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reform II (1906); Kumpmann, Die W. u. ihre
prinzipielle u. praktische Bedeutung, in 24. Erg.-
Hft zur Zeitschrift für Staatswissenschaften (1907).
Gesetzgebungsmaterial zur W. Die Literatur von
1910 ist zum Teil polemisch u. weniger wissenschaft-
lich, aber ziemlich zahlreich. Eingehendere juri-
stische Durcharbeitungen des Reichszuwachssteuer-
gesetzes bieten die Kommentare von Becher u. Henne-
berg (1911), von Hoeniger (1911) u. von
Zimmermann (1911); für den praktischen Ge-
brauch der kleine Kommentar von Müller-Fulda
(1911), Textausgaben mit Anmerkungen von Cuno,
Fuchs, Jünger, Miller usw. (sämtlich 1911).
(Beusch.]
Wettbewerb, unlauterer. Im all-
gemeinen versteht man unter dieser erst in den
letzten Jahrzehnten geläufig gewordenen Bezeich-
nung die mannigsachen, im geschäftlichen und ge-
werblichen Verkehr zur Anwendung gelangenden
Machenschaften, welche darauf abzielen, durch
Täuschung des Publikums Kundschaft anzulocken
und den Mitbewerber zurückzudrängen. Es fehlte
im Deutschen Reich an gesetzlichen Handhaben zur
Beseitigung der aus dem unlautern Wettbewerb
für den soliden Handel und das redliche Gewerbe
sich ergebenden, immer drückender empfundenen
Mißstände, während in andern Ländern die Recht-
sprechung auf Grund allgemeiner zivilrechtlicher
Grundsätze seit langer Zeit dagegen wirksam vor-
ging.
Am umfassendsten und vollkommensten wurde
der Schutz gegen die Ausschreitungen des Wett-
bewerbs in Frankreich gewährt, und zwar
auf Grund des Art. 1382 des Code civil, wo-
nach „jede Handlung eines Menschen, welcher-
art sie auch sei, die einem andern Schaden ver-
ursachte, denjenigen, durch dessen Verschulden der
Schaden entstanden ist, denselben zu ersetzen ver-
pflichtet“. Ahnliche Bestimmungen des deutschen
Rechts hatten keine Anwendung wider den un-
lautern Wettbewerb gefunden, und auch in den
deutschen Gebieten, in welchen der Code civil
seine Geltung behalten hatte, war der Art. 1382
hinsichtlich der Bekämpfung der concurrence
déloyale ein toter Buchstabe geblieben. Die auch
in Deutschland mit steigender Lebhaftigkeit sich
geltend machende Bewegung wider das Unwesen
in Handel und Gewerbe, welche durch publizistische
Erörterungen in Fluß gebracht und durch Ver-
handlungen in kaufmännischen und gewerblichen
Vereinen, in Fachblättern und politischen Tages-
blättern sowie durch Anregungen im Reichstag
(Antrag des Abg. Roeren bei Beratung des Ge-
setzes zum Schutz der Warenbezeichnungen) unter-
halten wurde, führte zum Erlaß des Gesetzes zur
Bekämpfung des unlautern Wettbewerbs vom
27. Mai 1896.
Dieses Gesetz stellt keine allgemeine Vorschrift
gegen den unlautern Wekttbewerb als solchen auf,
es spezialisiert vielmehr die einzelnen Machen-
schaften des unlautern Wettbewerbs und trifft Be-
stimmungen gegen die einzelnen Erscheinungsfor-
Wettbewerb,
unlauterer. 1116
men desselben. Die Einzelerscheinungen
des unlautern Wettbewerbs, gegen welche das Ge-
setz sich richtet, sind: Ausschreitungen im Reklame-
wesen; Quantitätsverschleierungen; Aufstellung
oder Verbreitung unwahrer, dem Geschäftsbetrieb
oder dem Kredit von Erwerbsgenossen nachteiliger
Behauptungen; auf Täuschung berechnete Be-
nutzung von Namen und Geschäftsbezeichnungen;
Verrat von Geschäfts= und Betriebsgeheimnissen.
Von den Ausschreitungen im Reklamewesen han-
deln die §88 1/4, die praktisch weitaus bedeut-
samsten des Gesetzes. Danach macht sich der
trügerischen Reklame schuldig, wer in öffentlichen
Bekanntmachungen oder Mitteilungen, welche für
einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind,
über geschäftliche Verhältnisse, insbesondere über
die Beschaffenheit, die Herstellungsart oder die
Preisbemessung von Waren oder gewerblichen
Leistungen, über die Art des Bezugs oder die Be-
zugsquelle von Waren, über den Besitz von Aus-
zeichnungen, über den Anlaß oder den Zweck des
Verkaufs unrichtige Angaben tatsächlicher Art
macht, welche geeignet sind, den Anschein eines
besonders günstigen Angebots hervorzurufen (8 1
des Gesetzes). §8 4 bedroht speziell die schwindel-
hafte Reklame, wenn der Urheber oder Verbreiter
der unwahren Angaben die Unrichtigkeit der letz-
teren kannte und die Absicht hatte, durch die An-
gaben den Anschein eines besonders günstigen An-
gebots hervorzurufen.
Die Mittel zur Bekämpfung des unlautern
Wettbewerbs anlangend, gewährt das Gesetz vom
27. Mai 1896 zivilrechtlichen und strafrechtlichen
Schutz gegen die Uberschreitung des Konkurrenz-
rechts. Der zivilrechtliche Schutz besteht in der
Klage auf Unterlassung der unrichtigen Angaben
oder kreditschädigenden Behauptungen und der
mißbräuchlichen Benutzung von Geschäftsbezeich-
nungen (88§ 1, 6 u. 8) sowie in der Schaden-
ersatzklage (§§ 1, 6, 8 u. 9). Zur Sicherung des
Anspruchs auf Unterlassung der unrichtigen An-
gaben tatsächlicher Art (§ 1) kann außerdem der
Erlaß einstweiliger Verfügungen, und zwar mit
der besondern Erleichterung beantragt werden, daß
die Voraussetzungen der §§ 814, 819 der Zivil-
prozeßordnung nicht vorzuliegen brauchen. Gegen
die schwereren Fälle des unlautern Wettbewerbs:
wissentlich auf Täuschung gerichtete unwahre An-
gaben tatsächlicher Art, Quantitätsverschleierun-
gen, wissentlich unwahre betriebs- oder kredit-
schädigende Behauptungen, Verrat von Ge-
schäfts= oder Betriebsgeheimnissen (88 4, 5. 7
u. 10) sind Strafen (Geldstrafen, Haft oder Ge-
fängnis) angedroht. Neben der nach Maßgabe
des Gesetzes verhängten Strafe kann auf Verlangen
des Verletzten auf eine an ihn zu erlegende Buße
erkannt werden; die Geltendmachung eines wei-
teren Entschädigungsanspruchs wird dadurch aus-
geschlossen (§ 14). Eine Einschränkung erleidet
die Anwendung der Strafbestimmungen des Ge-
setzes dadurch, daß nur bei Quantitätsverschleie-