„Erste Armee stand am 9. September in besonders auf
rechtem Flügel günstig fortschreitender Schlacht gegen die
aus Paris und südöstlich ausfallenden, stark überlegenen
französischen und englischen Kräfte in Linie östlich Nan-
teuil—östlich Meaux. Ihr linker Flügel an der Marne
wurde gesichert durch eine gemischte Brigade und das
Heereskavalleriekorps 2.
Zweite Armee hatte ihren rechten Flügel bei Montmirail
auf Fontenelle zurückgebogen und sicherte sich am Dollan-
abschnitt (nordwestlich Fontenelle) durch Heereskavallerie=
korps 1. Gegen Mittag des 9. September stießen starke
englische Kräfte gegen die Marne in die Lücke zwischen
erster und zweiter Armee vor. Die linke Flügelschutzbrigade
der ersten Armee griff im Verein mit Heereskavallerie=
korps 2 und der s. Infanteriedivision den vordringenden
Feind an und ermöglichte dadurch der ersten Armce, ihren
stark gefährdeten linken Flügel in Richtung Coulombo
zurückzubiegen. Durch diesen Vorsioß wurde auch die zweite
Armee gezwungen, trotz gut fortschreitendem Angriff des
durch die halbe dritte Armee verstärbten linken Flügels den
rechten Flügel zurückzunehmen. Die Armee steht heute mit
starken Nachhuten in Linie Dormans—Aoize —Pocancy.
Die erste Armee trat nach Zurückwerfen des feindlichen
linken Flügels auf Nanteuil den Rückmarsch an und erreichte
am 9. September abends ungedrängt vom Feinde die Linie
Crépy-en-Valois—La-Ferté-Mitlon —Neuilly-St.-Frort.
Dritte Armee entlastete mit westlicher Gruppe die zweite
Armee wesentlich, drang gut vor und erbeutete 50 Geschütze
und machte mehrere tausend Mann zu Gefangenen. Die
östliche Gruppe unterstützte den angrä der vierten Armee
südwestlich Vitry-le-Frangois.
Vierte und fünfte Armee griffen heute früh aus bLinie
Vitry-le-Francois—Revigny—Ippécourt erneut an. Uber
Fortschritt im Angriff der fünften Armee liegt bereito Mel-
dung vor. Das V. Armeekorps steht südlich Verdun im
Kampf um die Sperrbefestigungen Troyon und Les Paro-
ches. Ein Aufall aus Toul gegen diese Unternehmung
wurde von der 10. Infanteriedivision gestern bei Chaillon
abgewiesen. Der Angriff wird heute fortgesetzt.
Sechste Armee hält vor der Linie Nancy—Epinal. Die
zu anderer Verwendung bestimmten Armeekorps dieser Ar-
mee und die 7. Kavalleriedioision sind ohne Störung aus
der Frontlinie herausgezogen.
Das Oberkommando der siebenten Armee ist in Brüssel
eingetroffen, hat den Oberbefehl übernommen und die zur
Zeit verfügbaren Armeekorps nach Süden in Marsch gesetzt.
Osten
In Ostpreußen ist gegen die russische erste Armee die
Schlacht auf der ganzen Linie seit 9. September im Gange.
Stärkere Kräfte zeigten sich in Gegend Lyock, wo Teile
der deutschen achten Armee die Sicherung der rechten Armee-
flanke übernommen haben.
Die Operationen der österreichisch-ungarischen ersten Ar-
mee gegen die russische vierte Armee führten südlich Lublin
nicht zum Erfolge. Die Armee stieß auf bedeutend über-
legene Kräfte und trat Rückmarsch hinter den San-
abschnitt an.
Die österreichisch-ungarische vierte Armee hält in Gegend
Nawaruska ihre Stellungen.
