Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

insbesondere durch die bis dicht hinter die Infanterie vor- 
gezogene 4. Batterie, unterstützt, waren die 107er bis dicht 
an Rue du Bois herangelangt. 
Mehrfache Angriffe auf diese Häusergruppe, welche mit 
unvergleichlicher Tapferkeit durchgeführt wurden, scheiterten 
in dem schweren englischen Artillerie- und Maschinengewehr- 
feuer, das sich von Tag zu Tag auf der ganzen Front 
noch zu verstärken schien. 
So erreichte das XIX. Armeekorps in wochenlangem 
Ringen die Kampflinie, die es dann lange Monate hin- 
durch festgehalten hat. Zwar war es nicht gelungen, auf 
der neuen Westfront den zähen Gegner vollständig zu 
schlagen, aber das XIX. Armeekorps hatte wie die gesamte 
sechste Armee durch unermüdlich wiederholtes Angreifen 
die Hauptaufgabe erfüllt, die darin bestand, den gegenüber- 
stehenden Feind wirksam zu fassen und zu verhindern, daß 
er Kräfte von hier wegzog zu dem entscheidenden Kampfe, 
der sich zu gleicher Zeit weiter nördlich, bei Opern, abspielte. 
In den Kämpfen des XIX. Armeekorps tritt noch als 
besondero rühmenswert der opfermutige Einsatz der säch- 
137 
sischen Feldartillerie und der schweren Artillerie hervor, 
welche auch hier die Infanterie bis auf die nächsten Ent- 
fernungen an den Feind begleiteten. Wiederholt sind sogar 
die schweren Feldhaubitzbatterien bis an bzw. dicht hinter 
die Schützenlinien vorgegangen (z. B. 1/2 8./Fußartillerie= 
regiment 19 bei der Einnahme von lille, 6.,Fußartillerie= 
regiment 19 bei der Erstürmung von Wez-Macquart). 
Auch der mustergültigen Tätigkeit der Pioniere ist noch 
besonders zu gedenken. Uberall, wo es für sie Arbeit gab, 
waren sie rechtzeitig zur Stelle und gaben ihren Kameraden 
von der Infanterie glänzende Beispiele selbstaufopfernder 
Tapferkeit. 
Von der Hartnäckigkeit der Oktoberkämpfe des XIX. Armee- 
korps zeugen dessen Gefechtsverluste im Monat Oktober. 
Sie betrugen 213 Offiziere und 6738 Mann. Nähere An- 
gaben finden sich in den Verlustlisten am Ende des Buches. 
Die Oktoberverluste stehen nur wenig hinter den September- 
verlusten zurück. Die letzteren betrugen 264 Offiziere und 
7412 Mann einschließlich der Verluste der fünftägigen Ent- 
scheidungsschlacht südlich der Marne. — 
Die ersten Kriegsereignisse auf der Front der deutschen sechsten und siebenten Armee 
Das Verständnis für die Tätigkeit der im folgenden Ab- 
schnitt behandelten 8. Kavalleriedivition in Lothringen und 
der daran anschließend bearbeiteten 19. Ersatzdivision in den 
Vogesen (siehe Seite#1141 und folgende) wird ein Rückblick 
auf die ersten Kämpfe der sechsten und siebenten Armee we- 
sentlich unterstützen. · 
Hinter dem deutschen Grenzschutz längs der Reichsgrenze 
vollzog sich bis Mitte August die Versammlung der deutschen 
sechsten Armee auf der lothringischen Hochfläche etwa hinter 
der Linie Mörchingen—Bensdorf—Finstingen—Saarburg. 
An die sechste Armee schloß sich die deutsche siebente Armee 
von Saarburg bis Mutzig und Weiler an. Beide Armeen 
standen etwa von Mitte August ab bereit, den voraus- 
gesehenen französischen Gewaltstoß in die lothringische 
Pforte bei und westlich von Saarburg aufzufangen und 
durch späteren Gegenstoß aus Richtung von Metz in eine 
französische Vernichtungsniederlage etwma im Grenzraume 
von Dieuze—Saarburg zu verwandeln. 
