derste Kampflinie fest in seiner Hand. Nur der linke
Flügel des Reserve-Infanterieregiments 107 wurde bis an
die Stützpunktstellung zurückgedrängt. Hier war die Infan=
terie auf sich allein angewi-sen, denn die ösiliche Artillerie=
gruppe war durch überwältigendes Artilleriefeuer nieder-
gekämpft und bonnte nur noch mit einzelnen Geschützen
dem Feinde antworten. Die westliche Artilleriegruppe da-
gegen vermochte im Verein mit Batterien der 23. Reserve-
division der Infanterie des rechten Flügels vorzügliche
Unterstützung zu gewähren. Die auf dem Balkon ein-
gebauten Minenwerfer und leichten Geschütze alter Art
kämpften, soweit sie nicht zerstört oder verschüttet waren,
bis zuletzt. Sie fielen schließlich, unbrauchbar gemacht, in
Feindeshand.
12 Uhr mittags ließ die Division auf Befehl des General=
kommandos ihre Reservestellung durch 3 Kompagnien des
Rekrutendepots, durch die Maschinengewehrabteilung (fran-
zösische Maschinengewehre) der Reserve-Jäger 12 und durch
eine zur Verfügung gestellte Rekrutenkompagnie der 23.
Reservedivision besetzen.
1,40 Uhr nachmittags meldete Reserve-Infanterieregi-
ment 107, daß der Feind in den Stützpunktwald ein-
gedrungen und daß das rückwärtige Gelände durch Gas-
feuer gesperrt sei. Zwei daraufhin zur Wiedereroberung
unternommene Handgranatenangriffe des Reserve-Infan=
terieregiments 107 mißglückten, da sie mit zu schwachen
Kräften gegen eine erdrückende Uberlegenheit geführt werden
mußten. Die Division verfügte aber über keine weiteren
Reserven. Ihre insgesamt 11 Bataillone waren bis auf
den letzten Mann eingesetzt. Eine Kompagnie aus Vaudesin-
court vom Reserve-Infanterieregiment 102 der 23. Reserve-
division wurde der Division zur Verfügung gestellt und
gegen 3 Uhr nachmittags dem Reserve-Jägerbataillon 13
unterstellt, als sich der Feind vor Aubérive erneut zum
Angriff bereitstellte.
Die ersten Abteilungen der in Aussicht gestellten Unter-
stützungen konnten erst am Nachmittag bei dem Gefechts-
stand der Division eintreffen. Wann von dort aus diese
Unterstützungen durch das auf dem Py-Grund liegende
Sperrfeuer nach vorn gelangen konnten, war nicht zu be-
rechnen. Die Lage wurde äußerst kritisch. Der Feind führte
auf der ganzen Front immer neue Kräfte zum Angriff
vor, und immer mehr feindliche Batterien wurden nach
vorwärts gezogen. Sie brachen aber ebenso wie die später
vorgehende feindliche Kavallerie im Feuer der sächsischen
Infanterie zusammen. In allen Abschnitten der Division
leisteten die durch das überwältigende Feuer der letzten Tage
und durch die Entbehrung an Nahrung und Schlaf er-
schöpften Truppen Übermenschliches.
Erst am Spätnachmittag und in der Nacht trafen, mit
Kraftwagen und durch Fußmarsch herangeholt, die ersten
Verstärkungen ein. Sie wurden von der Division bataillons-
weise schnell an die bedrohtesten Punkte in den Abschnitten
der Reserve-Infanterieregimenter 107 und 133 geworfen,
um den direkten Durchbruch zu verhindern. Dieser stand
in bedrohlicher Nähe schon allein infolge des Erfolgs der
feindlichen übermächtigen Artillerie. Ihr Feuer hatte in
kürzester Zeit die an Zahl so vielfach unterlegene Artillerie
des linken sächsischen Abschnittetn niedergekämpft, von den
feindlichen Fliegern dabei auf das wirksamste unterstützt.
Das feindliche Feuer mußte fast unbeantwortet bleiben. Die
starke französische Infanterie hätte nunmehr zweifellos die
künneen Linien der Sachsen mit ihren Massen durchbrechen
önnen.
Die Lage der sächsischen 24. Reservedivision war um
so kritischer, als bereits 2 Uhr nachmittags der Generalstabs-
offizier der links anschließenden Division v. Liebert mit-
geteilt hatte, daß bis auf Reserve-Infanterieregiment 103
auf dem rechten Flügel, von dem keine genaue Nachricht
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vorhanden sei, die Oivision die Reservestellung eingenommen
hätte. Diese lag fast 4 Kilometer hinter dem linkben Flügel
der 24. Reservedivision.
