Full text: Der Geschäftsgang im Bundesrat.

— 57 — 
So sind die genannten Personen gemäß § 18 Abs. 2 
VG. (Vgl. auch Motive zum GVG. 35) von der preußischen 
Gerichtsbarkeit befreit."') Sie haben sowohl für streitige als 
auch für freiwillige Gerichtsbarkeit einen besonderen Gerichts- 
stand. Dieser besteht als allgemeiner, falls sie Deutsche sind, 
an dem Wohnsitz ihres Heimatsstaates, fehlt ein solcher, so 
tritt die dortige Hauptstadt an seine Stelle. 6 
Falls die Mitglieder des Bundesrates sich an dessen Sitze 
aufhalten, werden sie hier im gerichtlichen Verfahren als Zeugen 
oder Sachverständige vernommen.ös) Ausnahmen hiervon sind 
nur mit Genehmigung eihrer Auftraggeber (nicht ihrer selbst) 
gestattet. 69) 
Als Mitglieder einer gesetzgebenden Versammlung 70) können 
die Bevollmächtigten das Amt eines Schöffen, Geschworenen 
und Seeamtsbeisitzers ablehnen. ) 
Ferner kann bei ihnen ein Offenbarungseid nicht durch 
Haft erzwungen werden,?) außer wenn der Bundesrat dies 
genehmigt. Auch falls dies geschehen, muß eine Unterbrechung 
. 
- 
  
66) Eine Beschränkung auf die Zeit ihrer Anwesenheit in Berlin hat 
nicht stattgefunden. 
67) § 11 Str. Pr. O.; § 15 Z. Pr. O.; § 3 Fr. G. G. Eine Ausnahme 
bilden die dinglichen Klagen. Hier herrscht der Gerichtsstand der belegenen 
Sache. 8 20 GVG. 
68) Auch für sie besteht in dieser Hinsicht eine Rechtspflicht, sodaß sie 
zur Verweigerung des Zeugnisses nicht berechtigt sind. Dasselbe ist hin— 
sichtlich der Sachverständigenpflicht zu sagen. A. A. Vogels, S. 49. 
69) § 382, 402 Z. Pr. O.; § 49, 72 Str. Pr. O.; § 15 F. G. G.; 
§ 207 f. Mil. Str. G. O.; § 26 Ges. betr. Gewerbegerichte; 55 Ges. betr. 
Kaufmannsgerichte. — Die Verpflichtung, an der Gerichtsstelle zu erscheinen, 
wird dadurch nicht berührt. 
70) Unzweifelhaft ist der Bundesrat zwar kein Parlament, aber den 
gesetzgebenden Versammlungen zuzuzählen. Sagt doch Art. 5, Abs. 1 Reichs- 
verfassung, daß die Reichsgesetzgebung durch Bundesrat und Reichstag aus- 
geübt werde. Vgl. dazu die Außerung Bismarcks in seiner Rede vom 
19. April 1871: „Ich weiß nicht, was die Herren bewegt, den Bundesrat 
in den gesetzgebenden Faktoren nicht mitzuzählen.“ A. A. Binding und 
v. Liszt, Lehrb. d. Strafr. II, S. 817 f. bezw. S. 553. . 
71) § 35, 85 GVG.; Ges. betr. die Untersuchung von Seeunfällen 
vom 27. Juli 1877, § 10. — Vgl. dazu Entscheid. des Reichsgerichts vom 
14. Dez. 1882; Entsch. in Strff. VII, S. 382 f. 
72 8 004 Z. Pr. O.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.