Full text: Der Geschäftsgang im Bundesrat.

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von Ministerverantwortlichkeit, dessen sich die gesamten Bundes- 
staaten erfreuen, nichts geändert wird, indem jede Regierung 
eines Einzelstaates verantwortlich bleibt für die Art, wie ihre 
Stimme im Bundesrate abgegeben wird.“) Ferner sagt er 
in der bereits zitierten Rede am 19. April 1871: „Es ist das 
Votum der sächsischen Krone, modifiziert durch die Einflüsse 
der sächsischen Landesvertretung, vor welcher das sächsische 
Ministerium für die Vota, welche es im Bundesrate abgeben 
läßt, verantwortlich ist."“ 
Inhalt und Umfang der Verantwortlichkeit der Einzel- 
staatsminister richtet sich nach dem Recht ihrer Staaten. So 
ist nach den verfassungsrechtlichen Bestimmungen über die 
Ministerverantwortlichkeit eines jeden Einzelstaates auch die 
Frage zu beantworten, ob neben einer politischen, auch eine 
rechtliche Verantwortlichkeit der Regierung bestehe.) Zweifel- 
los existiert für alle Staaten eine parlamentarische Verantwort- 
lichkeit; ') denn die Einzellandtage haben das Recht, über das 
Verhalten der Staatsregierung im Bundesrate in Vergangen- 
heit und Zukunft Beratungen und Kritiken anzustellen, dieser- 
halb zu interpellieren und ev. ihr Mißtrauen über die Stellung- 
nahme der Regierung auszusprechen..) Dieses Kontrollrecht 
35) Vgl. dazu die Außerungen der Abg. v. Bennigsen und v. Sybel. 
in derselben Sitzung, Sten. Ber., S. 397—399. Abg. Lasker vertrat am 
28. September 1867 im Reichstag des Nordd. Bundes, Sten. Ber., S. 134, 
die Meinung, daß die Minister der Einzelstaaten für die Instruierung der 
Bundesratsbevollmächtigten zwar nicht betr. Akte der Gesetzgebung, aber 
solche der Exekutive verantwortlich seien. 
36) Eine Ministerialverantwortlichkeit bezüglich der Instruierung der 
Bundesratsbevollmächtigten wird von einigen Schriftstellern bestitten. (So 
Thudichum, Verf.-Recht, S. 116, in Hirths Annalen 1885, S. 645; Held, 
S. 163), andere (so Riedel, S. 26; v. Rönne, Staatsr. I, S. 202 f.; Hänel, 
Stud. I, S. 221; Meyer, Lehrb., § 186) verneinen eine juristische, bejahen 
aber eine parlamentarische oder politische Verantwortlichkeit. 
Im allgemeinen herrscht aber die oben vertretene Ansicht in der staats- 
rechtlichen Literatur. (Vgl. z. B. v. Mohl, S. 277; Grotefend, § 754; 
Hiersemenzel II., S. 293 f.; Schulze, Preußisches Staatsr. II, S. 798; 
v. Sarwey II, S. 82 f.; Pistorius, S. 195 f.; Dambitsch, S. 244; Laband, 
Staatsr. I, S. 100 f. 
37) v. Mohl, S. 277; Pistorius, S. 197. 
38) „Die Landtage sind“, so sagte Bismarck, „immer befugt, das 
Auftreten ihrer Minister inbezug auf die Reichspolitik vor ihr Forum zu 
 
	        
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