Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

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Diese Annahme hat getäuscht. Die Russen waren in 
der Hauptsache fertig, alo die Staatslenker des Drei- 
verbandes den Kriegsfall herbeiführten. Das zwang denn 
auch die Mittelmächte später — etwa in der zweiten Sep- 
temberwoche 1914 — zur völligen Anderung des Kriegs- 
planes nach unerhörten Ersterfolgen, welche die Uberlegen- 
heit des deutschen Heeres in allem, in der Führung und 
im Kampfe, in der Einzelleistung des Menschen und in dem 
ganzen Heeresgetriebe der erstaunten, meist nur mit sicht- 
lichem Widerstreben es eingestehenden Miewelt offenbarten. 
Das gesamte deutsche Feldheer wurde bis auf vier Korps 
und eine Kavalleriedivision, welche als achte Armee Ost- 
preußen gegen die Russen zu schützen hatten, an der West- 
grenze versammelt. 
Die erste Armee unter dem Generalobersten v. Kluck 
umfaßte das II., III., IV., IX. Armeekorps und das etwas 
später eintreffende III. und IV. Reservekorps, die 10., 11. 
und 27. Landwehrbrigade sowie ein Pionierregiment im 
Naume von Aachen. 
Die zweite Armee unter dem Generalobersten 
v. Bülow schloß südlich an und umfaßte das Garde- 
Korps, Garde-Reservekorps, das VII. und X. Armeekorps, 
dao VII. und X. Reservekorps, die 25. und 29. Landwehr- 
brigade, vier Mörserbataillone, ein 10 cm-Kanonenbataillon, 
zwei schwere Küstenmörserbatterien und zwei Pionier= 
regimenter. 
Die dritte Armee unter dem sächsischen Generalobersten 
Freiherrn v. Hausen, im Naume um Prüm versammelt, 
umfaßte die drei sächsischen Korps, XII. Armeekorps, 
XIX. Armeekorps, XII. Reservekorps, die 47. Landwehr= 
brigade, ein Mörserbataillon und ein Pionierregiment. Zu- 
nächst gehörte auch das XI. Armeekorps zur dritten Armee, 
es wurde aber bereits am 25. August nach Ostpreußen 
überführt. 
Die vierte Armee unter dem Herzog Albrecht von 
Württemberg schloß südlich an, mit dem VI., VIII. 
und XVIII. Armeekorps, dem VIII. und XVIII. Reserve- 
korps, der 49. Landwehrbrigade, zwei Mörserbataillonen und 
einem Pionierregiment. 
Die fünfte Armee, im Naume von Trier und 
Luremburg versammelt, stand unter dem Befehl des 
Deutschen Kronprinzen und umfaßte dacd V., XIII. 
und XVI. Armeekorps, das V. und VI. Reservekorps, das 
Heeres-Kavallerie-Korps 4, die 13., 43., 45., 53., 9. bay- 
rische Landwehrbrigade, vier Mörserbataillone, zwei Pionier- 
regimenter. 
Die sechste Armee unter dem Kronprinzen Rupp- 
recht von Bayern deckte den Raum zwischen Metz und 
den Vogesen. Sie umfaßte das I., II. und III. bayrische 
Armeekorps, das I. bayrische Reservekorps, sowie das 
XXI. Armeekorps, dazu an Reiterei die 7. und 8. Kavallerie= 
division und die bayrische Kavalleriedivision als Heeres- 
Kavallerie-Korps 3. 
Die siebente Armee unter Generaloberst v. Hee- 
ringen, im Naume von Straßburg versammelt, umfaßte 
das XIV. und XV. Armeekorps, sowie das XIV. Reserve- 
korps 
Kei Heereskavalleriekorps, unter den Reitergeneralen 
von der Marwitz und v. Richthofen, deckten die 
Front der Armeen eins bis drei. Ersteres umfaßte die 
2., 4. und 9. Kavalleriedivision, das Heereskavallerie= 
korps 1 bestand aus Garde-Kavalleriedivision und s. Kaval- 
leriedivision. 
Diese Versammlung der deutschen Heere überragte nord- 
wärts, wie Skizze 1 zeigt, diejenige der französischen Heere 
beträchtlich. 
