Full text: Staatslexikon. Zweiter Band: Eltern bis Kant. (2)

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über werden durch das Statut bzw. durch das Ge- 
setz bestimmt, und die Berufung derselben findet in 
der Regel durch Wahl in der Versammlung der 
Mitglieder statt. Letztere haben ein Mitwirkungs- 
recht bei der Verwaltung der Korporationsange- 
legenheiten auch nur insofern, als sie in Ansehung 
aller oder bestimmter einzelner derselben berechtigt 
sind, bei Beschlußfassungen über diese Angelegen- 
heiten in berufenen Versammlungen ihre Stimme 
abzugeben, oder auch nur insofern, als sie berech- 
tigt sind, einzelne Mitglieder zu wählen, welchen 
die Beschlußfassung obliegt. Diese Rechte der Wahl 
und der Beschlußfassung werden durch das Statut 
bzw. durch das Gesetz geregelt. Sie betreffen auch 
nur die innern Rechtsverhältnisse, dergestalt, daß, 
falls die Organe nach außen hin gegen einen 
Korporationsbeschluß handeln, die Handlung als 
die der Korporation gilt und jene nur der letzteren 
gegenüber verantwortlich werden. Ein Schutz der 
Korporation gegen Ubergriffe der Organe und der 
Minderheit gegen die Mehrheit wird bei vielen 
Korporationen in dem Aussichts= und Beanstan- 
dungsrecht des Staates gewahrt. 
Das Statut bzw. das Gesetz bestimmt ferner 
die Bedingungen für die Erlangung und den Ver- 
lust der Mitgliedschaft sowie die besondern 
Pflichten der Mitglieder der Korporation gegen- 
über, wohin insbesondere auch der Regel nach die 
Pflicht der Beitragsleistung zur Bestreitung der 
Ausgaben der Korporation gehört. Im einzelnen 
sind diese Rechtsverhältnisse bei den verschiedenen 
Gesellschaften ganz verschieden geordnet, insbeson- 
dere auch, was die zu Wahlen und Beschlüssen 
erforderlichen Majoritäten, die Auferlegung von 
Beiträgen, die Aufsichts= und Beanstandungs- 
rechte der Staatsbehörden betrifft; für ein näheres 
Eingehen darauf fehlt es hier an Raum. Zu er- 
wähnen ist nur noch, daß einzelne Korporationen 
insofern vor andern begünstigt sind, als ihnen 
eine Art Jurisdiktion über ihre Mitglieder zusteht, 
indem sie wegen der zu leistenden Beiträge ein 
Zwangsvollstreckungsrecht haben, und daß ihnen 
wegen schuldiger Beiträge ein Vorrecht im Kon- 
kurse über das Vermögen der Mitglieder gebührt. 
— Zu Anderungen der Statuten ist bei den auf 
Privileg beruhenden Korporationen die Staats- 
genehmigung immer erforderlich. Liegt das Gesetz 
einer Korporation zugrunde, so darf die Ande- 
rung nur nach Maßgabe des Gesetzes erfolgen. — 
Die Korporation hört auf, falls sie auf Privileg 
beruht, durch Entziehung desselben, sonst durch 
den Fortfall aller Mitglieder oder durch deren 
einstimmigen Auflösungsbeschluß, sofern dieser 
Beschluß vom Staate genehmigt ist. Auch der 
Konkurs über das Korporationsvermögen hat, so- 
fern dieses gesetzlich ausdrücklich vorgeschrieben ist, 
was übrigens nur vereinzelt zutrifft, die Auf- 
lösung der Korporation zur Folge. 
IV. Rechtsstellung unter dem B. G. B. 
Das B. G.B. regelt nur die privatrechtliche Seite 
der juristischen Person. Deshalb scheiden auch die 
Juristische Personen. 
  
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juristischen Personen des öffentlichen Rechts: der 
Staat (Fiskus), die öffentlich-rechtlichen Körper- 
schaften, die Stiftungen und Anstalten, aus. Die 
öffentlich-rechtliche Seite des Vereinswesens wird 
durch das Reichsvereinsgesetz vom 19. April 1908 
(R.G.Bl. S. 151 ff) geregelt, einem Polizeigesetz, 
das ein gutes Stück reichsgesetzliche Polenpolitik 
enthält und insbesondere in den süddeutschen 
Staaten, die bislang zum Teil überhaupt kein 
Vereinsgesetz kannten, als ein Rückschritt empfun- 
den wird. 
Das B.G.B unterscheidet zwischen juristischen 
Personen und (reinen Privat-) Gesellschaften. 
Die Rechtsverhältnisse der verschiedenen Arten der 
Handelsgesellschaften (offene Handelsgesellschaft, 
Kommanditgesellschaft, Kommanditgesellschaft auf 
Aktien, Aktiengesellschaft, stille Gesellschaft, Ree- 
derei) werden durch das H.G.B. geregelt, zum 
Teil unter Verweisung auf die Bestimmungen des 
B.G.B. über Gesellschaften. Nach dem Einf.Ges. 
zum B.G.B. bleiben die Reichsgesetze soweit in 
Kraft, als das B.G.B. keine entgegenstehenden 
Bestimmungen enthält, und eine Reihe landes- 
gesetzlicher, juristische Personen betreffender Be- 
stimmungen sind unberührt geblieben, so z. B. die- 
jenigen, welche die auf dem Boden des Wasser- 
rechts und des Deichrechts stehenden Genossen- 
chaften und die Waldgenossenschaften betreffen. 
In betreff der juristischen Personen des 
öffentlichen Rechts enthält das B. G. B. 
nur zwei den Schadensersatz und den Konkurs be- 
handelnde Vorschriften (6 89); im übrigen bleibt 
es hinsichtlich derselben bei dem bestehenden Rechte. 
Die bisherigen Vorschriften über die reinen 
Privatgesellschaften, im B.G.B. kurz „Ge- 
sellschaften“ genannt, sind in zwei Beziehungen, 
worauf es hier ankommt, wesentlich geändert. Die 
Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der 
Gesellschaft nicht mehr einer für alle, sondern, so- 
weit das Gesellschaftsvermögen nicht reicht, nach 
dem Verhältnis ihres (vertragsmäßigen eventuell 
gleichen) Anteils am Verluste, und in gleicher 
Weise für das, was von einem Gesellschafter nicht 
zu erlangen ist (§ 785). Zweitens können nach 
dem öffentlichen Vereinsrecht erlaubte Vereine 
von nicht geschlossener Mitgliederzahl, welche 
keine juristischen Personen, also nicht rechtsfähig 
sind (s. unten), daher unter die „Gesellschaften“ 
fallen (B.G.B. § 54), verklagt (nicht auch 
Kläger) werden und haben im Rechtsstreite die 
Stellung rechtsfähiger Vereine; vertreten werden 
sie durch ihren Vorstand (Z.P.O. § 50), wobei 
jedoch zu bemerken ist, daß aus Rechtsgeschäften, 
welche im Namen eines solchen Vereins einem 
dritten gegenüber vorgenommen sind, die Handeln- 
den persönlich und als Gesamtschuldner haften 
(B. G. B. 8 54). 
Die Rechte einer juristischen Person er- 
langen Vereine, deren Zweck auf einen wirtschaft- 
lichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, in Ermang- 
lung reichsgesetzlicher oder unberührt gebliebener 
—
	        
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