Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

Artillerie in Schranken, auch der Fliegerdienst, 10 Flug- 
zeuge, dabei s Kampfflugzeuge, erfüllte von seinem Flug- 
platze südlich von Lille aus seine Aufgaben, Artilleriebeob- 
achtung, Bildaufnahme der feindlichen Stellungen und Fern- 
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aufklärung, voll und ganz, trotz der schnell wachsenden 
Überlegenheit der Gegner an Zahl und Stärke der Flugzeuge 
dank der besonderen Tüchtigkeit der deutschen Flieger, voran. 
des jungen Sachsenfliegers Immelmann. 
Die 123. Infanteriedivision 
(Skizze 41, Seite 221) 
Kriegsgliederung bei der Aufstellung am 5. 4. 1015. 
R.-J.-R. 106 J. 
5./Hus. 20 1./Hus 18 
F.-A.-R. 245 mit 2 Abt. zu je 3 Bttr. 
3. Res.-Fußart. 19 Fernspr Zug 123 
Scheinw.-Zug 245 San.-Komp. 123 
K. 178 
P.-Komp. 245 
Mun.-Kol. 
Mun-Kol. Abt. 123 
2 Artl. Mun.-Kol. 1 Inf.-Mun.-Kol. 
Trains 
Train-Abt. 123 
Fuhrpark-Kol. 1, 2 
1./2. Pferdedepot 123. 
Feldlaz. 1, 2, 3 
Feldäck.-Kol. 123 
Prov.-Kol. 1, 2. 
Die 123. Infanteriedivision wurde unter dem General- 
major, später Generalleutnant Lucius als Divisionskom= 
mandeur im April la#s durch Abgaben vom XII. Armce- 
korps und XII. Reservekorps gebildet und rückte bereits 
Mitte April links vom XII. Armeckorps in die vorderste 
Stellung nordwestlich von Reims bei Brimont ein. Mitte 
Mai erfolgte dann ihr Abtransport nach der Gegend ölllich 
von Lille. Dort stiiß am 1. Juli eine leichte Feldhaubitzen- 
abteilung zu zwei Batterien aus der Heimat zu ihr und 
wurde als III. Abteilung dem Feldartillerieregiment 245 
angegliedert. 
Seine Majestät der König begrüßte die Division zum 
ersten Male am 12. Juli in Lille. Nach mehrfachen Ab- 
kommandierungen waren Anfang Juli alle Teile der Di- 
vision in und um Lille vereint. Am 9. Juli rückte die 
Division im Nahmen der sechsten Armee in deren rechte 
Flügelstellung bei Wervicg—Comines (Skizze 26) ein. Dort 
löste am 16. Juli das Reserve-Infanterieregiment 106 
unser Straßburger Sachsenregiment Infantericregiment 105 
(XV. Armeekorps) ab. Die Dwision führte sich am 17. Juli 
mit einer erfolgreichen Minensprengung bei St.-Eloi beim 
Feinde gut ein, der mit schweren Granaten in besonders 
großer Zahl die folgenden Tage quittierte. 
Schon am 22. Juli wurde die Division in die Gegend 
von Lille—Roubaix verlegt, zunächst zur Verfügung der 
Heeresleitung. Die Division fand hier Gelegenheit, die 
Trappenausgildung bio Ende August zu fördern. Neben- 
bei wurden die Mannschaften ausgiebig zum Ausbau rück- 
wärtiger Stellungen herangezogen. Dabei ging es nicht 
ohne Verluste ab. Infanterieregiment 182 hatte beispiels- 
weise beim Schanzen 10 Tote und 39 Verwundete. 
Ende August wurde die Division der sechsten Armee über- 
wiesen und von dieser dem IV. Armeekorps zugeteilt. 
Die Division übernahm dort in der Gegend von Lens— 
Loison den bisherigen Abschnitt der 8. Infanteriedivision. 
Der Gegner begrüßte sie gleich mit seiner schweren Artillerie. 
Für Infanterieregiment 178 beim „Herenkessel“ und beim 
„72er Graben“, ebenso für Infanterieregiment 182 bei 
Souchez entwickelten sich sofort hartnäckige Handgranaten- 
kämpfe. Alles deutete auf besonders regen Betrieb beim 
Feinde hin. Einzelne Teile der deutschen Stellung, ins- 
besondere die „Inselstellung“, der Ort Givenchy, sowie die 
„Gießlerhöhe“ wurden jetzt schon vom Feinde stark be- 
schossen. 
