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welche das Rheinland alsbald überschwemmen sollte. Lüttich
wurde mit seinen Hauptwerken bis zum 7. August von
der deutschen ersten Armee durch gewaltsamen Angriff
bezwungen. Das letzte Fort erlag am 16. August dem
neuen Kruppschen Wundergeschütz, der 42 cm-Haubitze,
deren Geschosse das Fort Loncin buchstäblich zerrissen. Auf
dem entgegengesetzten Flügel hatte die französische erste Armee
bereits am 6. August den ganzen Vogesenkamm in Besitz
genommen. Am 8. August zogen die Franzosen, vor denen
schwache deutsche Deckungstruppen rechtzeitig auswichen,
triumphierend in Mülhausen und Sennheim ein. Schon
am 9. August abends aber fluteten sie, empfindlich ge-
schlagen, auf Belfort zurück. Auch die französische zweite
Armee holte sich am 10. August bei Badonviller und
Lagarde blutige Schlappen. Am gleichen Tage wurde deut-
scherseits das wertvolle Erzbecken von Briey besetzt und
sofort in Eigenbetrieb genommen.
Am 14. August wurde im Breuschtal eine deutsche Er-
kundungsabteilung mit Fernfeuer überfallen. Am 19. August
wurde im benachbarten Weilertal eine französische Brigade
in ähnlicher Weise stark zerzaust. Die deutsche Heeresreiterei
hatte inzwischen vor dem rechten deutschen Flügel einen
undurchdringlichen Schleier ausgebreitct. Sie schlug die
französische Kavallerie in zwei Reiterschlachten erst bei
Perwez und später bei Gemblour aus dem Felde. Am
12. August fiel sie keck die belgische Stellung hinter der
Gette bei Haelen an. Am 15. August drangen die deutschen
Reitergeschwader des Heeres-Kavallerie-Korps 2, dabei die
beiden sächsischen Jägerbataillone 12 und 13, sogar bis
an die Mauern der alten Felsenfeste Dinant vor. Sie
stellten dabei fest daß die Maaofront zwischen den Festun-
gen Namur und Givet von der französischen Division
Deligny, zur französischen fünften Armee gehörig, besetzt
war, eine Nachricht, welche — wie wir später! sehen werden
— für die Sachsenarmee von besonderem Interesse sein
sollte.
Am 18. August traten alle deutschen Armeen den Vor-
marsch an. Auf der ganzen, gewaltigen Front kam es
alobald zu schweren Kämpfen, welche ausnahmslos erfolg-
reich für die Deutschen endeten.
Vergebens versuchte der französisehe rechte Flügel durch
einen erneuten Vorstoß in das obere Elsaß und weiterhin
durch eine gewaltige Offensive nach Lothringen hinein den
Feldzug zu retten.
Der einarmige General Pau, die Hoffnung Frankreichs,
erreichte zwar mit fünf bis sieben Divisionen nochmals
Mülhausen, mußte aber vor den schnell zusammengrrafften
15 deutschen Bataillonen des Generals Gäde schon am
13. August bis an die Ausgänge der burgunder Pforte
zurückweichen.
Schlimmer war es dem linken Flügel der französischen
ersten Armee, welche über den Gebirgsstock des Donon
und durch das Breuschtal gegen Straßburg vorstieß, er-
gangen.
Der Generaloberst v. Heeringen schlug die Franzosen
mit seiner siebenten Armee in erbittertem Ringen, von Berg-
siufe zu Bergstufe vordringend, bis über St. Dié zurück.
Bereits am 22. August war der Vogesenkamm im Bereich
der natürlichen Fesiung des Donon in deutscher Hand.
Am 27. August fiel St. Dié in die Hand der 26. Reserve-
division. Auch der Vorstoß der französischen zweiten Armee
auf Saarburg und Dieuze war bereits am 20. August nach
sechstägigem heißen Ringen durch den Kronprinzen NRupp-
recht mit seinen tapferen Bayern in eine blutige Niederlage
der Franzosen verwandelt worden.
