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zwischen Broodseinde und dem Calvairewald heran, von
rechts nach links: Reservejäger 23, Reserve-Infanterieregi-
ment 244, Reserve-Infanterieregiment 241, Neserve-In-
fanterieregiment 243. Südlich des Calvairewaldes hielten
Teile der Dioision, aus Versprengten neugebildet und durch
ein Bataillon des Land 9 77 gestützt,
unter dem Divisions-Adjutanten W Huhle, der ange-
sichts der Offiziersverluste ebenso wie zahlreiche andere
Offiziere der Stäbe in der Kampflinie als Führer einsprang,
zähe aus.
Die 54. Reservedivision eroberte während des großen
Angriffskampfes am 30. Oktober in entschlossenem An-
sturm das Schloß und den Park sowie einen Teil des
Dorfes Gheluvelt, von rechts nach links etwa Hauptteil
der Brigade Mäühry, dabei Reserve-Infanterieregiment 245,
dann Gruppe v. Hügel (Reserve-Infanterieregimenter 248,
247, 242) in treuem Verein mit Infanterieregiment 105,
dem Straßburger Sachsenregiment des XV. Armeekorpo,
dessen auf vielen Schlachtfeldern bewährten Kompagnien
vorbildlich den jungen Truppen unter ihrem tapferen Re-
gimentskommandeur, Obersileutnant Freiherr v. Olders-
hausen, voranstürmten.
Gegenüber dem XXVI. und XXVII. Reservekorps waren
zwei französische Korps (II. und IX.) in die englische Front
neu eingesetzt worden. In Anwesenheit des Generals Joffre
versuchten sie am 30. und 31. Oktober die deutsche Front
östlich von Dpern zu durchbrechen. Vergebens. Zäh hielten
die deutschen Verteidiger den errungenen Boden fest und
ermöglichten dadurch den erfolgreichen Angriffsstoß der
Armeegruppe Fabeck.
Dieser schöne Erfolg der jungen Truppen nach zehn-
tägigem, bei Tag und Nacht fortgesetztem Kampfe ist um
so höher zu bewerten, als nunmehr selbst die linbs anschlie-
henden abtiven Korps trotz ihres erprobten Heldenmuts
und ihrer größeren Kriegserfahrung von dem weiteren Ver-
such Abstand nahmen, den Gegner nach dem Verfahren
des bisherigen Feldkrieges einfach über den Haufen zu
rennen und den Gedanken eines Durchbruches bis zur Kanal-
küste zu verwirklichen, der damals Heer und Heimat be-
berrschte. So schwer der Entschluß den deutschen Heer-
führern wurde, die zum unbedingten Angriffsverfahren er-
zogen waren, so gebieterisch verlangte die inzwischen ein-
getretene Kriegslage sowie auch der Zustand der Truppen,
das weniger verlustreiche, allerdings auch nur langsamer
zum Ziele führende Verfahren des Festungskrieges auch
auf die flandrische Kampffront zu übertragen.
Weiter nördlich hatte der Feind zur Abwehr sogar das
Meer zu Hilfe Herufen. Der König der Belgier hatte sein
eigenes schönes Land auf weite Strecken unter Wasser setzen
lassen. Alle verfügbaren Kräfte hatte der Gegner im Raume
von Dpern vereinigt, um hier die Oberhand zu behalten.
Bis in die ersten Tage des November versuchte er es mit
großen Angriffshandlungen. Dann schuf er tiefe Vertei-
digungszonen und löste die erschöpften Engländer durch
französisehe Korps ab. Leider standen zu einer solchen Ab-
lösung auf deutscher Seite keine Kräfte zur Verfügung.
Diese unausgesetzte Anspannung aller Menschenkräfte auf
deutscher Seite, während der Gegner bei seinen vielfach
überlegenen Menschenmassen jeder Truppe regelmäßige
Nubepausen gewähren konnte, hat nach vier Jahren wunder-
barer Spannkraft das plötzliche Versagen der Widerstands-
kraft herbeige führt.
Die jungen Truppen des XXVII. Reservekorps waren bis-
her Tag und Nacht im Kampfe Hewesen und nunmehr
völlig erschöpft. Ihre Bestände waren auf einhalb bis ein
fünftel, bei Reservejäger 25 sogar bis auf ein zehntel der
Ausrückestärke zusammungeschmelzen. Reserv:-Infanterieregi-
ment 241 hatte noch So0 Mann, Reserve-Infanterieregiment
243 noch 940 Mann, Reserve-Infanterieregiment 244 noch
69 Mamn, Reserve-Infanterieregiment 245 noch ss 4 Mann,
Reservejäger 25 sogar nur noch 1 Offizier und 97 Mann.
