luste wuchsen aber in dem anhaltenden feindlichen Trommel-
feuer, gegen das die notdürftig ausgeschürften Schützen-
gräben beine Deckung boten, von Stunde zu Stunde zu
unheimlicher Größe an.
So verlief auch der folgende Tag, der 13. Mai. An
diesem Tage vermochte Reserve-Infanterieregiment 120
die beiden zurückeroberten schweren Feldhaubitzen nach rück-
wärts in Sicherheit zu bringen und übergab sie den Bayern.
Bis zur Nacht des 14. Mai war die vordere Stel-
lung der Regimenter mit unsagbarer Anspannung der Leute
genügend ausgebaut, sogar eine zwischen den Regimentern
bisher entstandene Lücke ausgefüllt und für gedeckte Ver-
bindung nach rückwärts gesorgt worden.
Am Nachmittag des 15. Mai lag wiederum feindliches
Trommelfeuer auf der Stellung beider Regimenter. Erst
am Abend flaute das Feuer etwas ab, der von Stunde zu
Stunde erwartete feindliche Angriff blieb aus. Mit neuem
Eifer machte sich die Mannschaft an den Ausbau ihres
Kampfgrabens. Als sie mit Stolz auf das unter
den unsäglichsten Schwierigkeiten entstandene Werk nach
seiner Vollendung blickten, traf die Kunde von der Ab-
lösung ein.
In der Nacht zum 16. Mai wurde Reserve-Infanterie-
regiment 120 und in der folgenden Nacht Infanterie-
regiment 107 abgelöst ohne jede Störung durch den Feind.
Die Hoffnung auf Ruhe nach eben vollbrachter Höchst-
leistung erwies sich als trügerisch. Teile beider Regi-
menter wurden sofort zum Schanzen in zweiter Linie
befehligt.
Bereits am 14. Mai war Infanterieregiment 106 von
der Lorettohöhe nach Angres zurückgezogen worden und
trat tags darauf zur Division zurück. Seine enormen
Opfer sind bereits früher erwähnt worden.
Am is. Mai trafen für die sächsischen Regimenter
2500 Mann Ersatz aus der Heimat mit Gewehren 98
ein, ebenso am 20. Mai weitere 1000 Mann mit Ge-
wehren 98. Nunmehr konnten die Mamschaften beider
sächsischen Regimenter ganz mit dem vorzüglichen Ge-
wehr 98 ausgestattet werden.
Die nächsten Tage, selbst der Pingstsonntag, wurden
mit dem Ausbau von Aufnahmestellungen verbracht. Der
Feind hatte immer noch nicht seine Durchbruchoversuche
ganz aufgegeben, die Division wurde deshalb mehrfach
alarmiert, aber nicht mehr auf dem bisherigen Kampf-
feld eingesetzt.
Gerade zu Königs Geburtstag, am 25. Mai wurde die
116. Infanteriebrigade ohne Infanterieregiment 106, das
noch besonders der Schonung bedurfte, der 15. Infan-
teriedivision zur Ablösung von deren vorderen Truppen
überwiesen.
Infanterieregiment 107 wurde bei Neuville eingesetzt,
wo der Kampf besonders heftig fortdauerte, und wies dort
in den nächsten Tagen wiederholte, äußerst heftige feind-
liche Angriffe zurück. Erst in der Nacht zum 7. Juni
wurde es dort durch andere Truppen ersetzt, nachdem es
wiederum 15 Offiziere und gegen 750 Mann verloren
atte.
Das württembergische Reserve-Infanterieregiment 120
wurde in der Nacht zum 28. Mai nördlich von Neuville
eingesetzt, und in der Nacht zum 4. Juni wieder aus
der Kampflinie herausgezogen.
