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und die verschiedenen kleineren Sekten. Ersteren
sind Korporationsrechte in der Regel, letzteren sind
sie mehrfach verliehen worden, z. B. den Menoniten-
und den Baptistengemeinden. Träger der Ver-
mögensrechte waren früher überhaupt nur die
einzelnen Gemeinden. In neuerer Zeit hat man
aber auch die Landeskirchen zu Trägern von Ver-
mögensrechten gemacht. Von Staats wegen über-
trug man die protestantische Anschauung auf die
katholische Kirche, versuchte es, das Vermögen der
katholischen Kirche, soweit es zu Kirchen= und
Kultuszwecken bestimmt ist, der Kirche und deren
oberstem Leiter, dem Papste, zu entziehen und den
Diözesen bzw. den einzelnen Pfarrgemeinden zu
überweisen und diesen dann in bezug auf Ver-
mögen Korporationsrechte zu verleihen. In bezug
auf die Vermögensverwaltung, aber auch nur in
bezug hierauf, sind die katholischen Diözesen und
Gemeinden dann allerdings als juristische Personen
anzusehen. In diesem Sinne sind dann auch die
geistlichen Gesellschaften (Klöster, Stifte, Orden,
Kongregationen), sofern ihnen Korporationsrechte
verliehen wurden, juristische Personen.
Auch Bildungsanstalten (Universitäten,
Akademien, höhere Schulen) bringt man unter
den Begriff der juristischen Personen, sofern diesen
Anstalten Korporationsrechte verliehen sind. Eben-
so verhält es sich mit den in einigen Gegenden
vorkommenden Schulgemeinden, indem die
Einwohner eines bestimmten Distrikts unter ge-
wissen Voraussetzungen zu einer Gemeinde ver-
einigt werden, welche den Zweck hat, für den
niederen Unterricht der Jugend zu sorgen. Sofern
diesen Gemeinden als solchen vom Staate das
Recht verliehen ist, Rechte zu erwerben und
Verbindlichkeiten einzugehen, sind sie juristische
Personen.
Die nach dem Reichsgesetz vom 6. Juni 1870
zum Zwecke der öffentlichen Armenpflege aus einer
oder mehreren politischen Gemeinden bzw. Guts-
bezirken gebildeten Ortsarmenverbände,
und, sofern der Staat nicht unmittelbar zur Land-
armenpflege verpflichtet ist, die aus einem oder meh-
reren Ortsarmenverbänden gebildeten Landarmen-
verbände sind ausdrücklich (vermögensrechtlich und
öffentlich-rechtlich) als Einheiten anerkannt. Sie
sind wahre Personenvereine, wenngleich die Mit-
glieder der Gemeinden nicht unmittelbar, sondern
durch Vermittlung der Gemeinden bzw. der Orts-
armenverbände Mitglieder der Armenverbändesind;
daher sind diese letzteren Korporationen. — Durch
eine Reihe von landrechtlichen Gesetzen sind ferner
Verbände (Genossenschaften) ins Leben gerufen,
welche der öffentlichen Wohlfahrt, nämlich der Ab-
wendung gemeiner elementarer Gefahren und der
Förderung der Landeskultur und bestimmter
Produktionsarten dienen sollen. Dahin gehören
die Deichgenossenschaften (Deichverbände), Wald-
schutzgenossenschaften, Genossenschaften zu Be= und
Entwässerungsanlagen, Fischereigenossenschaften,
diepreußisch-rechtlichen öffentlichen Wassergenossen-
Juristische Personen.
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schaften. In der Regel ist bei diesen Genossen-
schaften unter gewissen Voraussetzungen die Mit-
gliedschaft der Bewohner eines bestimmten Distrikts
eine gesetzlich gezwungene; nach den durch die Ge-
setze ihnen beigelegten Rechten sind sie juristische
Personen.
Das zuletzt Gesagte gilt auch von den durch die
Sozialversicherung ins Leben gerufenen Kranken-
kassen und Berufsgenossenschaften sowie von den
Versicherungsanstalten des Invalidenversicherungs-
gesetzes, ferner den Innungen, Innungsverbänden
und Handwerkskammern (Gew.O. 88 81/104).
Zu nennen sind hier noch: die Reichsbank nach
dem Bankgesetz vom 14. März 1875 und 7. Juni
1899, die öffentlich = rechtlichen Kolonialgesell-
schaften nach dem Gesetz vom 17. April 1886,
jetzt Schutzgebietsgesetz vom 25. Juli 1900, die
„Wohnplatzverbände“ in den deutschen Schutz-
gebieten. Sie sind alle durch besondere Reichs-
gesetze geregelte juristische Personen des öffentlichen
Rechts. Nicht unerwähnt sollen auch die Handels-
kammern, die Landwirtschaftskammern und die
landschaftlichen Kreditverbände bleiben. Auch sie
zählen zu den juristischen Personen, soweit ihnen
Körperschaftsrechte verliehen sind.
Rein privatrechtlicher Natur sind die durch
staatliche Verleihung oder Gesetz mit Korporations-
rechten versehenen Personenvereine, welche den
Zweck haben, ihren Mitgliedern oder deren Hinter-
bliebenen für die Bedürfnisse und Nöten des Lebens
Unterstützungen zu gewähren und bei welchen die
Erlangung der Mitgliedschaft lediglich vom freien
Willen des Beitretenden und der statutenmäßigen
Aufnahme abhängig ist. Als solche sind zu nennen:
Unterstützungs-, Aussteuer-, Kranken-, Hilfs-(ein-
geschriebene Hilfskassen), Knappschafts-, Invaliden.,
Sterbe= und Witwenkassen. — Wieder andere
Personenvereine, welche geselligen Zusammen-
künften, gemeinschaftlichen Leibesübungen usw.
dienen, z. B. die Kasinogesellschaften, Turnvereine,
Schützengesellschaften, gehören zu den Korpora-
tionen nur dann, wenn ihnen Korporationsrechte
nach bisherigem Rechte verliehen waren, oder
wenn sie ins Vereinsregister eingetragen sind. Bis
dahin gehören sie zu den „Gesellschaften“.
Zum Schlusse ist noch derjenigen Personen-
vereine zu gedenken, welche lediglich Zwecke des
Vermögenserwerbes'verfolgen. Die offenen
Handelsgesellschaften können zwar unter ihrer
Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten ein-
gehen, auch Prozesse führen, die Gesellschafter
haften aber für die Verbindlichkeiten immer als
Gesamtschuldner. Sie gehören daher zu den
(reinen Privat-) Gesellschaften. Dasselbe gilt von
den Kommanditgesellschaften mit der Abweichung,
daß nur die persönlich haftenden Gesellschafter
(Komplementäre) für die Verbindlichkeiten der
Gesellschaft unbeschränkt haften; die Komman-
ditisten dagegen haften allerdings nur mit den
gezahlten oder versprochenen Einlagen. Bei den
Kommanditgesellschaften auf Aktien ist ferner die