126
erhöhte Bedeutung gewonnen habe, waren größere Rast-
pausen unterblieben. Mit eiserner Willenskraft überwand
die Truppe alle Schwierigkeiten. Der Erfolg war, daß
das Korps zurecht kam zu den bedeutungsvollen Kämpfen,
die sich in den nächsten Tagen auf dem rechten Flügel
der zweiten Armee abspielten.
Dort waren bei dem großen Angriff Joffres auf die
deutsche Aisnefront die französisch-englische Heeresreiterei
und das französische XVIII. Armeekorps, um mehrere
Reservedivisionen verstärkt, unter dem energischen General
Maudhuy in die Lücke zwischen der ersten und zweiten
Armee am Damenweg bei Craonne und östlich davon ein-
gedrungen. Zunächst war deutscherseits nur die Garde-
kavalleriedivision verfügbar.
Kurz entschlossen hatte die deutsche Heeresleitung die
siebente Armee, welche zunächst dazu bestimmt war, von
St. Quentin aus in die linke Flanke des französischen
Heeres vorzustoßen, in die bedrohte Lücke südöstlich von
Laon geworfen. Dem Oberbefehlshaber der siebenten
Armee, dem Generaloberst v. Heeringen, der von St.
Quentin am 13. September nach Laon geeilt war, standen
zunächst nur die im Anmarsch bezw. Antransport be-
griffenen Korps, VII. Reserrekorps und XV. Armeekorps
zur Verfügung.
Die erste Last des feindlichen Ansturms trug das
preußische VII. Reservekorps am Damenweg bei Craonne.
Es war von Maubeuge, das es eben bezwungen hatte,
seit 12. September mit Aufbietung des letzten Hauches
von Mann und Roß herbeigeeilt, hatte am 13. September
gegen sechsfache Ubermacht zwischen Courtecon und Craonne
standgehalten und war am Nachmittag des 14. September
durch das XV. Armeekorps an der Ailette aufgenommen
worden. Das XV. Armeekorps war bereits am 6. Sep-
tember aus Lothringen an den deutschen Westflügel heran-
gerufen worden. Es erreichte am 12. September nach
langer Bahnfahrt durch Rheinland und Belgien la Fere
und Cambrai (Skizze 4). Von dort aus eilte es in Gewalt-
märschen bis in die Gegend von Craonne und wehrte von da
ab vereint mit dem VII. Reservekorps die wuchtigen An-
griffe ab, welche der französische General Maudhuy mit
dem XVIII. Armeekorps und mehreren Reservedivisionen
am Damenwege bei Craonne ausführte. Die Gefahr eines
Durchbruchs bei Juvincourt mit ihren unübersehbaren Folgen
für die ganze deutsche Abwehrfront wurde dann am 15. Sep-
tember durch das Eingreifen des XII. Armeekorps be-
wältigt. Darin liegt der bedeutende strategische Erfolg des
Sachsensiegs bei Juvincourt.
Die Schlacht von Juvincourt. 15.—17. September
1914
Vor dem XII. Armeekorps war bereits die bisherige
Armeereserve der zweiten Armee, die Abteilung des General-
leutnants Steinmetz, 6 Bataillone und 6 Batterien, am
14. September über die Aione bei Neufchätel gegangen.
Ihr gegenüber hatte der Feind La Ville-aux-Bois, ferner
gegenüber dem deutschen XV. Armeekorpo, welches den
linken Flügel der siebenten Armee bildete, Corbeny—Craonne
im Vormarsch erreicht.
Das XII. Armeekorps sollte im Verein mit der Ab-
teilung Steinmetz den Feind über die Aisne zurückwerfen
und die Ubergänge bei Pontavert und bei Berry-au-Bac
sperren.
Vom XII. Armeekorps waren 3 Bataillone (II./100,
II. und III./102) mit zwei Maschinengewehrkompagnien
am 15. September früh zur Unterstützung des rechten
Armeeflügels der zweiten Armee (14. Infanteriedioision)
abgezweigt worden. Die 14. Infanteriedivision war gegen
den Bahndamm im Raume Agutlcourt—Loivre von den
Franzosen zurückgedrückt worden.
Die 23. Infanteriedivision rückte zunächst bis Prouvais
vor und erhielt 7,45 Uhr vormittags Befehl, sich in den
Besitz der Höhen südwestlich von Juvincourt zu setzen.
