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ohne Helm), doch konnte ich das als ernsthaften Angriff
nicht mehr ansprechen. 8 Uhr vormittags wurde ich zur
Berichterstattung zurückgerufen, meine Stelle vertrat Haupt-
mann Schmidt. Der Tag verlief im allgemeinen ruhig.
Nur von 4,30 Uhr nachmittags ab feuerten die Eng-
länder wieder mit Schrapnells. 6 Uhr nachmittags
kam vom Trichter die Meldung, daß in den gegenüber-
liegenden Gräben starke englische Kräfte die Seitengewehre
aufgepflanzt hätten. Durch unser schlagartig einsetzendes
Trommelfeuer wurde auch dieser Angriff im Keime er-
stickt. Das Regiment wurde zwischen 11 und 12 Uhr nachts
aus der Stellung herausgezogen und durch Infanterieregi-
ment 133 ersetzt. Es herrschte vollständige Ruhe auf der
Front, weder ein Artillerie= noch Infanterieschuß fiel.
Unter den angreifenden Truppen wurden festgestellt:
1. Kanadier, 2. Vorkshire, 3. Lancaster, 4. Befordshire,
und zwischen Sappe 13 und 14 banadische Kavallerie.“ —
Soweit der Bericht, der für sich selbst spricht.
VI. Der Anteil von Truppen des XIX. Armeekorps an den
Herbstkämpfen im Artois
Etwa gleichzeitig mit dem gewaltigen Durchbruchsversuch
der Franzosen in der Champagne im September #9#18#, der
Russenkämpfe bei Wilna und der Italienerangriffe am
Isonzo wiederholten Engländer und Franzosen gemeinsam
im September 1915 auch im Artois ihre Durchbruchs-
versuche. Der Feind setzte dabei weit größere Massen als
im Mai ein und versuchte nach einer biöher nicht dagewesenen
Artillerievorbereitung die deutsche Front an mehreren Stellen
zu durchbrechen. Wiederum brach der Ansturm trotz vier-
facher Uberlegenheit des Feindes zusammen. Die Hoff-
nung unserer Gegner wurde an dem Heldenmut und der
unerschütterlichen Ausdauer unserer Truppen zuschanden.
Nur an zwei Stellen erzielte der Feind einen unbedeutenden,
für die Gesamtlage belanglosen Geländegewinn.
Dao XIX. Armeekorpo war zwar nicht als geschlossener
Verband an den Abwehrkämpfen des Herbstes beteiligt,
wohl aber haben mehr als die Hälfte seiner Infanterie
und Pioniere, seine gesamte Fußrtillerie, eine Abteilung
Feldartillerie und zwei Minemwerferabteilungen bei anderen
Korps, und zwar an den gefährdetsten Stellen, mit großer
Auszeichnung am Kampfe teilgenommen, stete herbeigesehnt
von den Führern bedrohter Abschnitte und ungern nach red-
lich getaner Arbeit entlassen. „Auf die zähen Sachsen ist
im Abwehrkampf unbedingter Verlaß.“ Das hatte deren
Ausharren im Mai—Juni bewiesen.
Vor der Front des XIX. Armeekorps selbst erfolgte am
25. September ein englischer Gasangriff. Haushohe, teils
schwarze, teils weiße Wolken stiegen aus den feindlichen
Stellungen empor, strichen aber größtenteils in der Längs-
richtung der feindlichen Stellung entlang ab und richteten
bei uns beinerlei ernstlichen Schaden an. Ein Angriff unter-
blieb sodann.
An den Kämpfen anderer Korps nahmen vom XIX. Armee-
korps teil:
89. Infanteriebrigade (Infanterieregiment 133 und Jä-
ger 13) unter Generalmajor Hammer, später Generalmajor
. Reyher beim l. bayerischen Reservekorps.
88. Infanteriebrigade (Infanterieregiment 104 ohne I
und Infanterieregiment 134) unter Generalmajor Graf Vitz-
thum von Eckstädt beim Gardekorps.
I. Infanterieregiment 104 unter Hauptmam F. Koch
beim VIII. Armeekorps.
4. und 10. Infanterieregiment 179 unter Hauptmann
Tegetmeyer bei der 6. bayerischen Reservedivision.
