiligten voraus. Ist die Gesellschaft eine Er-
werbsgesellschaft, so erlischt sie der Regel nach mit
dem Tode eines der Gesellschafter. Die Rechte und
Pflichten der Gesellschafter untereinander werden
durch den Gesellschaftsvertrag und nur subsidiär
durch das bürgerliche Recht geregelt. An dem Ge-
sellschaftsvermögen ist der Regel nach jeder zu einer
gewissen Quote beteiligt; Regel bildet ferner, daß
jeder Gesellschafter die Auflösung der Gesellschaft
und die Ausfolgung seines Anteils am Gesell-
schaftsvermögen beantragen kann. Nur durch den
Vertrag können Abweichungen von diesen Regeln
bestimmt werden. — Nach außen hin haben diese
Gesellschaften als solche der Regel nach — aus-
genommen die offene Handelzsgesellschaft und die
Kommanditgesellschaft (s. unten) — gar keine recht-
liche Bedeutung; dritten gegenüber haften — mit
Ausnahme der Kommanditgesellschaft — für die
rechtsgültig eingegangenen Verbindlichkeiten, außer
dem Gesellschaftsvermögen, einer für alle und alle
für einen. Sie unterliegen keinerlei staatlicher
Beaufsichtigung. Eine staatsrechtliche Bedeutung
kommt diesen Gesellschaften nicht zu.
2. Die erlaubten Privatgesellschaf-
ten — diese Art von Gesellschaften hat beson-
ders im preußischen Recht ihre Ausbildung ge-
funden — sind ebenfalls ursprünglich durch Ver-
trag begründete Gesellschaften. Von den reinen
Privatgesellschaften unterscheiden sie sich dadurch,
daß der Zweck nicht auf Vermögenserwerb für die
Mitglieder gerichtet sein darf, ferner daß ihr Be-
stehen nicht an die Personen der Vertragschließen-
den gebunden ist; vielmehr ist die Aufnahme neuer
Mitglieder unter den im Statute der Gesellschaft
— d. i. im Gründungsvertrag bzw. wie derselbe
nach den späteren Beschlüssen der Gesellschaft sich
gestaltet hat — enthaltenen Bedingungen nicht
mur zulässig, sondern in der Regel durch den Ge-
sellschaftszweck auch geboten. Die Gesellschaft bleibt
bestehen, auch wenn sämtliche ursprünglichen Mit-
glieder ihr nicht mehr angehören. Sie dauert fort,
solange überhaupt auch nur eines ihrer Mitglieder
noch vorhanden ist, sofern nicht ihre Auflösung
auf statutenmäßigem Wege herbeigeführt ist. Ein
weiterer Unterschied ist der, daß dasjenige Ver-
mögen, welches zu Zwecken der Gesellschaft er-
worben wird, zwar Eigentum der dermaligen
Mitglieder wird, daß die einzelnen Mitglieder
aber keinen Anspruch auf die Ausfolgung einer
Ouote desselben haben, und daß ihr Anteilsrecht
mit dem Ausscheiden aus der Gesellschaft zum
Besten der darin verbleibenden Mitglieder erlischt.
Nur im Falle der Auflösung der Gesellschaft wird