Von unserer Artillerie wurden die besonders hervortreten- 
den Punkte der französischen Stellung, die Lorettokapelle, 
der „Franzosenbopf“ und das „Marokkanerwäldchen“ eben- 
falls dauernd unter Feuer gehalten. 
Anfang September begannen sich die Franzosen unauf- 
fällig auch gegen die rückwärtigen Teile der Stellung, 
Batterien und Munittonsdepots, sowie gegen die Unterkunfts- 
orte hinter der Front mit ihrer schweren Artillerie einzu- 
schießen. Hierbei unterstützten sie die französischen Flieger 
aufo beste, während sic gleichzeitig die Tätigkeit unserer 
Artillerie bei ihrer völligen Beherrschung der Luft schwer 
beeinträchtigten. 
Die taktisch sehr ungünstige Stellung und ihr sehr man- 
gelhafter Ausbau bei ihrer Ubernahme waren auf die Mai- 
schlacht und die seither nie ganz ruhende Gefechtstätigkeit 
an dieser Front zurückzuführen. Trotz äußerster Anspan- 
nung aller Kräfte war es der 8. Infanteriedivision, welche 
vorher die Stellung besetzt hielt, nicht gelungen, die voll 
von ihr erkannten Mängel in der Linienführung und im 
Ausbau der Stellung zu beseitigen. Die Gräben zogen 
sich am Fuße der Lorettohöhe hin und konnten von hier 
aus fast überall eingesehen werden. Die ganze Stellung der 
Division bildete außerdem einen aus der übrigen Armee- 
front herausspringenden Winkel, so daß die Gräben von 
den in französischer Hand befindlichen Höhen nordwestlich 
Neuville St. Vaast vollkommen flankiert und zum größten 
Teil in Rücken gefaßt werden konnten. 
Eine weitere große Gefahr barg der Umstand in sich, 
daß, durch die Bodengestaltung bedingt, die Annäherungs- 
wege nach sämtlichen drei Abschnitten in dem schmalen 
Sauchezbachgrund bei Schacht (Fosse) 6 zusammenliefen. 
Da dieser Grund ebenfalls von den Höhen nordwestlich 
Neuville eingesehen werden konnte, mußte damit gerechnet 
werden, daß ein Vorwerfen von Neserven bei einem feind- 
lichen Angriff nur unter schweren Verlusten ermöglicht wer- 
den konnte. Dazu kam noch, dass die Annäherungswege 
zu dem mittleren und linken Regimentsabschnitt sehr lang 
waren, auf das Eintreffen der von dort vorgeführten Reser- 
ven in der vorderen Stellung also erst nach geraumer 
Zeit zu rechnen war. 
Diesen außerordentlich ungünstigen taktischen Verhält- 
nissen mußte die Stärkebemessung bei Besetzung der Stel- 
lung Rechnung tragen, und ihnen hätte ein besonders starker 
Ausbau der Verteidigungsanlagen entsprechen müssen. Letz- 
teres aber war tatsächlich nicht der Fall. Bei Ubernahme 
der Stellung war keine durchlaufende vorderste Verteidi- 
gungslinie vorhanden. Die vorderste Stellung bestand fast 
nirgends aus zwei hintereinander gelegenen, unter sich und 
mit dem rückwärtigen Gelände durch Verbindungsgräben 
verbundenen Linien. Schußsichere Unterstände waren nur 
in ganz geringer Anzahl eingebaut. Vor der Stellung be- 
fand sich kein wirksames Hindernis. Fernsprechleitungen 
von den Unterständen der Unterabschnittokommandeure nach 
den vordersten Linien waren nur im rechten Regiments- 
abschnitt vorhanden. 
Um diese für die Verteidigungsfähigkeit der übernom- 
menen Stellung außerordentlich bedenklichen Schwächen im 
Ausbau beseitigen zu können, hätte es einiger Wochen ge- 
ringer feindlicher Gefechtstätigkeit vor der Front der Divi- 
sion bedurft. Diese Nuhepause trat nicht ein, im Gegenteil
	        
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