Als die französische zweite Armee und der linke Flügel 
der französischen ersten Armee vom 14. August ab mit acht 
bis zehn Korps gegen und über die Linie Donon—Lagarde — 
Delme antraten, gingen die deutschen Grenzschutztruppen 
kämpfend befehlsgemäß auf die deutsche Hauptstellung zu- 
rück. An dieser sollten die Franzosen sich erst verbluten, 
ehe ihnen der geplante deutsche Gegenstoß den Garaus 
machte. So war es wohl beabsichtigt. Aber die unbezähm- 
bare Kampflust sowohl der herrlichen Truppen des Kron- 
prinzen von Bayern (bayrisches I.—III. Armeekorps und 
I. Reservekorps, sowie preußisches XXI. Armeekorps), wie 
auch der tapferen Württemberger, Badener, Elsässer und 
Sachsen des Generalobersten von Heeringen (XIV. und 
XV. Armeekorps, sowie XIV. Reservekorps) wartete den 
französischen Angriff gar nicht erst ab. Beide deutschen 
Armeen warfen sich auf der ganzen 80 Kilometer breiten 
Schlachtfront von Mörchingen bis Weiler im Elsaß am 
20. August auf den siegestrunken über die Grenze vor- 
gerückten Feind. 
Bel der deutschen sechsten Armee drangen rechts das 
bayrische III. und bayrische II. Armeekorps auf Delme und 
Mörchingen, in der Mitte das XXI. Armeekorps über Bens- 
dorf auf Dieuze und links das bayrische I. Reservekorps und 
bayrische I. Armeekorps anschließend bis Saarburg mit un- 
widerstehlichem Schwung auf die nach ihren biherigen 
leichten Erfolgen doppelt enttäuschten Franzosen ein. 
Die deutsche siebente Armee brach gleichzeitig durch die 
Vogesen gegen die Linie Saarburg—DOonon —Saales vor. 
In mörderischem Gebirgskampf unter unbeschreiblichen An- 
strengungen arbeitete sich die deutsche siebente Armee über 
den Vogesenkamm bis zur oberen Meurthe vor. Am 
27. August fiel St. Dié in ihre Hand. 
Gegenüber der sechsten Armee hatte der französische Ge- 
neral de Castelnau vergeblich versucht, auf der Linie Delme— 
Vic—Avricourt eine neue Front zu bilden. Der deutsche 
Ungestüm warf die tapfer kämpfenden Franzosen alsbald 
weiter bis über die Meurthe zurück. Schon am 22. August 
fiel Luneville in die Hand des XXI. Armeekorps. Am 
25. August kam die siegreiche Armee des Kronprinzen von 
Bayern mit ihrem rechten Flügel vor der gewaltigen fran- 
zösischen Festungfront östlich Nancy zum Stehen, während 
ihr linker Flügel noch bis zur Mortagne sich vorkämpfte, 
wo gleichfalls starke, schon im Frieden ausgebaute fran- 
zösische Abwehrstellungen den deutschen Ansturm auffingen. 
Im Raume westlich Raon l'Etape reichten sich die beiden sieg- 
reichen deutschen Armeen die Hand, nach unsagbarer Leistung im 
Vorwärtsdringen bei Tag und Nacht seit nunmehr acht Tagen. 
Aber selbst vor den Betonstellungen, in denen die ge- 
schlagenen Franzosen rechtzeltig Zuflucht gefunden hatten, 
erlahmte der deutsche Angriffsdrang nicht früher, als bio 
„die gänzlich veränderte Kriegalage“ die einzelnen Korpo 
der deutschen sechsten und siebenten Armee zu anderweiter 
Verwendung abrief und damit die Rückverlegung der loth- 
ringer Front auf die kürzeste ##nie zwischen Metz und der 
schnell neugeschaffenen Gebirgsfestung des Donon notwen- 
dig machte. 
Ich möchte auch hier nicht unterlassen, besonders darauf 
hinzuweisen, daß die Umgruppierung des deutschen West- 
heeres mit der Abberufung des XV. Armeekorps nach Nord- 
frankreich bereits am s. September, also vor der Marne- 
chlacht eingesetzt hat, lediglich infolge der gänzlich ver- 
änderten allgemeinen Kriegolage, wie bereits früher näher 
ausgeführt ist, und keinesfalls erst wegen der angeblich 
verlorenen Marneschlacht sich der deutschen Heeresleitung 
aufgezwungen hat. 
Das ist in Kürze der Rahmen für die ersten Kriegstaten 
der 8. Kavalleriedivision und der im folgenden Abschnitt 
behandelten 19. Ersatzdivision. 
Zunächst die 
8. Kavalleriedioision. 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.