Bereits vorher, am 2. Juni, war bei der §8. In-
fanteriedivision der Befehl eingegangen, daß deren In-
fanterie nunmehr dem l. bayerischen Reservekorps unter-
Sachsen In großer Jelt. Bd. 1I
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stellt werden solle. Noch standen zu dieser Zeit die Re-
gimenter nach übermenschlicher Leistung in der vordersten
Linie des bisher nie ruhenden Kampfes. Jetzt erfolgte
innerhalb von drei Wochen ihre dritte Verschiebung in
neue Abschnitte, die von den Truppen besonders schmerz-
lich empfunden wurde, da sie jedesmal, wenn sie sich
in musterhafter Weise eine Stellung geschaffen und in Ord-
nung gebracht hatten, dieselbe anderen Truppen überlassen
mußten.
Zunächst konnte die Verschiebung nicht stattfinden, da
Infanterieregiment 107 am §. Juni in Neuville äußerst
heftigen feindlichen Angriffen ausgesetzt war und ein Ba-
taillon des Reserve-Infanterieregiments 120, nachdem der
Feind in einen Teil der Stellung eingedrungen war, sogar
zu seiner Unterstützung bei Neuville hatte eingesetzt werden
müssen.
Am 7. Juni fand dann die Umgrupplerung statt. In-
fanterieregiment 107, das in Neuville besonders schwere
Verluste erlitten hatte, wurde der in Reserve befindlichen
115. Infanteriedivision zugeteilt, anstatt dem J. bayerischen
Reservekorps, bei dem zunächst nur ein Bataillon des
Reserve-Infanterieregiments 120 nördlich von Ecurie im
sogenannten Labyrinth eingesetzt wurde. Infanterieregiment
106 war in dieser JZeit beim XIV. Armeekorpo in der
Gegend von Loos in einer damals gerade etwas ruhigeren
Abwehrstellung verwendet worden.
Se. Maiestät der König besuchte mit den drei Prinzen
am 11. Juni die beiden aus schwerem Kampfe kommen=
den Regimenter.
Die Artillerie der Division war die ganze Jeit über
in ihren Gefechtsstellungen geblieben, ihr in der Leitung
von Artilleriemassen besonders erfahrener Kommandeur,
der württembergische Generalleutnant v. Fritzsch, hatte mit
seinen Artilleristen volle Arbeit gemacht.
Die Absicht der Gefechtsleitung, die Division geschlossen
in der vom Feinde bedrohtesten Linie Neuville—Erurie
einzusetzen, kam nicht zur Ausführung. Infanterie-
regiment 106 konnte vorläufig nicht aus seiner gefährdeten
Stellung bei Hulluch nördlich Loos abgelöst werden. Re-
serve-Infanterieregiment 120 meldete am 18. Juni, daß
es infolge der überaus schweren Kämpfe im Labyrinth
in höchstem Grade mitgenommen sei.
Am 21. Juni wurde die Division aus dem Artois zur
vierten Armee abbefördert. Nur die gesamte Artillerie
und die Pioniere der Division blieben zunächst dort zurück.
Die Division bildete vom 23. Juni ab die Heeresreserve
mit dem Hauptgquartier in Ingelmünsier im Bereiche der
vierten Armee. Von dort trat sie am 133. Juli zur sechsten
Armee über und wurde in dem Raume um Roubair
untergebracht, wie vor ihrem Abrücken zur zweiten Loretto-
schlacht.
Wieder begann mit frischem Eifer die Ausbildung der
Truppe, welche durch neuen Ersatz inzwischen auf die
volle Stärke gebracht worden war. Hier trafen auch die
Artillerie und die Pioniere nach ruhmvoller Tätigkeit im
Artois wieder bei der Dinvision ein.
Am 190. Juli 8,50 Uhr abends kam der Befehl mm
Abtransport der Division, Ziel unbekannt.
In Rußland werden wir die glückliche Division wieder=
finden, wo sie in frischem fröhlichen Bewegungskrieg über
den Narew hinaus bis Bialystok vordrang und dann im
Wilnafeldzug kühn um die Flanke des überstarken Feindes
bis weit hinter dessen Front mitten in seine unerschöpf-
lichen Reservemassen vorstieß.