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unter Anschluß an das Gardekorps bei Thuizy. Die vierte
Armee sollte die Linie Suippes —St.-Mönchould befestigen.
Die neue Stellung der dritten Armee entsprach bei einer
Auodehnung von 25 Kilometern mehr der geringen Stärke
der dritten Armee als die ursprünglich geplante 40 Kilo-
meter lange Front Thuizy—Francheville.
Die durch die veränderten Anordnungen der Obersten
Heereoleitung hervorgerufenen Störungen, das Einstellen
des bereits begonnenen Stellungsbaus, das Abbrechen der
kaum bezogenen Biwaks und die Weiterleitung des Heeres-
trosses mußten in Kauf genommen werden, um im Rahmen
des Großen und Ganzen zu bleiben.
4,15 Uhr nachmittags erging vom Oberkommando der
zum Ausbau der Stellung erforderliche Armeebefehl mit
dem Hinzufügen, daß die dazu nötigen Abmarschbewegungen
sofort einzuleiten seien.
Der Feind war über die Marne nicht gefolgt. Nach dem
französischen Bericht zog General Foch am 11. September
in Chälons ein. Sein linker Flügel erreichte Epernay. Der
linke Flügel der französischen vierten Armee „Zwang durch
Flankenbedrohung auch die deutsche vierte Armee zum Ab-
marsch nach Norden“.
XlI. Reservekorps,
Xll. und XIX. Armeekorps
Das XII. Reservekorps überschritt am 11. September un-
angefochten bei Condé und Vraux die Marne und sprengte
hinter sich alle Brücken über Fluß und Kanal.
Das XII. Armeekorps überschritt östlich davon die Marne,
ohne vom Feind gedrängt zu werden. Der Gegenstoß vom
Tage zuvor wirkte noch nach.
Das XIX. Armeekorps trat erst am 11. September noch
vor Tagesanbruch den Rückmarsch vom Schlachtfelde an,
völlig unbelästigt vom Feinde. Der Tag begann trüb. Am
Nachmittag setzte Regen ein. Die einzige Marschstraße des
Korps war von Truppen der Nachbararmee mitbenutzt
worden. Die Verpflegung stockte. Die für die Mannschaft
nicht verständliche Rückwärtsbewegung belastete das Gemüt.
Aber jeder Mann zog stolz dahin. „An uns hat es nicht
gelegen! Wir haben voll unseren Mann gestellt und sind
bereit, es heute und stets wieder zu beweisen.“
Und sie haben es redlich getan, in Sturm und Abwehr,
bis zum bitteren Ende nach vier Heldenjahren. —
Nördlich der Marne gestalteten sich die Bewegungen der
drei sächsischen Armeekorps schwieriger. Die Truppen waren
über die veränderten Maßnahmen der Heereoleitung in
Unkenntnis.
Als sie am 11. September die ihnen vorgeschriebenen
Stellungen erreicht und deren Ausbau mit Feuereifer be-
gonnen hatten, traf 6 Uhr abends der abändernde Armee-
befehl ein. Wie es hieß, war die zweite Armee auo Gelände-
rücksichten weiter zurückgegangen. So mußte auch die dritte
Armee bis in die Höhe der rechten Nachbararmee zurück-
genommen werden.
In dunkler, regnerischer Nacht wurde der Abmarsch an-
getreten. Die Mannschaften waren an der Grenze der Lei-
siungsfähigkeit. Die Bewegung der Munitionskolonnen und
Trains, welche, zum Teil auf engem Naume vereinigt,
in eine neue Marschrichtung gelenkt werden mußten, ge-
staltete sich besonders schwierig. Trotzdem vollzogen sich
die Märsche dieser Nacht dank des tatkräftigen Zusammen=
wirkens aller Befehlsstellen und der über alles Lob er-
habenen Leistungen der Truppe ohne wesentliche Reibungen.
Die Schwierigkeiten des nächtlichen Rückmarsches würden
noch wesentlich gesteigert worden sein, wenn der Feind ge-
wagt hätte, nachzudrängen.
