Full text: Staatslexikon. Zweiter Band: Eltern bis Kant. (2)

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und den Rest je zur Hälfte der Verwaltungsrat 
und die Beamten. Der mittlere Kurs der Aktien 
der Gesellschaft betrug 1870: 282,86, dagegen 
1907: 4552,31 Franken. Die Rettodividende be- 
trug 1907 pro Aktie 141 Franken (für die an Stelle 
ausgeloster Aktien getretenen Genußscheine 117,62 
und für die Gründeranteile 66,71 Franken). 
Der Sueskanal ist die glänzende Verwirklichung 
des Gedankens, dessen Ausführung schon von den 
alten Pharaonen angestrebt worden ist. Die von 
ihm durchschnittene Landenge hat als Verbindung 
zwischen Asien und Afrika jahrtausendelang großen 
Einfluß auf die Entwicklung der Menschheit aus- 
geübt, sie ist auch der Anstoß für die epochemachen- 
den Fahrten eines Vasco da Gama und eines Ko- 
lumbus gewesen. Die Länge des Sueskanals be- 
trägt 161 km, er hat durchweg eine Tiefe von 
10 m (1870 nur von Sm), die aber in der nächsten 
Zeit auf 10,50 m gebracht werden wird. An der 
Sohle hat der Kanal eine Breite von mindestens 
30 m, was einer Breite von 38 m in der ur- 
sprünglichen Tiefe von 8 m entspricht. Am Wasser- 
piegel beträgt seine Breite 80/120 m und ein- 
chließlich der Weichen 95/135 m. Der Kanal 
wird befahren von Schiffen bis zu 8,53 m Tief- 
gang. Die mittlere Durchfahrtszeit betrug ur- 
sprünglich 48 Stunden 5 Minuten, im Jahre 1907 
aber nur noch 17 Stunden 58 Minuten. Während 
der Kanal im Jahre 1870 von 486 Schiffen mit 
436 609 R.-T. und 26 758 Personen passiert 
worden ist, ist er 1907 von 4267 Schiffen mit 
einer Totaltonnage von 14718 434 R.-T. und 
243 826 Personen befahren worden. Die Kanal- 
abgabe betrug ursprünglich 10 Franken pro Netto- 
register, jetzt (1909) beträgt sie 7,75 Franken bei 
beladenen und 5,25 Franken bei leeren Schiffen. 
Der Sueskanal hat dem Verkehre Europas mit 
Asien neue Bahnen gewiesen. Er verkürzt die 
Dampferfahrt nach Bombay, die früher um das 
Kap der guten Hoffnung ging, von London, Ham- 
burg usw. um 2850 km und von den am Mittel- 
ländischen Meere gelegenen Häfen sogar um 3200 
bis 3800 km, d. i. um weit mehr als die Hälfte. 
Infolge dieser Reiseverkürzung wird (wie Volk- 
mann mitteilt) nach dem Bulletin du ministere 
des travaux publics ungefähr so viel an Fracht 
erspart, wie die ursprüngliche Kanalabgabe, 
10 Franken pro Nettoregister, ausmachte. 
Durch die internationale Konvention vom 
29. Okt. 1888 ist der Sueskanal für neutral 
erklärt worden. Demgemäß ist eine Blockade des- 
selben ausgeschlossen und dürfen ihn alle Schiffe 
jederzeit passieren, jedoch mit der Maßgabe, daß 
Kriegsschiffe und ihnen gleichgeachtete Transport- 
schiffe im Kriegsfalle in den Hafenorten des Kanals 
nur soviel Kohlen aufnehmen dürfen, als zur Er- 
reichung des nächsten außerhalb des Kanals ge- 
legenen Hafens mit Kohlenverfrachtung nötig ist. 
Literatur. über die Stellung des Sueskanals 
in den letzten Kriegen vgl. Ungard Edler v. Oetha- 
lom, Der Sueskanal (1905) 82 ff. Näheres über 
  
Kanäle. 
  
