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treten lassen“, ') ohne daß hierzu eine besondere kaiserliche
oder bundedratliche Genehmigung erforderlich wäre, da er
kraft eigenen, versassungsmäßigen, nicht etwa kraft kaiserlichen
Rechtes substitniert. So hat er diese Befugnis zu jedersZeit,
auch wenn er selbst der betr. Sitzung beiwohnen sollte, und
er braucht sein Verhalten nicht zu begründen. Auch ist er an
die Einhaltung einer bestimmten Reihenfolge oder Rangordnung
nicht gebunden. Er mus; sich jedoch nach der auedrücklichen
Beostimmung der Reichsverfassung durch ein Mitglied des Bun-
dedrates vertreten lassen, über dessen Kreis er nicht hinaus-
gehen darf.1) Das vertretende Mitglied des Bundesrates
hat dieselbe rechtliche Stellung wic der Reichskanzler.
1. Durch das Stellvertretungsgesetz vom 17. März 187
N. G. Bl. S. 71) ist die Stellvertretung des Reichskanzler
allgemein geordnet worden, während dies durch Art. 15 Absf.
Reichsverf. nur hinsichtlich seiner Stellung als Bundesrats-
vorsitzender der Fall war. Zwar konnte der Reichskanzler sich
auch früher schon als Reichsminister durch andere vertreten
lassen, blieb aber selbst staatsrechtlich verantwortlich. 15) Dies
war nicht dadurch aufgehoben, daß er die Erledigung seiner
Geschäfte andren anvertraute, wenn diese ihm auch selbst ver-
antwortlich waren, so blieb er doch dem Kaiser, Bundesrat
1[I 20 C0
41) Art. 15, Abs. 2 Reichsverfassung.
12) So kann der Reichskanzler auch einen gemäß § 1 Geschäftsordn.
ernannten stellvertretenden Bevollmächtigten nicht substituieren, da ein
solcher, wie später noch ersichtlich sein wird, als Mitglied des Bundesrats
im verfassungsrechtlichen Sinne nicht anzusehen ist-
43) Es ist die Ansicht vertreten worden, daß zwischen der Rechtsstel-
lung des Substitutionsvorsitzenden gemäß Art. 15, Abs. 2 und des Gencral-
stellvertreters in seiner Eigenschaft als Bundesratsvorsitzender ein Unter-
schied insofern bestehe, als ersterer nicht, letzterer dagegen die Befugnis
habe, eine weitere Substitution gemäß Art. 15, Abs. 2 vorzunehmen. Diese
Unterscheidung ist berechtigt, weil der Vizekanzler in jeder Hinsicht, also
auch in seinem Substitutionsrecht, den Reichskanzler vertritt, während dies
von dem anderen Stellvertreter nicht gesagt werden kann. (Derselben
Meinung Hensel a. a. O, S. 59; Vogels, S. 29 f.
44) Vgl. hierzu die Reichstagssitzungen vom 5., 8., 9. und 11. März
1878, Sten. Ber., S. 321 f., 373 f., 401 f., 431 f.
45) Laband in Marquardsens Handbuch des öff. Rechts II, S. 57;
Rosenberg, S. 35 f.
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