Die Lage bei den übrigen deutschen Armeen
Die erste und zweite Armee
Die erste und zweite Armee hatten sich mit großem
taktischen Geschick bereits tags zuvor vom Gegner abgesetzt
und verbrachten den 11. September mit der Neuordnung
ihrer Kampfkraft.
Die vierte und fünfte Armee
Bei der vierten Armee gelang die Loslösung vom Feinde
am 11. September auf der ganzen Front. Der Gegner
bedrängte nicht einmal die Nachhuten, die zunächst stehen
blieben. Nur hinter dem VIII. Armeekorps trat der Feind
am Nachmittag den Vormarsch auf Vitry-le-Francois an.
Bei der fünften Armee traf 1 Uhr vormittago die Mit-
teilung der vierten Armee ein, daß sie vormittags in die
befohlene Linie nördlich des Kanals zurückgehen werde.
Der 11. September zeitigte bei der fünften Armee den
folgenschweren Entschluß darüber, bis zu welcher Haupt-
widerstandslinie die fünfte Armee, die bisher den Drehpunkt
des deutschen Einfallheeres gebildet hatte, zurückzuführen sei.
Am Nachmittag traf Oberst von Dommes von der
Obersten Heeresleitung ein, um in Vereinbarung mit dem
Oberkommando der fünften Armee die Linie festzulegen,
in der sich die fünfte Armee sicher halten könne. Er schlug
den Südrand der Argonnen vor. Das Oberkommando der
fünften Armee sprach sich dagegen für die Linie aus, welche
die überhöhende, schwer anzugreifende Stellung Apremont—
Baulny—Montfaucon bezeichnet, die destimmt zu halten
sei und sicheren Anschluß an die Sperrung des Geländes
östlich der Maas durch das V. Reservekorps gebe.
Das Oberkommando der fünften Armee begründete das
wie folgt: „Jetzt, wo sechste und siebente Armee keinen Er-
folg gehabt haben, ist es dem Feinde unbenommen, Kräste
nach Norden zu schieben. Damit ist das V. Korps für das
Unternehmen gegen die Sperrforts zu schützen. Es steht
dem Gegner frei, mit starken Kräften durch den Festungs-
bereich von Verdun hindurch östlich oder westlich der Maas
nach Norden oder von Verdun aus nach Westen anzugreifen.
Die fünfte Armee bildet nach wie vor den Drehpunkt für
das ganze Westheer. Gelingt es dem Gegner, sie zu durch-
stoßen, so ist die Lage für das Westheer, mehr oder minder
von seinen Verbindungen über die Maas abgeschnitten,
verzweifelt. Es ist daher notwendig, das ganze V. Reserve-
korps# wieder auf dem rechten Maaaufer zu vereinigen.
Mit den vier übrigen Korps aber, wie vorgeschlagen, sogar
noch den Südrand des Argonnenwaldes oder mit dem
Südflügel die Linie St.-Ménehould—Clermont zu halten,
ist bei einer Frontausdehnung von 65 bzw. 48 km und
zum großen Teil im Bereich der Festungsgeschütze von
Verdun unmöglich, ganz abgesehen von den im Westteil
des Geländes für die rückwärtigen Verbindungen entstehen-
den Schwierigkeiten.
Erschwerend kommt bei dieser Auffassung der Lage hinzu,
daß die Gefechtsstärke der Korps an Infanterie nur noch
10 000 Mann (XVIII. Armeekorps 16 000 Mann) beträgt
und für die nächste Zeit Mangel an Artilleriemunition
bevorsteht.
Die Verantwortung für das Westheer zwingt die fünfte
Armee zu vorsichtigster Wahl. Deshalb ist es auch nicht
angezeigt, die Linie Boureuillec—Vauquois halten zu wollen,
weil dieses Gelände östlich von dem Hessewald, der dem
Gegner in Verdun wohl vertraut ist, und westlich von dem
Argonnerwald flankiert wird.“
Selbstverständlich sollte das Zurückgehen allmählich er-
folgen. Die fünfte Armee führte die Bewegung auch in
vollendeter Beherrschung der Lage durch und erreichte bis
15. September die neue Stellung. Von dort ging sie sofort
mit dem rechten Flügel zu einem Gegenstoß vor, um dem