Die 32. Infanteriedivision folgte zunächst bis Prouvais
und griff mit ihrer Artillerie in das Gefecht ein.
11,30 Uhr vormittags stand das deutsche XV. Armeekorps
mit seinem linken Flügel im Angriffsgefecht zwischen Cor-
bény und Craonne, die Abteilung Steinmetz auf der Höhe
bei Mauchamp-Ferme. Letztere zog feindliche Kräfte von
Pontavert her auf sich und flankierte wirksam den Gegner,
welcher die 14. Infanteriedivision jenseits der Aione bei
Sapigneul angriff.
Die 23. Infanteriedivision nahm mit ihrer Vorhut als-
bald die Höhe südwestlich von Juvincourk und entweckelte
sich zum Angriff gegen den Wald südöstlich von La Ville-
aux-Bois, rechts die 46. Infanteriebrigade, links die
45. Infanteriebrigade.
Die 32. Infanteriedivision, welche zurzeit an Infanterie-
truppen nur über die 64. Infanteriebrigade und 1 Bataillon
Infanterieregiments 102 verfügte, folgte zunächst rechts
rückwärts gestaffelt und trat später auf Befehl des General-
kommandos rechts von der 23. Infanteriedivision ins Ge-
fecht. Ein Infanterieregiment und eine Abteilung Feld-
artillerie dieser Division bildeten die Korporeserve.
ie 32. Infanterledivision entwickelte sich im Miette-
grund und trat dann aus der Linie Damary-Ferme —Juvin=
court zum Angriff an.
In sireng schulmäßiger Ordnung wurde der Angriff vor-
getragen. Die Schützenlinie, wirksam von unserem Artillerie=
feuer unterstützt, gewann langsam aber beständig an Boden.
4 Uhr nachmittags war die große Straße rechts und links
von La Musette-Maison genommen.
Der Gegner — mit Sicherheit waren die Linienregimenter
18 und 144 des XVIII. Armeekorps festgestellt — wich nach
Westen zurück, hielt sich aber in La Ville-aux-Bois und in
den Waldstücken südöstlich davon. Unsere vorderste Linie
setzte sich am Straßendamm fesi, nach rechts bis 1 Kilometer
nördlich La Musette, nach links bis in den Miettegrund.
Auo der Richtung von Craonne und von den Höhen
südlich der Aisne schlug heftiges Artilleriefeuer herüber
und flankierte das weitere Angriffsfeld.
Kurz nach Mittag traf zur Unterstützung des XII. Armee-
korpo von der Garde-Kavalleriedivision, welche die rechte
Flanke der zweiten Armee deckte, das Garde-Jägerbataillon
und die reitende Abteilung ein. Sie traten zunächst in
Reserve. Der 32. Infanteriedivision wurden dafür 2 Batail-
lone der Korporeserve zur Verfügung gestellt. Der Angriff
in Richtung auf Pontavert wurde fortgesetzt.
Auf den Flügeln, rechts bei der 32. Infanteriedivision,
links bei der 23. Infanteriedivision, kam das Vorgehen
über den Straßendamm zunächst nicht vorwärts. Aus der
Mitte der Gefechtslinie arbeitete sich Infanteri#regiment 178,
dabei die Radfahrerkompagnie Jäger 11, unter dem Schutze
des Waldgeländes an La Ville-aurx-Bois heran. 7 Uhr
abends wurde das Dorf im Sturme genommen. Auch dem
Schützenregiment 1os war es inzwischen gelungen, sich in
dem außerordentlich dichten Unterholz vorzuarbeiten. Das
Regiment kam gerabe zurecht, um eine erneut aufgetretene
starke feindliche Kolonne, welche das Infanterieregiment 178
in La Ville-aux-Bois abzuschneiden drohte, zurückzuschlagen.
Die Schützen säuberten das nächste Waldgelände um
La Ville-aux-Bois und richteten sich nunmehr gemeinsam
mit Infanterieregiment 178 im Dorfe zur Verteidigung ein.
Auch Infanterieregiment 177 arbeitete sich bis in Höhe
rechto von Infanterieregiment 178 vor. Ein weiteres Vor-
dringen verhinderte feindliches Artilleriefeuer von Westen
her. Ebenso waren die Vortruppen von Infanterieregi-