Die 8. Kavalleriedivision an der lothringischen
Front im August 1014
Die sechste Armee sammelte hinter starken Grenzschutz-
abteilungen dicht hinter der Landesgrenze etwa vom 10. Au-
gust ab. Schon früher traf das 3. Heereskavalleriekorps
unter dem bayerischen Generalleutnant von Frommel in
und um Benedorf ein. Dazu gehörte neben der 7. und
der bayerischen Kavalleriedivision die 8. Kavalleriedivision,
welcher außer den beiden preußischen Regimentern Jäger zu
Pferde 2 und 6 und dem bayerischen Jägerbataillon ? fol-
gende sächsische Truppen angehörten:
23. Kavalleriebrigade: Gardereiterregiment und Ulanen-
regiment 17,
40. Kavalleriebrigade: Karabinierregiment und Ulanen-
regiment 21,
Neitende Abteilung Feldartillerieregiments 12, Maschinen=
gewehrabteilung 8 und Pionierabteilung 12, dazu Nach-
richtenabteilung sowie 2 leichte und 1 schwere Fuhrpark-
kolonne. .
Die Division, dem sächsischen Generalmajor Graf von
der Schulenburg unterstehend, traf am 6. August in St.
Avold ein. Ihr war von der Obersten Heeresleitung in
dem Raume zwischen den Außenwerken von Metz und den
Vogesen der nördliche Abschnitt zur Fernaufklärung zu-
gewiesen. Man erfuhr, daß der Feind vor der deutschen
Front dicht an der Grenze stehe, sowie daß auf dem Mont
St. Jean-Sidry und Grand Mont bei Amance geschanzt
würde. Noch am 6. August entsandte der Divisionskomman=
deur drei Aufklärungseskadrons: .
Eskadron Stralenheim (Gardereiterregiment) über Corny
auf Saint Mihiel,
Eskadron Hauenschild (Jäger zu Pferde Nr. 2) in den
Naum zwischen den Linien Buchy—ont-à-Mousson und
Foville —Siory—Marbache,
Eskadron Schäffer (Ulanenregiment 21) auf Nancy.
Südlich anschließend klärte die 7. Kavalleriedivision auf. Am
J. August versammelte sich die Division zusammen mit den
beiden preußischen Jägerregimentern, welche die 38. Ka-
valleriebrigade bildeten, am Kanonenberg westlich Mörchingen
und marschierte in ihren Aufklärungsstreifen in die Gegend
von Delme. In den nächsten Tagen hatte die Division
die verschiedensten, oft und schnell wechselnden Aufgaben
zu erfüllen, deren Zweck wohl dem Mann in der Front
nicht verständlich wurde, die aber das Endziel herbeiführten,
beim Feinde vollste Verwirrung über die deutschen Truppen-
bewegungen entstehen zu lassen, über die er durch Kund-
schafter und Luftaufklärung im übrigen vorzüglich auf dem
Laufenden erhalten wurde. Bereits am 8. August wurde
die Kavalleriedivision vom kommandierenden General des
XXI. Armeekorps, der bis zur Vollendung des Aufmarsches
der sechsten Armee den Grenzschutz befehligte, nach Marsal
berufen. Da der zu einer Erkundung über die Grenze
vorgedrungene Feind inzwischen wieder zurückgegangen war,
kehrte die Division nach einem Marsche von 50 km, der
bei der großen Hitze viel Pferdekräfte gekostet hatte, am
10. August in ihren Aufklärungsstreifen zurück. Ihre Hoff-
nung, nun hier über die Grenze vorgehen und mit der
feindlichen Kavallerie abrechnen zu können, sollte jedoch
nicht in Erfüllung gehen. Das Armeeoberkommando, das
am 10. August den Oberbefehl über die sechste Armee über-
nommen hatte, untersagte das Uberschreiten der Grenze mit
stärkeren Abteilungen als Eskadrons. Die Divesion durfte
nur bis zur Grenze vorfühlen und mußte nachto jedesmal
bio hinter das inzwischen eingetroffene III. bayerische Armee-
korps zurückgehen. Die vorgetriebenen Aufklärungoabteilun-
gen brachten in unermüdlicher Tätigkeit wertvolle Mel-
dungen. Uberall lösten die Eskadrons der 8. Kavalle-
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riedivision ihre Aufgaben glänzend und betätigten deutschen
Reitergeist. So drang die Eskadron v. Stralenheim des
Gardereiterregiments erfolgreich über Corny gegen die Linie
St. Mihiel—Marbache vor.
