Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

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zwischen Broodseinde und dem Calvairewald heran, von 
rechts nach links: Reservejäger 23, Reserve-Infanterieregi- 
ment 244, Reserve-Infanterieregiment 241, Neserve-In- 
fanterieregiment 243. Südlich des Calvairewaldes hielten 
Teile der Dioision, aus Versprengten neugebildet und durch 
ein Bataillon des Land 9 77 gestützt, 
unter dem Divisions-Adjutanten W Huhle, der ange- 
sichts der Offiziersverluste ebenso wie zahlreiche andere 
Offiziere der Stäbe in der Kampflinie als Führer einsprang, 
zähe aus. 
Die 54. Reservedivision eroberte während des großen 
Angriffskampfes am 30. Oktober in entschlossenem An- 
sturm das Schloß und den Park sowie einen Teil des 
Dorfes Gheluvelt, von rechts nach links etwa Hauptteil 
der Brigade Mäühry, dabei Reserve-Infanterieregiment 245, 
dann Gruppe v. Hügel (Reserve-Infanterieregimenter 248, 
247, 242) in treuem Verein mit Infanterieregiment 105, 
dem Straßburger Sachsenregiment des XV. Armeekorpo, 
dessen auf vielen Schlachtfeldern bewährten Kompagnien 
vorbildlich den jungen Truppen unter ihrem tapferen Re- 
gimentskommandeur, Obersileutnant Freiherr v. Olders- 
hausen, voranstürmten. 
Gegenüber dem XXVI. und XXVII. Reservekorps waren 
zwei französische Korps (II. und IX.) in die englische Front 
neu eingesetzt worden. In Anwesenheit des Generals Joffre 
versuchten sie am 30. und 31. Oktober die deutsche Front 
östlich von Dpern zu durchbrechen. Vergebens. Zäh hielten 
die deutschen Verteidiger den errungenen Boden fest und 
ermöglichten dadurch den erfolgreichen Angriffsstoß der 
Armeegruppe Fabeck. 
Dieser schöne Erfolg der jungen Truppen nach zehn- 
tägigem, bei Tag und Nacht fortgesetztem Kampfe ist um 
so höher zu bewerten, als nunmehr selbst die linbs anschlie- 
henden abtiven Korps trotz ihres erprobten Heldenmuts 
und ihrer größeren Kriegserfahrung von dem weiteren Ver- 
such Abstand nahmen, den Gegner nach dem Verfahren 
des bisherigen Feldkrieges einfach über den Haufen zu 
rennen und den Gedanken eines Durchbruches bis zur Kanal- 
küste zu verwirklichen, der damals Heer und Heimat be- 
berrschte. So schwer der Entschluß den deutschen Heer- 
führern wurde, die zum unbedingten Angriffsverfahren er- 
zogen waren, so gebieterisch verlangte die inzwischen ein- 
getretene Kriegslage sowie auch der Zustand der Truppen, 
das weniger verlustreiche, allerdings auch nur langsamer 
zum Ziele führende Verfahren des Festungskrieges auch 
auf die flandrische Kampffront zu übertragen. 
Weiter nördlich hatte der Feind zur Abwehr sogar das 
Meer zu Hilfe Herufen. Der König der Belgier hatte sein 
eigenes schönes Land auf weite Strecken unter Wasser setzen 
lassen. Alle verfügbaren Kräfte hatte der Gegner im Raume 
von Dpern vereinigt, um hier die Oberhand zu behalten. 
Bis in die ersten Tage des November versuchte er es mit 
großen Angriffshandlungen. Dann schuf er tiefe Vertei- 
digungszonen und löste die erschöpften Engländer durch 
französisehe Korps ab. Leider standen zu einer solchen Ab- 
lösung auf deutscher Seite keine Kräfte zur Verfügung. 
Diese unausgesetzte Anspannung aller Menschenkräfte auf 
deutscher Seite, während der Gegner bei seinen vielfach 
überlegenen Menschenmassen jeder Truppe regelmäßige 
Nubepausen gewähren konnte, hat nach vier Jahren wunder- 
barer Spannkraft das plötzliche Versagen der Widerstands- 
kraft herbeige führt. 
Die jungen Truppen des XXVII. Reservekorps waren bis- 
her Tag und Nacht im Kampfe Hewesen und nunmehr 
völlig erschöpft. Ihre Bestände waren auf einhalb bis ein 
fünftel, bei Reservejäger 25 sogar bis auf ein zehntel der 
Ausrückestärke zusammungeschmelzen. Reserv:-Infanterieregi- 
ment 241 hatte noch So0 Mann, Reserve-Infanterieregiment 
243 noch 940 Mann, Reserve-Infanterieregiment 244 noch 
  