Die Franzosen waren am 14. August angetreten und
hatten, hinter den auftragsgemäß ausweichenden deutschen
Vortruppen herziehend, am 17. Augusi die deutsche Grenze
siegestrunken überschritten. Am 20. August setzte der
deutsche Gegenstoß auf der Linie Mörchingen—Saarburg ein
und trieb die Franzosen über die Vezouse und Meurthe
bis nach der Mortagne zurück. Am 22. August fiel Lune-
ville in deutsche Hand. Am 25. August nahm die ge-
schlagene französische zweite Armee die feste, im Frieden
in aller Heimlichkeit stark ausgebaute Stellung zwischen
Epinal und Nancy auf. Ein Gegenstoß frischer franzö-
sischer Kräfte aus dem befestigten Raume von Nanch
heraus brachte das Nachdrängen der deutschen sechsten
Armee zum Stehen.
Die deutsche sechste und siebente Armee standen während
der nächsten Zeit in verlustvollem, aber siegreichem Kampfe
vor den festen Stellungen der französischen ersten und
zweiten Armee. Beide Gegner hielten einander gebunden.
Währenddem zerschmetterte weiter oben im Nordwesten der
gewaltige deutsche Angriffsstoß fast ungehemmt den linken
Flügel der Franzosen sowie die Belgier und Engländer.
Die deutsche erste Armee tauchte plötzlich vor der bel-
gischen Gette-Stellung am 18. August auf und warf die
Belgier in den nächstfolgenden Tagen in die Festung Ant-
werpen zurück. Brüssel öffnete schon am 20. August den
deutschen Reitern der ersten Armee seine Tore. Die ver-
bündeten Franzosen und Engländer hatten die betörten Bel-
gier glatt um Stich gelassen. Der Traum eines gemeinsamen
Einfalls ins deutsche Rheinland war zerstoben.
Der König der Belgier und seine Regierung flohen
nach Antwerpen. Von der belgischen Armee retteten sich
nur Trümmer zur französischen fünften Armee, die ihrer-
seits auch nur zögernd vorrückte. So sah die prahlerische
Hilfe von fünf französischen Armeekorps aus, welche von
Paris aus noch am 2. August den Belgiern zugesichert
worden war.
Die deutsche zweite Armee war ebenfalls am 18. August
angetreten. Sie hatte die belgische Maasfeste Huy, zwischen
Lüttich und Namur, einfach überrannt und schloß am
20. August die Fortfestung Namur ein. Krupps 42 cm-
Haubitzen und Skodas 30,5 cm-Mörser bracher schnell den
Panzerschutz der Forts. Schon am 23. August drang die
deutsche Infanterie in die Stadt Namur ein. Die letzten
Fortsé ergaben sich zwei Tage später. Reste des Ver-
teidigers, der belgischen vierten Division und der franzö-
sischen Hilfskräfte, zogen südwärts ab, ein Teil davon
fiel den Sachsen in die Hand, wie wir später sehen
werden.
Vergebens stemmte sich die französische fünfte Armee
unter General Lanrezac an den Sambreübergängen bei
Charleroi dem deutschen Ansiurm entgegen. Die französische
Heeresleitung, welche zwischen Metz und Lüttich die Erst-
schlacht mit ihrem linken Flügel hatte schlagen wollen,
sah sich am 22. August gezwungen, auf einer vielfach
gebrochenen Linie, von der Sambre über die Maas und
den Semois bis zum Erzbecken von Briey den deutschen
Stoß aufzufangen.
Alle Anstrengungen der Franzosen waren vergebens.
Die deutsche erste Armee traf vernichtend die Engländer
in Front und Flanke bei Mons, während zwei ihrer Korps
(III. und IX. Reservekorps) die Belgier in Antwerpen fest-
hielten.
Die deutsche zweite Armee besiegte die Hauptkräfte der
französischen fünften Armee in dreitägiger Schlacht (22. bis
24. August) bei Charleroi. Gleichzeitig schlug die deutsche
dritte Armee den rechten Flügel Lanrezacs (2. Infanterie-
division und Reservedioision Bruttegourd) bei Dinant so
gründlich, daß die südwärts bei Givet und Fumay an-
schließende französische 7. Infanteriedivision kopflos das
Feld räumte.
Die deutsche dritte Armee schob sich nummehr als drohen-