Bereits am 11. August war eine französische gemischte
Brigade bei Lagarde von den deutschen Grenzschutztruppen
vernichtend geschlagen und in den Wald von Parroy zurück-
geworfen worden. Doch auch weiterhin mußte die Dioision
ihre Ungeduld zügeln und zunächst ihre Kreuz= und Quer-
märsche hinter der Front zur Irreführung des Gegners fort-
setzen. Dabei legte sie drei Tage lang wieder täglich mehr
als 50 Kilometer zurück. Am 14. wurde die Division, der
das 2. bayerische Jägerbataillon zugeteilt war, abermals
in die Gegend von Marsal gezogen, um im Verein mit
der bayerischen Kavalleriedivision zwischen Linder-Weiher
und Stock-Weiher den Abmarsch des XXI. Armeekorps zu
verschleiern. Durch das Feuer der reitenden Batterien wurde
das Nachfühlen des Feindes mit Leichtigkeit verhindert. Am
16. August war diese Aufgabe beendet. Die folgende Nacht
verbrachte die Division in einem Regenbiwak um Berme-
ringen. Nachdem die Division in schwierigem Gelände bei
schlechtem Wetter mehr als 150 Kilometer in diesen An-
fangstagen des Krieges zurückgelegt hatte, trat Mangel
an Eisen für den Hufbeschlag ein. Aber an keinem Tage
versagte die eifrig, trotz der Hin= und Hermärsche der Divi-
sion, betriebene Aufklärung von der Armeeflanke aus. Am
18. ging die 8. Kavalleriedivision wieder auf Delme vor
und stellte durch einen gewaltsamen Vorstoß des Kara-
binierregiments und des Jägerbataillons eine allgemeine
Verschiebung der feindlichen Kräfte nach Süden fest.
Die Nacht zum 19. August verbrachte die Division nach
riesigen Tagesanstrengungen bei den gesattelten Perden
in strömendem Regen. Tags darauf wurde sie wieder nach
dem rechten Armeeflügel gezogen, erreichte die Gegend von
Han a. d. Nied und lieferte am folgenden Tage, „auftrags-
gemäß bereit, jederzeit in den großen Kampf der Armee
einzugreifen“, ein erfolgreiches Gefecht bei Delme, wobei
sie dem III. bayr. Armeekorps die Einnahme des Ortes durch
ihr Flankenfeuer wesentlich erleichterte. Tags darauf rückte
die Division erneut gegen die Flanke des geschlagenen Fein-
des vor. Die Begeisterung über den großen Sieg der eigenen
Armee überwand die Erschöpfung, mit Stolz vernahm man
den Bericht des Großen Hauptquartiers: „Unter Führung
Seiner Königlichen Hoheit des Kronprinzen von Bayern
haben Truppen aller deutschen Stämme gestern (20. August)
in Schlachten zwischen Metz und den Vogesen einen Sieg
erkämpft; der mit starken Kräften in Lothringen vordrin-
gende Feind wurde auf der ganzen Linie unter schweren
Verlusten geworfen. Viele Tausende von Gefangenen und
zahlreiche Geschütze sind ihm abgenommen.
Der Gesamterfolg läßt sich noch nicht übersehen, da die
Schlachtfront einen größeren Naum einnimmt als in den
Kämpfen 1870/71 unsre gesamte Armee in Anspruch nahm.
Unsre Truppen, beseelt von dem unaufhaltsamen Drang
nach vorwärts, folgten dem Feind und setzten den Kampf
auch heute fort.“ Dieser Bericht konnte schon am folgen-
den Tage wie folgt ergänzt werden: „Die von unsern Trup-
pen zwischen Metz und den Vogesen geschtagenen französi-
schen Kräfte sind heute (Freitag, 22. August) verfolgt
worden. Der Rückzug der Franzosen artet in Flucht aus.
Bisher wurden mehr als 10 000 Gefangene gemacht und
mindestens 50 Geschütze erobert. Die Stärke der geschla-
genen feindlichen Kräfte wurde auf mehr als acht Armee-
korpo festgestellt.“
Am 24. August rückte das XXI. Armeekorps in Lune-
ville ein, andere Teile der sechsten Armee erreichten und
überschritten die Linie von dort über Blamont bis Cirey.
„Die Verfolgung,“ so meldete der Heeresbericht am 24. Au-
gust, „beginnt reiche Früchte zu tragen. Außir zahlreichen