69 Mamn, Reserve-Infanterieregiment 245 noch ss 4 Mann, 
Reservejäger 25 sogar nur noch 1 Offizier und 97 Mann. 
Die Reservejäger 26, welche anfangs als Reserve weniger 
gelitten hatten, schmolzen im Verlaufe des Novembers auch 
auf 4 Offiziere und 163 Mann zusammen. Dao Angriffs- 
verfahren wurde also vom 4. November ab demjenigen 
des Festungskrieges angepaßt. In der Hauptsache arbeitete 
man sich von jetzt ab mit Hacke und Spaten vorwärts. Da- 
bei fanden wenigstens Teile jedes Truppenteils etwas Zeit 
zum Auoruhen, obwohl die angestrebte Dreiteilung in 
Kampftruppe, Arbeitsdienst und Reserve sich auf lange geit 
binaus noch nicht durchführen ließ. Dem gegenüberftehen= 
den Feind gestattete seine große Stärke die regelmäßige 
Ablösung der Kampftruppen. Außer Engländern und wei- 
Kßen Franzosen standen von Anfang November ab auch Ma- 
rokkaner den Sachsen gegenüber. 
Die Aufgabe der 33. Reservedivision bestand für die 
nächste Zeit in der Wegnahme des Calvairewaldes und des 
kleinen Waldstückes nördlich davon. 
Die Division stand dieser Aufgabe am 9. November 
mit einer Gefechtsstärke von 2200 Mann gegenüber. Da 
der Feind in überholender, flankierender und kampfkräftig 
ausgebauter Waldstellung lag, schien die Wegnahme des Cal- 
vairewaldes und die Erreichung der Straße Broodseinde— 
Becelgere ohne namhafte Verstärkungen unmöglich. Dazu 
kam, daß der Gesundheitszustand der Truppen, die ohne 
jede Ablösung unter dem oft rasenden Feuer der englischen 
Maschinengewehre in regendurchweichtem Gelände mit 
äußerst verminderten Gefechtsstärken die Stellung hielten, 
sich sichtlich verschlechterte. Verpflegung und Munitions= 
nachschub konnten nur unter größten Schwierigkeiten bei 
Nacht durchgeführt werden. Daß die jungen Freiwilligen 
trotz der aufs Außerste gesteigerten Anforderungen an Kör- 
perbräfte und Nerven so zäh durchhielten, war ein glän- 
zendes Zeugnis für den Geist, der ihnen innewohnte, beson- 
ders, wenn man bedenkt, daß die meisten von ihnen nur 
etwa 6—8 Wochen ausgebildet waren. 
Nach einem Monat gewaltiger Anstrengung war das 
XXVII. Reservekorps seinem Ziele Dpern nur wenig näher 
gekommen. Ende Oktober waren ja links des XXVII. Ne- 
servekorps an Stelle der 3 Hecreokavalleriekorp# 3 kriegs-= 
erprobte aktive Armeekorps eingesetzt worden. Die Erwartung 
schien also berechtigt, daß es nunmehr schnell vorwärto 
gehen würde. Aber die Hoffnung erfüllte sich nicht ganz. 
Wohl hatte die "4. Reservedivision Gheluvelt mit Hilfe 
des XV. Armeekorps genommen, aber in ihrer rechten Flanke 
lag unbezwungen der Polygonwald, und auch bei der 33. Re- 
servedivision war die Angriffokraft erlahmt. 
Inzwischen hatte die deutsche Heeresleitung noch einen 
letzten Durchbruchsversuch südlich von Vpern vorbereitet. 
Die Armeegruppe Fabeck hatte den Naum rechto des Dpern-- 
Comineskanals der neuen Armeegruppe Linsingen (XV. Ar- 
meekorps und Korps Plettenberg) überlassen. Das letztere 
Korps, eine gemischte Gardedivision und die 4. Infanterie- 
division, schob sich linkms vom XXVII. Reservekorps am 
#3. November ein und begann am 11. November den An- 
griff aus dem Abschnitt Gheluvelt—Zandvoorde heraus. 
Die ganze Front vom Meere bis westlich Lille ging gleich- 
zeitig entschlossen vor, um vor Wintersanfang noch den 
Bewegungokrieg wieder in Fluß zu bringen. 
Heftiger Sturm schlug den Angreifern den Regen ins 
Gesicht. Aber trotzdem ging es vorwärts. Weiter rechts 
wurde Dirmuide gestürmt. Vom Korpo Mlettenberg wurde 
im Verein mit dem linken Flügel des XXVII. Reserve- 
korps die vorderste Feindesstellung beiderseits der Straße 
Gbeluvelt—Opern genommen, von wo jede Ansammlung 
des Feindes um MBy#ern erkannt und schnell bekämpft wer- 
den bonnte. Zum Durchbruch der feindlichen Front kam es 
aber auch jetzt nicht. Das Gesamtbild der Kriezslage blieb
	        
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