Die französische Hceresleitung hatte ihre gesamten Streit- 
kräfte an der Ostgrenze wie folgt verteilt: 
Die erste Armee, unter General Dubail in zwei 
Gruppen um Belfort und nördlich Epinal, mit Zwischen= 
kräften längs der Vogesen rersammelt, umfaßte das 1II., 
VIII., XIII., XIV. und XXI. Armeekorps, bie 8. Karallerie 
division, sowie einige Rezervedivi, ionen, bald auch die ge- 
samten Alpenjägerformattonen aus dem i#alienischen Erenz- 
gebiet. 
Die zweite Armee unter General de Castelnau 
wurde alo vorderster Sturmblock zwischen Luneville und 
Pont-à-Mousson, dicht an der lothringer Grenze versam- 
melt und umfaßte das IX., XV., XVI. und XX. Armee- 
korps, drei Reserve= und drei Kaͤvalle riedivisionen. 
Die dritte Armee unter General Ruffey massierte 
sich nördlich von Verdun mit dem IV., V. und VI. Armee- 
korpo, drei Reservedivisionen und einer Kavalleriedivision. 
Die vierte Armee unter General Langle de Cary, 
ursprünglich als Reservearmee gedacht, wurde angesichts 
des starken deutschen rechten Flügels dicht anschließend 
an die dritte Armee um Sedan versammelt. Sie umfaßte 
vos II- II., XII. und XVII. Armeekorps sowie das Kolonial- 
orps. 
Die fünfte Armee, im Grenzraume westlich von 
Givet unter General Lanrezac versammelt, umfaßte 
zunächst das I., III. und X. Armeekorpö, später auch das 
XVIII. Armeekorps, die marokkanische Dioision und drei 
Kavalleriedivisionen. Endlich wurde auch noch das im Ab- 
tranoport von Algier her begriffene XIX. Armeekorps nach 
dem linken französischen Flügel gezogen. 
Links an die Franzosen schlossen die Engländer unter 
dem Feldmarschall French zwischen dem 14. und 
21. August, also stark verspätet, bei Maubeuge an, zunächst 
nur vier Infanteriedivisionen, nach und nach auf sechs In- 
fanteriedivisionen, etwa 160 Oco Mann verstärkt, dazu eine 
Kavalleriedivision. 
Mehr als 100 ooo Inder befanden sich außerdem bereits 
zu dieser Zeit unterwegs nach Frankreich. 
Die Belgier endlich rückten mit sechs Divisionen, etwa 
120 000 Mann, ins Feld, denen 80 Ooo Mann als Reserve 
dienten. Je eine Division war nach Lüttich und Namur 
vorgeschoben, die vier übrigen Divisionen deckten zunächst 
Brüssel in einer günstigen Stellung hinter der Gette, auf 
Linie Tirlemont—Haelen, in sehnsüchtiger Erwartung der 
festversprochenen alsbaldigen englisch-französischen Hilfe, 
die nicht kam. — 
In der deutschen Heeresversammlung sprach sich der 
deutsche Kriegsplan scharf aus: Durchbruch durch Belgien 
unter Umgehung der starken französischen Festungegrenze 
Belfort.—Verdun, Zerschmetterung des linken franzölischen 
Heeresflügels, deutsche Abwehr längs der Vogesenfront, 
zunächst auch am lothringer Loch, wo später der deutsche 
Gegenstoß in die vermeinttiche Lücke zwischen Epinal und 
Nancy, in das vor dem Kriege vielgenannte „Loch von 
Charmes“ beabsichtigt war. 
Das Ziel des deutschen Aufmarsches war von der fran- 
zösischen Heeresleitung zweifellos bald und richtig erkannt 
worden. Nicht nur das algerische (XIX.) Korps, auch da 
vom französischen Generalissimus Joffre zunächst als 
Hauptreserve bestimmte Xl. Armcekorrs wurden ohne Zau- 
dern nach dem bedrohten linken Flügel gezogen, ebenso 
von Nancy her bald darauf noch zwei weitere Korps. 
Wir werden diese später vor der Front der Sachsen 
wiederfinden. — 
Unmittelbar nach der Kriegserklärung begannen auf der 
ganzen Front Kämpfe der beiderseitigen Deckungstruppen. 
Bereits am 4. August wurde ein deutscher Handstreich 
auf die große belgische Lagerfestung Lüttich unternommen. 
Sie war zusammen mit der Festung Namur bestimmt, die 
belgische Maaöofront zu decken, bis zur vollendeten Ver- 
sammlung der französisch-englisch-belgischen Stoßgruppe,
	        
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