Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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Behörden direlt übergegangen ist. Vor der Ernen- 
nung ist die Person dem Fürsten namhaft zu 
machen, der, falls er die Anstellung beanstandet, 
zwischen zwei andern Personen binnen Monats- 
frist die Wahl zu treffen hat. Höhere Kommunal= 
verbände sind die vier Kreise; Waldeck besteht aus 
den drei Kreisen der Twiste, des Eisenbergs und 
der Eder, Pyrmont bildet für sich einen Kreis. 
Die Kreisgemeinde wird vom Kreisvorstand (je 
sechs von den Gemeinderäten der Ortsgemeinden 
indirekt gewählte Abgeordnete) als beschließende 
Behörde, vom Kreisamtmann (Kreisrat) als aus- 
führende Behörde vertreten. In den Gemeinden 
werden Bürgermeister und Beigeordnete vom Ge- 
meinderat, dieser von den auf Grund des Steuer- 
zensus wahlberechtigten Gemeindemitgliedern nach 
dem Dreiklassenwahlsystem gewählt. 
Waldeck zählt drei Amtsgerichte (Arolsen, Kor- 
bach, Bad Wildungen), die dem preußischen Land- 
gericht Kassel und dem Oberlandesgericht Kassel 
zugeteilt sind; das Amtsgericht Pyrmont gehört 
zum Landgerichtsbezirk Hannover und zum Ober- 
landesgerichtsbezirk Celle. 
Die Finanzperiode ist dreijährig. Da die 
Staatseinnahmen aus Steuern usw. die Höhe der 
Ausgaben nicht erreichen, leistet die preußische 
Staatskasse den zur Deckung des Defizits nötigen 
Zuschuß. Die jährlichen Ausgaben betragen etwa 
1.5 Mill. A. Die Landesschuld beträgt (1910): 
1.55 Mill. M. Das Domanialvermögen wurde 
1849 für Staatsgut erklärt; 1853 wurde diese 
Bestimmung wieder beseitigt und der strittige Zu- 
stand wieder eingeführt, jedoch eine Einigung über 
die Teilung der Einkünfte zwischen Fürst und 
Ständen getroffen. Seit dem Akzessionsvertrag mit 
Preußen ist das Domanialvermögen zum Unter- 
halt des Fürsten und seines Hauses bestimmt. 
Auch die Ausgaben für das Konsistorium werden 
vom Domanium bestritten. Der Fürst legt all- 
jährlich dem Landtag und der preußischen Regie- 
rung eine Übersicht des Domanialstammvermögens 
und eine Nachweisung der eingetretenen Verände- 
rungen vor. 
Die Militärkonvention mit Preußen datiert 
vom 6. Aug. 1867 bzw. 24. Nov. 1877. Das 
3. Bataillon des Infanterieregiments von Wit- 
tich (3. kurhessisches) Nr 83 bezieht seinen Ersatz 
zum größten Teil aus den Fürstentümern. Der 
Fürst ist Chef des 3. Bataillons, das in Arolsen steht. 
Orden: Verdienstkreuz mit 4 Klassen, Militär- 
verdiensttreuz für Offiziere (seit 1854) usw.; 
Landesfarben: Schwarz, Rot, Gelb; Wappen: 
2maal geteilt und gespalten; Mittelschild (Waldeck) 
in Gold ein schwarzer Stern, Feld 1 und 9 (Pyr- 
mont) in Silber ein rotes Kreuz, 2 und 8 in 
Silber 3 rote Schildchen (Rappoltstein), 3 und 
7 in Silber 3 schwarze Adlerköpfe (Hoheneck), 4 
in Blau ein silberner Löwe (Tonna), 6 in Silber 
ein roter Löwe (Geroldseck). 
4. Kirche und Schule. Vor der Reforma- 
tion gehörte das Fürstentum Waldeck in kirchlicher 
Waldeck. 
  
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Hinsicht teils zum Erzbistum Köln teils zum Bis- 
tum Paderborn, einige wenige Pfarreien auch zum 
Erzbistum Mainz. In dem Erbland Waldeck 
wurde die lutherische Konfession in den Jahren 
1527/43 von dem Grafen Philipp III. einge- 
führt, der unter dem Einfluß seines Lehnsherrn, 
des Landgrafen Philipp von Hessen stand. Am 
längsten dem alten Glauben treu geblieben (bis 
1543) war die Stadt Korbach. In der westlich 
zu dem waldeckschen Erbland gelegenen kleinen 
Freigrafschaft Düdinghausen war der katholische 
Glaube dank des Schutzes des Kölner Erzbischofs 
erhalten geblieben. Ein Teil dieser viel umstrit- 
tenen Grafschaft, das Kirchspiel Eppe mit Hillers- 
hausen und Nieder-Schleidern kam 1663 infolge 
eines Abkommens mit Kurköln endgültig an 
Waldeck, das damit wieder eine katholische Pfar- 
rei erhielt. Noch heute sind Eppe und Hillers- 
hausen fast ganz, Nieder-Schleidern zur Hälfte 
katholisch. Die kirchliche Jurisdiktion über die 
Pfarrei Eppe behielt der Kölner Erzbischof (De- 
kanat Medebach), sie ging erst 1821 infolge der 
Bulle De salute animarum an den Bischof von 
Paderborn über. Die Pastorierung lag in den 
Händen des Klosters Glinfeld, das 1803 aufge- 
hoben wurde. Die alte Kirche in Eppe war Si- 
multankirche; neue katholische Kirche seit 1870. 
Eine weitere katholische Gemeinde, Arolsen, kam 
im 18. Jahrh. hinzu, als Fürst Friedrich Anton 
Ulrich neben seinem neuen Residenzschloß Arolsen 
eine neue Ansiedlung schuf und den Ansiedlern 
manche Unterstützungen und Privilegien zusicherte. 
Die Pfarrei Arolsen wurde erst im Jahr 1800 ge- 
gründet; sie verdankt ihre Gründung der Anregung 
des Fürsten Friedrich und der Fürsorge des ietzten 
Fürstbischofs von Paderborn, Franz Egon von 
Fürstenberg. Beide vereinbarten, daß das geist- 
liche Benefizium zu Synderich (Synderke) bei 
Borgentreich (Westfalen), worüber dem Fürsten 
von Waldeck das Patronatsrecht zustand, zur Be- 
soldung des künftigen Pfarrers verwendet werden 
sollte. Nach dem Tode des letzten Administrators 
der Kommende Synderich wurde die Pfarrei Arol- 
sen (jedoch nur für die Katholiken der Residenz- 
stadt Arolsen) am 12. Dez. 1824 kanonisch er- 
richtet. Die Pfarrei gehört zum Dekanat Bri- 
lon. Die außerhalb der beiden Pfarreien Eppe 
und Arolsen wohnenden Katholiken blieben dem 
protestantischen Pfarrzwang bis 1861 unterworfen, 
erst durch die Verordnung der fürstlichen Regie- 
rung vom 21. März 1861 wurden die zerstreut 
wohnenden Katholiken der Kreise der Twiste und 
der Eder der Pfarrei Arolsen und die des Kreises 
Eisenberg der Pfarrei Eppe zugeteilt. Eine neue 
Pfarrei, Korbach (bisher Filialgemeinde der 
Pfarrei Eppe), wurde 1911 errichtet. 
Pyrmont war Paderborner Aktivlehen gewesen 
und hatte auch der kirchlichen Jurisdiktion der 
Paderborner Bischöfe unterstanden. Es fiel voll- 
ständig dem Protestantismus anheim. Ende des 
18. Jahrh. wurde während der Badesaison wieder
	        
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