Die Schlacht der österreichisch-ungarischen Hauptkräfte
(dritte, zweite Armee, verstärkt durch Teile der vierten Ar-
mee) ist bei Lemberg in vollem Gange, der österreichisch-
ungarische Angriff schreitet langsam vorwärto.“
So stellt also das Urteil der Obersten Heeresleitung
über die Kriegslage unmittelbar nach der Schlacht den gün-
stigen Kampfverlauf bei der dritten Armee fe. Um so em-
pörender ist das Gerücht vom Versagen der Sachsen in der
Marneschlacht, das kurz nachher bei Heer und Heimat auf-
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tauchte und allmählich infolge der Unmöglichkeit, ihm wäh-
rend des Kriegeo entgegenzutreten, sich zur Legende auoge-
wachsen hat. Deren Bekämpfung im Dienste der Wahrheit
dient lediglich meine Schrift. Sie bezweckt die Ehrenrettung
der sächsischen Armee, die im ganzen Kriegsverlauf genau
so ruhmvoll ihre Pflicht getan hat wie jeder andere deutsche
Volksstamm. Meine Schrift gründet sich ausschließlich auf
das amtliche Material der Kriegstagebücher und deren Bei-
lagen, ist von mir im Felde bereits lg5 bearbeitet und
zu einer Zeit, wo die Erinnerung bei allen Teilnehmern
an der Marneschlacht noch frisch war, den Stäben und
Truppen unterbreitet und von ihnen gebülligt worden. Auch
nachher hat die Schrift nochmals allen Münnern, die 1914
an der Spitze der Armee, der Armeekorps und an beson-
dero wichtiger Stelle gestanden haben, vorgelegen. Ich be-
merke, daß die von mir bearbeiteten Kriegstagebücher sämt-
lich genau, übereinstimmend, erschöpfend und veritändnis-
voll geführt und daher wohl geeignet sind, einer beweis-
kräftigen Darstellung zugrunde gelegt werden.
Am 16. September gab die Obersie Heeresleitung be-
kannt, daß Generalleutnant von Fa.kenhayn erforderlichen-
falls den Generalobersten von Moetke ve#rereten werde. Tat-
sächlich mußte dieser bald darauf der schweren Erkrankung,
die er mit außerster Willenskraft biöher bekämpft hatte,
und die im Jahre 1916 den hochverdienten ersten General=
stabschef des deutschen Feldheeres in Deutschlands Schick-
salskampf dahinraffte, nachgeben.
Der Wille seines treuverehrten Kaisers hatte den vor-
nehmen Mann, aber nicht übernormal mit Feldherrngaben
begnadeten Soldaten wohl als Träger des in der Armee
gefeiertsten Namens an den Platz gestellt, der dem Tüch-
tigsten gehörte.
Nach Rücktritt des Grafen von Schlieffen hatte man in
weiten Armeekreisen die Wahl Hindenburgs zum General-
stabschef erhofft. Auch der Generaloberst von Bülow, der
Oberbefehlshaber der zweiten Armee, soll vor dem Kriege
dazu ausgersehen gewesen sein. Das erklärt vielleicht den
überragenden Einfluß, den dieser im Marnefeldzug — nicht
zum Segen des Ganzen — gewann. — —
Wir haben die dritte Armee am 11. September verlassen,
nachdem sie ihre volle Loolösung von dem besiegten Gegner
glatt durchgeführt hatte.
Gefechtsstärken und Verluste
Seite 122 und 123 folgen die Gesecbhtsstärken und
Verluste der drei sächsischen Armeekorps. Die Gefechts-
stärken der Infanterie betrugen bei Beginn der
Schlacht beim
XII. A.vK. (einsch“. d. Jäg.-Bat.12 . 15)/o 10452 M.
XI
Kdll. mK.c „ N. s. Jäg.-Bat. 12# 1 2, ,
(h»c»N.-Nto7isin:s)
Das ergibt Durchschnittsstärken der einzelnen Bataillone
beim
XII-A.-K. s 750 M., al sov- be Abarg Offz 250 M.
XIX. „ 17 , 0
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XIIN. K. 21 830 7“ “. 7“7. 77 1 “. 170 7“
Tatsächlich haben aber je Bataillon durchschnittlich —
hoch gegriffen — kaum 12 Offi#ere und 300 Mann
an der Schlacht teilgenommen. ODas schnelle Anwachsen
des zu besetzenden Gebiets und die Sicherung der rückwär-
tigen Verbindungen zwangen zu tiglich wachsenden Abgaben
aus der Front, welche bei den gemeldeten Gefechtsstärken
nicht in Abrechnung gestellt sind.
Nach meinen Festitellungen bei den sächsischen Korps
im Felde lols haben diejenigen Bataillone, die vor der
Marneschlacht bereits große Gefechtoverluste erlitten hatten,
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