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den Sueskanal u. seine Erweiterungen nach den 
amtlichen Berichten von Pescheck zusammengestellt 
von Volkmann im Zentralblatte der Bauverwal- 
tung, hrsg. vom preuß. Ministerium der öffentl. 
Arbeiten (1885) 213 ff; Krukenberg, Die Durch- 
stechung des Isthmus von Sues in chorolog., hy- 
drograph. u. histor. Beziehung (1888). Vor allem 
hervorzuheben sind folgende drei Werke: J. Charles= 
Roux, L'lsthme et le Canal de Suez (2 Bde, Par. 
1901; im 2. Bd S. 468 ff ausführliche Biblio- 
graphie); Voisin-Bey, Le Canal de Suez (7 Bde 
Text, 3 Bde Karten, ebd. 1902/06); Compagnie 
Universelle du Canal Maritime de Suez, Le Canal 
Maritime de Suez (Note, Tableaux et Planches. 
ebd. 1908). 
2. Die gleiche Bedeutung, die der Sueskanal 
für die Alte Welt, insbesondere Europa, hat, wird 
der Panamakanal für Amerika haben. Die 
Möglichkeit, in Mittelamerika eine Verbindung 
zwischen dem Atlantischen und dem Stillen Ozean 
herzustellen, ist schon wenige Jahre nach der Ent- 
deckung des letzteren durch Vasco Nuniez de Bal- 
bao (25. Sept. 1513) von Cortez, dem Eroberer 
Mexikos, erwogen worden, und seit dieser Zeit 
ist das Problem „der Erforschung des Geheim- 
nisses der Meerenge“ eigentlich niemals ganz auf- 
gegeben worden. Als historische Merkwürdigkeit 
sei erwähnt, daß im Jahre 1814 die spanischen 
Cortes den Bau eines Kanals vom Stillen zum 
Atlantischen Ozean beschlossen haben. An die Aus- 
führung des Kanals machte sich zunächst im Jahre 
1881 an der Spitze der von ihm gegründeten 
Compagnie Universelle du Canal de Panama 
der damals 74 Jahre alte Lesseps. Nachdem ein 
Teil der Arbeiten fertig gestellt worden war, 
geriet die Gesellschaft in Konkurs. Eine neu- 
gegründete Gesellschaft übernahm die Aktiva, die 
sie dann später für 40 Mill. Dollar an die 
Vereinigten Staaten von Amerika verkaufte. Letz- 
tere haben durch einen mit dem neugeschaffenen 
Staate Panama am 18. Nov. 1903 geschlossenen 
Vertrag volle Souveränitätsrechte bezüglich einer 
rechts und links vom Kanal gelegenen, 10 Meilen 
breiten Zone erworben, nachdem sie bereits durch 
den Hay-Paunceforte-Vertrag vom 18. Nov. 1901 
(unter Aufhebung des vom 19. April 1850 ge- 
schlossenen Clayton-Bulwer-Vertrages) von Eng- 
land ausdrücklich die Befugnis zugestanden er- 
halten hatten, an dem von ihnen zur Verbindung 
der beiden Weltmeere zu erbauenden Kanale 
Befestigungen anzulegen. Der Kanal wird also 
keinen internationalen Charakter haben, wird 
vielmehr ein amerikanischer Kanal sein. Selbst- 
redend wird sein Bau und Betrieb seitens der 
Vereinigten Staaten unter ganz andern Gesichts- 
punkten erfolgen, als dies seitens einer Privat- 
gesellschaft möglich wäre, die mit beschränkten 
Mitteln haushalten und möglichst bald eine mög- 
lichst hohe Dividende herauswirtschaften muß. 
Die Vereinigten Staaten können und werden den 
Kanal als militärisches, wirtschaftliches und poli- 
tisches Machtmittel behandeln. In militärischer
	        
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