Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

noy, 4 Kilometer nördlich Lille. Seine 2. und 3. Kom- 
pagnie wurden am 1. Oktober früh gegen den West- 
graben des Hohenzollernwerkes, das die Engländer stark 
besetzt hielten, eingesetzt. Die Kompagnien gingen im schwer- 
sten Artilleriefeuer über ein völlig eingesehenes Gelände 
vor. Die Verbindungsgräben waren zum größten Teil ver- 
schüttet. Nur Reste des bayerischen Infanterieregiments 9 
(5. und 12. Kompagnie) hielten noch Teile des Wesi- 
grabens besetzt. 4 Uhr nachmittags war der Westigraben 
von den Engländern gesäubert. 40 Gefangene, 2 englische 
und 1 deutscheo Maschinengewehr fielen in die Hände der 
Sieger. Der erschöpfte Rest der tapferen Bayern wurde 
abgelöst, das I. Bataillon Infanterieregiments 104 ganz 
bier eingesetzt. 
Vom 3. bis 13. Oktober lag bei Tag und Nacht das 
stärkste Artilleriefeuer von 158= bis 2 3-em-Kaliber-Geschützen 
auf diesem Abschnitt. Die Stellung war auf großen Strek- 
ken völlig eingeebnet. Unterstände waren kaum mehr vor- 
handen. Die Aufräumungsarbeiten und der Wiederausbau 
der Stellung nahmen die äußersten Kräfte der Truppe 
in Anspruch. 
Am 13. Oktober mittags setzte Trommelfeuer ein, ein 
Gasaangriff schloß sich an. Der feindliche Infanterieangriff 
richtete sich dann in der Hauptsache gegen die 2. Kom- 
pagnie des Infanteriekegiments 104 und gegen den Nach- 
bargraben deo preußischen Reserve-Infanterieregiments s§. 
Der letztere wurde von den Engländern genommen und 
dadurch die linke Flanke der 2. Kompagnie sehr gefährdet. 
Die Engländer stießen sogar gegen die rückwärtigen Linien 
vor. Durch Teile der 2. und 4. Kompagnie des Infanterie- 
regiments 104 und Teile des Reserve-Infanterieregiments s# 
unterstützt, warfen sich die Sachsen von allen Seiten her 
auf die eingedrungenen Engländer, die bis auf 4 Mann, 
die sich ergaben, vernichtet wurden. 
Auch weitere, am 13. und 14. Oktober unternommene 
Gegenstöße der Sachsen waren erfolgreich. In der Nacht 
zum ls. Oktober wurden die Sachsen dann in die wohl- 
verdiente Ruhestellung zurückgenommen. Die Verluste waren 
sehr schwer, 4 Offiziere, 129 Mann tot, 8 Offiziere (dabei 
2 Arzte) und 399 Mann verwundet, 6 Mann verschüttet. — 
Die 88. Infanteriebrigade (Infanterieregiment 
104 ohne l. und Infanterieregiment 134) 
Auf den Höhen östlich von Souchez war am 29. Sep- 
tember die hart mitgenommene 123. Infanteriedivision vom 
Gardekorps abgelöst worden. Ein Versuch des Gardekorps, 
das verlorene Gelände wiederzugewinnen, schlug trotz des 
beispiellosen Opfermutes der Garde, die eben von ihrem 
Siegeozug auf dem östlichen Kriegsschauplatz eingetroffen 
war, fehl. 
Um Teile des Gardekorps ablösen zu können, wurde 
am 2. Obtober die 88. Infanteriebrigade (Infanterieregi- 
ment 104 ohne I. Bataillon und Infanterieregiment 134) 
unter Generalmajor Graf Vitzthum v. Eckstädt aus der 
Stellung des XIX. Armcekorps herausgezogen, mit der 
Bahn nach Douai befördert und dem Gardekorps unterstellt. 
Sie löste in der Nacht zum 4. Oktober das 3. Garde- 
regiment zu Fuß und das 10. Garde-Grenadierregiment 
durch Infanterieregiment 134 und in der folgenden Nacht 
das 1. Garderegiment zu Fuß durch Infanterieregiment 104 
westlich und südlich von Givenchy ab. 
Die Aufgabe der Brigade war, den letzten Höhenkamm 
westlich von Givenchy unbedingt festzuhalten. Gelang es 
dem Gegner, sich dieses Höhenkammes ganz zu bemech- 
tigen, so lag die weite Ebene von Douai vor ihm. 
Verteidigungsfähige Kampfgräben gab es dort nicht mehr. 
Sie waren meist zu flachen Mulden oder einzelnen Schützen- 
löchern zerschossen. Unterstände fehlten für Kampftruppe 
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und Führer, die Hindernisse waren zerstört. Die Wieder- 
herstellung der Stellung nahm die äußerste Kraft der Mann- 
schaft in Anspruch. Am 11. Oktober abends griffen die 
Franzosen in breiter Front und mit starken Reserven an. 
Das Sperrfeuer unserer starken Artillerie hielt den feind- 
lichen Angriff in der Hauptsache nieder. Nur an einer 
Stelle drangen die Franzosen in unsere Stellung ein, wur- 
den aber sofort wieder zurückgeworfen. Doch blieb die Lage 
ernst, die Brigade wurde deshalb dort zurückgehalten und 
vom 13. bis 25. Obtober nach kurzer Erholung in der 
Neservestellung wieder in vorderster hinee verwendet. Die 
Verluste der tapferen Regimenter betrugen zusammen: 11 
Offiziere, 706 Mann, im einzelnen siehe die Verlustlisten 
am Schluß. — 
4. und 10. Komp. Infanterieregiment 170 
Bei der großen Offensive am 25. September war der 
Gegner auf dem rechten Flügel der 6. bayerischen Reserve- 
division in einen Stützpunkt bei Bridoux eingedrungen. Aus 
eigner Entschließung setzte Major Baumgärtel, der Kom- 
mandeur des anschließenden linken Flügelbataillons des 
XIX. Armeekorps, seine Reservekompagnien, 4. und 10. des 
Infantericregiments 179, zum sofortigen Flankensloß ein. 
Diese beiden Kompagnien unter Hauptmann Tegetmeyer 
brachten durch überraschenden Handgranatenangriff den ver- 
lorenen Stützpunkt in den Besitz der Bayern zurück, machten 
viele Gefangene und erbeuteten drei Maschinengewehre. — 
  