2 Kompagnien Pioniere 22 beim G’ ardekorps, beim
I. bayerischen Armeekorps und bei der Division Hartz.
Stab der 40. Feldartilleriebrigade, Generalmajor Dev-
rient als Artilleriekommandeur bei der s. bayerischen Re-
servedivision. «
I. Feldartillerieregiment 32 bei dem I. bayerischen Re-
servekorps.
II. Fußartillerieregiment 19 war bereits seit Mai bei
den verschiedensten Korps tätig.
Der große englisch-französische Herbstangriff setzte am
25. September gegen die ganze Westifront gleichzeitig ein.
Der englische Hauptstoß erfolgte zwischen dem Kanal von
La Bassée und Lens, die beiden französischen Hauptstöße
fanden in der Gegend von Souchez und südöstlich von Arras
statt. Auf allen drei Kampfstellen haben sächsische Truppen
des XIX. Armeekorps Verwendung gefunden.
Die 89. Infanteriebrigade (Infanterieregiment
133 und Jäger 13)
Bereits am 11. September, also noch ehe der große
Angriff einsetzte, wurde die 39. Infanteriebrigade (Infan-
terieregiment 133 und Jäger 13), welche bioher die Armee-
reserve gebildet hatte, der §. bayerischen Reservedivision im
Naume von Beaurains südöstlich von Arras zur Verfügung
gestellt. Die Brigade wurde zunächst zum Ausbau der arg
zerschossenen Stellungen herangezogen.
Am 25. September griff der Feind dann an. Unter wirk-
samer Unterstützung der starken Feld= und Fußartillerie
der §. bayerischen Reservedivision wies Infanterieregiment
133 den Angriff vollständig ab, wobei sich das Bataillon
Theermann (I) und die 9. Kompagnie besonders auszzeich-
neten. Das Regiment nahm 9 Offiziere und 418 Mann
gefangen, 2 Maschinengewehre wurden erbeutet. Der eigene
Verlust betrug: 2 Offiziere und 76 Mann tot, 3 Offiziere
und 240 Mann verwundet, 13 Mann wurden vermißt,
wahrscheinlich verschüttet und tot. Vor der Front des Negi-
ments lagen festgestellt 850 tote Feinde.
Die 13. JZäger warfen am 25. September mittags
den Feind, der an einer Stelle bereits in den Kampf-
graben eingedrungen war, glatt zurück, nahmen 2 Offiziere
und loo Mann gefangen (vom französischen XVII. Armee-
korps) und verloren selbst 2 Offiziere und 581 Jäger tot
und 2 Offiziere, 102 Jäger verwundet, 24 Mann vermißt,
wahrscheinlich in den Unterständen erdrückt. 18 Mann konn-
ten lebend geborgen werden.
Während in der Gegend von Arras die feindlichen An-
griffe ergebnislos verliefen, gelang es den Gegnern, an
zwei Stellen weiter nördlich in die deutschen Stellungen
einzubrechen, und zwar .
) zwischen Haisnes und Loos, wo die 117. Infanterie-
division und Teile des IV. Armeekorps durch einen gelun-
genen Gasangriff zum Zurückgehen gezwungen wurden,
B) bei und nördlich von Souchez, wo die von großer
Überlegenheit angegriffene sächsische 123. Infanteriedivi-
sion den vielumstrittenen Ort aufgeben und sich auf die
östlich davon gelegenen Höhen zurückziehen mußte. Die
123. Infanteriedivision eroberte später in einem mit dem
größten Schneid durchgeführten Angriff, der später aus-
führlich dargestellt werden wird, einen beträchtlichen Teil
des verlorenen Geländes zurück.
I. Bataillon Infanterieregiments 104
Bei dem Durchbruch zwischen Haisnes und Loos wurde
der linke Flügel des VII. Armeekorps getroffen. Hier
drang der Gegner in das vielgenannte und heißumstrittene
Hohenzollernwerk ein. Zwar gelang es dem VII. Armee-
korps, unterstützt durch ein Bataillon des lI. bayerischen
Armeekorps, den Gegner zum Teil zurückzuwerfen, Teile
des Werkes blieben aber in Feindeshand. Sie wiederzu-
erobern, blieb dem Infanterieregiment 104 vorbehalten.
Das Bataillon stand bis dahin als Korpsreserve in Ques-