Sechstes Kapitel
Politische Bemühungen während der siegreichen Offensive
(März bis Juli 1918)
Das Gefühl der Unwiderstehlichkeit, das bei Beginn der Schlacht unsere
Truppen begleitete, läßt sich nicht beschreiben. Die jahrelange Erstarrung
der Front löste sich. Der Glaube an Führung und Sieg war nie größer
gewesen, auch im August 1914 nicht.
In der militärischen Stelle des Auswärtigen Amts arbeitete ein junger
Offizier, ein bekannter Schriftsteller, der wegen seiner Kunst des Schil-
derns immer zu den „großen Sachen“ geschickt wurde, um sie zu be-
schreiben. Er war bis zu der Offensive ein begeisterter Anhänger des Ver-
ständigungsfriedens gewesen. Nun kehrte er von der Schlacht im Westen
zurück und stürzte in das Bureau Haeften mit den Worten: „Ach, seien
Sie ruhig! Wer das erlebt hat! . . Lie Weltherrschaft!“"
Der Jubel sprang auf die Heimat über. Ein Gesinnungsgenosse schrieb:
Briey und Longwy seien doch nicht ganz abzuweisen. Der Reichstags-
majorität durfte man nicht von der Friedensresolution sprechen; das
nahm sie übel. Im Interfraktionellen Ausschuß rief der Abgeordnete Fisch=
beck Herrn Haußmann triumphierend zu: „Sehen Sie, die Gasbomben
schaffen es doch!“ Ein Chefredakteur fragte bei der Pressekonferenz Oberst-
leutnant v. Haeften, ob man bei den verschiedenen Etappen des deutschen
Vormarsches Funkenstationen vorgesehen hätte, die den Korrespondenten
für Siegesmeldungen zur Verfügung stehen würden. Die Kundgebungen
aus diesen Tagen kann man nicht ohne Grauen vor der Götter Neide
lesen. Damals aber entsprachen sie der Stimmung des Heeres und der
Heimat.
Am 25. März 1918 erhielt der Generalfeldmarschall v. Hindenburg das
Eiserne Kreuz mit goldenen Strahlen, das bisher nur einmal verliehen
worden war, an Blücher für den Sieg bei Belle-Alliance. — Die Schlacht
selbst erhielt den Namen „Kaiserschlacht“, übrigens gegen den Willen des
Kaisers.
Der Reichstag empfing am 1. April vom Generalfeldmarschall einen
gelinden Backenstreich, den er sich aber gern gefallen ließ:
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