schaffe: „Wenn der Kaiser seine Armee hinter sich hat, soll er um seine
Krone bis aufs Letzte kämpfen. Wenn er sie nicht mehr hinter sich hat, dann
wäre es Wahnsinn. Aber das kann allein vom Kaiser und seinen mili-
tärischen Ratgebern beurteilt werden.“ Ehe wir nach einem Ersag suchten,
telephonierte Wahnschaffe mit den sozialdemokratischen Parteiführern
und erkundigte sich nach den Fristen, zu denen sie sich ihrer Gefolgschaft
gegenüber verpflichtet hatten.
Scheidemann ermutigte uns, die Reise der Herren ins Werk zu setzen,
Ebert aber schien seiner Sache unbedingt sicher zu sein, als er sagte:
„Die Abordnung wird in Spa erst eintreffen, nachdem die Würfel
schon gefallen sind. Die Entscheidung des Kaisers könne nur wirken,
wenn sie bis morgen früh um 9 AUhr da wäre, das sei der allerspäteste
Termin.“
Noch deutlicher hatte er sich am selben Abend einem hohen Beamten
gegenüber ausgesprochen, den er in der Wilhelmstraße traf:
Der Parteivorstand hat die DParole ausgegeben: Wenn morgen
früh in den Zeitungen die Abdankung steht, dann sollten die Arbeiter
in den Betrieben bleiben und weiterarbeiten. Andernfalls sollten sie
auf die Straße gehen und auf den verabredeten HPlätzen große Demon-
strationen veranstalten.
Eberts Auskunft ist noch in der Nacht telephonisch nach Spa mit-
geteilt worden.
Die Reise der Minister unterblieb.)
1 Staatssekretär Solf telegraphierte an den Kaiser:
" „Berlin, den 8. November 1918.
Euerer Majestät unterbreite ich alleruntertänigst, daß die Teilnahme der Mehrheit
der Sozialisten die unerläßliche Boraussetzung für die Fortsetzung des Friedens-
werkes ist. Die Sozialisten scheiden bei der Nichtberücksichtigung ihres Altimatums
sofort aus der Regierung aus. Dann bleibt nur die Militärdiktatur. Jedenfalls hört
die Regierung auf, für die Entente verhandlungsfähig zu sein. Unter solchen Um-
ständen werden die Feindseligkeiten durch die Entente fortgesect werden.
Eine Einflußnahme auf die Sozialisten zur Zurücknahme ihres Entschlusses ist
vergeblich versucht und schlechterdings unmöglich. Die Mehrhbeit der Sozialisten kön-
nen und wollen den Unabhängigen und der Spartakusgruppe die Alleinherrschaft
über die Massen nicht lassen.
Von Euerer Majestät sofortigem Entschluß hängt es einzig und allein ab, ob der
Bürgerkrieg zu vermeiden ist. Ich bitte daher Euere Majestät in aller Ehrfurcht,
durch das höchste Opfer dem Reich den Frieden zu bringen, der allein es retten kann."“
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