Die Artillerie im Herbstkampf 1015 
Ich benutze die Gelegenheit, wenigstens hier an einer 
Stelle einmal ein ausführliches Bild der Tätigkeit einzel- 
ner Batterien während des großen Herbstringens im Ar- 
tois zu entwerfen. Sie tritt sehr gegen meine Absicht bei 
meinem Buche, das nur den Zusammenhang der Ereig- 
nisse ohne jedes Eingehen auf die Leistungen der einzelnen 
Truppenteile darzustellen bezweckt, naturgemäß zurück. Das 
Eingreifen der schweren Artillerie ist bei der Zurückweisung 
der großen Durchbruchsversuche im Herbst 1915 von ganz 
hervorragender Bedeutung gewesen. Der Erfolg entsprach 
aber auch der Arbeit der rastlos tätigen Batterien. 
Vereits während der Mai= und Junikämpfe lols ist 
des musierhaften Zusammenwirkens der Feldartillerie mit 
der Infanterie gedacht worden. Im Herbst 1915 wurde die 
I. Abteilung des Feldartillerieregiments 32 vom 16. Sep- 
tember ab zur Verstärkung des l. bayerischen Reservekorps 
auf den Höhen südöstlich von Arras hinter der sächsischen 
39. Infanteriebrigade eingesetzt und hatte am 25. Oktober 
ihren redlichen Anteil an der Zerschmetterung des feindlichen 
Angriffs. Dort leitete der sächsische Artilleriegeneral De- 
vrient während des Kampfes insgesamt 33 Batterien, ge- 
wi ein schöner Erfolg moderner Befehlstechnik und Feuer- 
eitung. 
Mit großer Tapferkeit und bestem Erfolg haben auch die 
schweren Batterien des II. Bataillons Fußartillerieregiments 
lo an den verschiedensten Stellen der Kampffront teilgenom- 
men. Die s*. Batterie hatte vom 14. Mai ab beim 
VII. Armeeborps an der Abwehr der Engländer, welche seit 
dem 15. Mai wiederholt angriffen, bei Neuve-Chapelle 
und südlich rühmlichen Anteil. Vom 11. Juni ab kämpfte 
diese Batterie dann beim I. bayerischen Reservekorps gegen- 
über von Neuville. Dort verfeuerte sie an einem Tage 
(16. Juni) nicht weniger als looo Schuß. Dabei erlitten 
ihre Beobachter in den vordersten Kampfgräben durch das 
feindliche Minen= und Handgranatenfeuer fortgesetzt Ver- 
luste. Stets hielt sie ihre Tätigkeit aufrecht. 
Im Herbst war sie dann dem VI. Armeekorps zugeteilt. 
Dort erhielt sie am 6. September durch Flankenfeuer zweier 
 
	        
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