Die Reservejäger 26, welche anfangs als Reserve weniger
gelitten hatten, schmolzen im Verlaufe des Novembers auch
auf 4 Offiziere und 163 Mann zusammen. Dao Angriffs-
verfahren wurde also vom 4. November ab demjenigen
des Festungskrieges angepaßt. In der Hauptsache arbeitete
man sich von jetzt ab mit Hacke und Spaten vorwärts. Da-
bei fanden wenigstens Teile jedes Truppenteils etwas Zeit
zum Auoruhen, obwohl die angestrebte Dreiteilung in
Kampftruppe, Arbeitsdienst und Reserve sich auf lange geit
binaus noch nicht durchführen ließ. Dem gegenüberftehen=
den Feind gestattete seine große Stärke die regelmäßige
Ablösung der Kampftruppen. Außer Engländern und wei-
Kßen Franzosen standen von Anfang November ab auch Ma-
rokkaner den Sachsen gegenüber.
Die Aufgabe der 33. Reservedivision bestand für die
nächste Zeit in der Wegnahme des Calvairewaldes und des
kleinen Waldstückes nördlich davon.
Die Division stand dieser Aufgabe am 9. November
mit einer Gefechtsstärke von 2200 Mann gegenüber. Da
der Feind in überholender, flankierender und kampfkräftig
ausgebauter Waldstellung lag, schien die Wegnahme des Cal-
vairewaldes und die Erreichung der Straße Broodseinde—
Becelgere ohne namhafte Verstärkungen unmöglich. Dazu
kam, daß der Gesundheitszustand der Truppen, die ohne
jede Ablösung unter dem oft rasenden Feuer der englischen
Maschinengewehre in regendurchweichtem Gelände mit
äußerst verminderten Gefechtsstärken die Stellung hielten,
sich sichtlich verschlechterte. Verpflegung und Munitions=
nachschub konnten nur unter größten Schwierigkeiten bei
Nacht durchgeführt werden. Daß die jungen Freiwilligen
trotz der aufs Außerste gesteigerten Anforderungen an Kör-
perbräfte und Nerven so zäh durchhielten, war ein glän-
zendes Zeugnis für den Geist, der ihnen innewohnte, beson-
ders, wenn man bedenkt, daß die meisten von ihnen nur
etwa 6—8 Wochen ausgebildet waren.
Nach einem Monat gewaltiger Anstrengung war das
XXVII. Reservekorps seinem Ziele Dpern nur wenig näher
gekommen. Ende Oktober waren ja links des XXVII. Ne-
servekorps an Stelle der 3 Hecreokavalleriekorp# 3 kriegs-=
erprobte aktive Armeekorps eingesetzt worden. Die Erwartung
schien also berechtigt, daß es nunmehr schnell vorwärto
gehen würde. Aber die Hoffnung erfüllte sich nicht ganz.
Wohl hatte die "4. Reservedivision Gheluvelt mit Hilfe
des XV. Armeekorps genommen, aber in ihrer rechten Flanke
lag unbezwungen der Polygonwald, und auch bei der 33. Re-
servedivision war die Angriffokraft erlahmt.
Inzwischen hatte die deutsche Heeresleitung noch einen
letzten Durchbruchsversuch südlich von Vpern vorbereitet.
Die Armeegruppe Fabeck hatte den Naum rechto des Dpern--
Comineskanals der neuen Armeegruppe Linsingen (XV. Ar-
meekorps und Korps Plettenberg) überlassen. Das letztere
Korps, eine gemischte Gardedivision und die 4. Infanterie-
division, schob sich linkms vom XXVII. Reservekorps am
#3. November ein und begann am 11. November den An-
griff aus dem Abschnitt Gheluvelt—Zandvoorde heraus.
Die ganze Front vom Meere bis westlich Lille ging gleich-
zeitig entschlossen vor, um vor Wintersanfang noch den
Bewegungokrieg wieder in Fluß zu bringen.
Heftiger Sturm schlug den Angreifern den Regen ins
Gesicht. Aber trotzdem ging es vorwärts. Weiter rechts
wurde Dirmuide gestürmt. Vom Korpo Mlettenberg wurde
im Verein mit dem linken Flügel des XXVII. Reserve-
korps die vorderste Feindesstellung beiderseits der Straße
Gbeluvelt—Opern genommen, von wo jede Ansammlung
des Feindes um MBy#ern erkannt und schnell bekämpft wer-
den bonnte. Zum Durchbruch der feindlichen Front kam es
aber auch jetzt nicht. Das Gesamtbild der Kriezslage blieb