1075
Behörden direlt übergegangen ist. Vor der Ernen-
nung ist die Person dem Fürsten namhaft zu
machen, der, falls er die Anstellung beanstandet,
zwischen zwei andern Personen binnen Monats-
frist die Wahl zu treffen hat. Höhere Kommunal=
verbände sind die vier Kreise; Waldeck besteht aus
den drei Kreisen der Twiste, des Eisenbergs und
der Eder, Pyrmont bildet für sich einen Kreis.
Die Kreisgemeinde wird vom Kreisvorstand (je
sechs von den Gemeinderäten der Ortsgemeinden
indirekt gewählte Abgeordnete) als beschließende
Behörde, vom Kreisamtmann (Kreisrat) als aus-
führende Behörde vertreten. In den Gemeinden
werden Bürgermeister und Beigeordnete vom Ge-
meinderat, dieser von den auf Grund des Steuer-
zensus wahlberechtigten Gemeindemitgliedern nach
dem Dreiklassenwahlsystem gewählt.
Waldeck zählt drei Amtsgerichte (Arolsen, Kor-
bach, Bad Wildungen), die dem preußischen Land-
gericht Kassel und dem Oberlandesgericht Kassel
zugeteilt sind; das Amtsgericht Pyrmont gehört
zum Landgerichtsbezirk Hannover und zum Ober-
landesgerichtsbezirk Celle.
Die Finanzperiode ist dreijährig. Da die
Staatseinnahmen aus Steuern usw. die Höhe der
Ausgaben nicht erreichen, leistet die preußische
Staatskasse den zur Deckung des Defizits nötigen
Zuschuß. Die jährlichen Ausgaben betragen etwa
1.5 Mill. A. Die Landesschuld beträgt (1910):
1.55 Mill. M. Das Domanialvermögen wurde
1849 für Staatsgut erklärt; 1853 wurde diese
Bestimmung wieder beseitigt und der strittige Zu-
stand wieder eingeführt, jedoch eine Einigung über
die Teilung der Einkünfte zwischen Fürst und
Ständen getroffen. Seit dem Akzessionsvertrag mit
Preußen ist das Domanialvermögen zum Unter-
halt des Fürsten und seines Hauses bestimmt.
Auch die Ausgaben für das Konsistorium werden
vom Domanium bestritten. Der Fürst legt all-
jährlich dem Landtag und der preußischen Regie-
rung eine Übersicht des Domanialstammvermögens
und eine Nachweisung der eingetretenen Verände-
rungen vor.
Die Militärkonvention mit Preußen datiert
vom 6. Aug. 1867 bzw. 24. Nov. 1877. Das
3. Bataillon des Infanterieregiments von Wit-
tich (3. kurhessisches) Nr 83 bezieht seinen Ersatz
zum größten Teil aus den Fürstentümern. Der
Fürst ist Chef des 3. Bataillons, das in Arolsen steht.
Orden: Verdienstkreuz mit 4 Klassen, Militär-
verdiensttreuz für Offiziere (seit 1854) usw.;
Landesfarben: Schwarz, Rot, Gelb; Wappen:
2maal geteilt und gespalten; Mittelschild (Waldeck)
in Gold ein schwarzer Stern, Feld 1 und 9 (Pyr-
mont) in Silber ein rotes Kreuz, 2 und 8 in
Silber 3 rote Schildchen (Rappoltstein), 3 und
7 in Silber 3 schwarze Adlerköpfe (Hoheneck), 4
in Blau ein silberner Löwe (Tonna), 6 in Silber
ein roter Löwe (Geroldseck).
4. Kirche und Schule. Vor der Reforma-
tion gehörte das Fürstentum Waldeck in kirchlicher
Waldeck.
1076
Hinsicht teils zum Erzbistum Köln teils zum Bis-
tum Paderborn, einige wenige Pfarreien auch zum
Erzbistum Mainz. In dem Erbland Waldeck
wurde die lutherische Konfession in den Jahren
1527/43 von dem Grafen Philipp III. einge-
führt, der unter dem Einfluß seines Lehnsherrn,
des Landgrafen Philipp von Hessen stand. Am
längsten dem alten Glauben treu geblieben (bis
1543) war die Stadt Korbach. In der westlich
zu dem waldeckschen Erbland gelegenen kleinen
Freigrafschaft Düdinghausen war der katholische
Glaube dank des Schutzes des Kölner Erzbischofs
erhalten geblieben. Ein Teil dieser viel umstrit-
tenen Grafschaft, das Kirchspiel Eppe mit Hillers-
hausen und Nieder-Schleidern kam 1663 infolge
eines Abkommens mit Kurköln endgültig an
Waldeck, das damit wieder eine katholische Pfar-
rei erhielt. Noch heute sind Eppe und Hillers-
hausen fast ganz, Nieder-Schleidern zur Hälfte
katholisch. Die kirchliche Jurisdiktion über die
Pfarrei Eppe behielt der Kölner Erzbischof (De-
kanat Medebach), sie ging erst 1821 infolge der
Bulle De salute animarum an den Bischof von
Paderborn über. Die Pastorierung lag in den
Händen des Klosters Glinfeld, das 1803 aufge-
hoben wurde. Die alte Kirche in Eppe war Si-
multankirche; neue katholische Kirche seit 1870.
Eine weitere katholische Gemeinde, Arolsen, kam
im 18. Jahrh. hinzu, als Fürst Friedrich Anton
Ulrich neben seinem neuen Residenzschloß Arolsen
eine neue Ansiedlung schuf und den Ansiedlern
manche Unterstützungen und Privilegien zusicherte.
Die Pfarrei Arolsen wurde erst im Jahr 1800 ge-
gründet; sie verdankt ihre Gründung der Anregung
des Fürsten Friedrich und der Fürsorge des ietzten
Fürstbischofs von Paderborn, Franz Egon von
Fürstenberg. Beide vereinbarten, daß das geist-
liche Benefizium zu Synderich (Synderke) bei
Borgentreich (Westfalen), worüber dem Fürsten
von Waldeck das Patronatsrecht zustand, zur Be-
soldung des künftigen Pfarrers verwendet werden
sollte. Nach dem Tode des letzten Administrators
der Kommende Synderich wurde die Pfarrei Arol-
sen (jedoch nur für die Katholiken der Residenz-
stadt Arolsen) am 12. Dez. 1824 kanonisch er-
richtet. Die Pfarrei gehört zum Dekanat Bri-
lon. Die außerhalb der beiden Pfarreien Eppe
und Arolsen wohnenden Katholiken blieben dem
protestantischen Pfarrzwang bis 1861 unterworfen,
erst durch die Verordnung der fürstlichen Regie-
rung vom 21. März 1861 wurden die zerstreut
wohnenden Katholiken der Kreise der Twiste und
der Eder der Pfarrei Arolsen und die des Kreises
Eisenberg der Pfarrei Eppe zugeteilt. Eine neue
Pfarrei, Korbach (bisher Filialgemeinde der
Pfarrei Eppe), wurde 1911 errichtet.
Pyrmont war Paderborner Aktivlehen gewesen
und hatte auch der kirchlichen Jurisdiktion der
Paderborner Bischöfe unterstanden. Es fiel voll-
ständig dem Protestantismus anheim. Ende des
18. Jahrh. wurde während der Badesaison wieder