Außerdem war auch Reserve-Infanterieregiment 107
durch die erneut einsetzenden französischen Angriffe bis
7 Uhr abends in die Zwischenstellung schrittweise zurück-
gedrängt worden, nachdem das Regiment auf einige hundert
Mann zusammengeschmolzen war.
Trotzdem blieb der Divisionskommandeur fest entschlos-
sen, seine Stellungen zu behaupten und nahm in Aussicht,
die vordersten Gräben des Reserve-Infanterieregiments 107
und des rechten Flügels Reserve-Infanterieregiments 133
mit den eingetroffenen und in Aussicht gestellten Verstär-
kungen noch in der Nacht wieder zu nehmen. Hierzu wurden
die eintreffenden Verstärkungen: II. Landwehr-Infanterie-
regiment 104 und 2. Kompagnie Infanterieregiment 184
dem Reserve-Infanterieregiment 133, II. Grenadierregiment
109 dem Reserve-Infanterieregiment 107 zugeführt und der
48. Reserve-Infanteriebrigade 38 Uhr abends der Befehl
erteilt, durch einen von beiden Flanken angesetzten Angriff
die alte Stellung des Reserve-Infanterieregiments 107
wiederzunehmen. Bevor dieser Befehl zur Ausführung ge-
langen konnte, traf 10 Uhr abends ein Befehl des General-
kommandos ein, auß dem hervorging, daß die ganze linke
Nachbardivision v. Liebert in die Reservestellung 4 Kilometer
hinter dem linken Flügel der 24. Reservedivision zurück-
gegangen sei. Der Division wurde befohlen, den linken
Flügel in die Zwischenstellung derart zurückzunehmen, daß
Anschluß an die Division v. Liebert erreicht würde. Die
Ausführung dieses Befehls vollzog sich auf Grund des
entsprechenden Divisionsbefehls in der Nacht bis 4 Uhr
morgens ohne Störung durch den Feind. Der völlig allein-
stehende linke Flügel der Division, das ruhmreiche II.
Bataillon des Reserve-Infanterieregiments 133, baute erst
am 26. September 2,30 Uhr vormittags ab. Ecs hatte seine
ganze Stellung gehalten, auch nachdem der Feind das
Bataillon von beiden Seiten umfaßt und zum Teil von
rückwärts angegriffen hatte. Bei der Abwehr dieser Angriffe
hatte das II. Bataillon Reserve-Infanterieregiments 133 noch
200 Gefangene gemacht.
Außer den oben erwähnten Verstärkungen waren bieher
eingetroffen und wurden eingesetzt:
II. Bataillon Infanterieregiments 40, dem Reserve-Infan-
terieregiment 104 unterstellt;
1 Zug 2. Batterie Reserve-Feldartillerieregiment 24,
1 Zug §. Batterie Feldartillerieregiment 64,
1 Zug 6. Batterie Feldartillerieregiment 14,
dem Reserve-Feldartillerieregiment 40 unterstellt;
3. Kompagnie Pioniere 14, dem Reserve-Infanterie-
regiment 107 unterstellt.
Das der Division am Nachmittag als erste Unterstützung
zur Verfügung gestellte und von der Diovision durch ein
Führerkommando zum Reserve-Infanterieregiment 133 in
Marsch gesetzte Bataillon Infanterieregiments 184 war auf
dem Wege dorthin von der Division v. Lebert wegen seiner
ernsten Lage herangezogen und dort eingesetzt worden.
Am 26. September s Uhr morgens hatte die Division
durch die eingegangenen Meldungen die Gewißheit erlangt,
daß der französische Durchbruch auf ihrer Gesamtfront
völlig gescheitert war: Reserve-Jäger 13 und Reserve-
Infanterieregiment 104 hatten ihre vordersten Stellungen,
bis auf ein Franzosennest, fest in der Hand; Reserve-
Infanterieregiment 107 und Reserve-Infanterieregiment
133 hielten befehlsgemäß die Zwischenstellung. Der An-
schluß an die Division v. Liebert in ihrer neuen Reserve-
stellung war erreicht. Der Kommandcur deo Reserve-Infan-
terieregiments lo4 hatte im Anschluß an den rechten Flügel
des Reserve-Infanterieregiments 107 den linken Annähe-
rungsgraben als Riegelstellung besetzen lassen.