Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

Gasangriff, in 12 km Breite aus der vordersten Linie ihres 
Verteidigungssystems in die zweite, die nicht die letzte ist, 
gedrückt wurden. Nach vorsichtiger Schätzung betragen die 
französischen Verluste an Toten, Verwundeten und Ge- 
fangenen mindestens 130 00, die englischen 60 doo, die 
deutschen noch nicht ein Fünftel dieser Zahl. Ob die Gegner 
hiernach noch Aussicht haben, ihr Endziel zu erreichen, 
mag dahingesiellt bleiben. » 
Jedenfalls können solche örtliche Erfolge, erkämpft durch 
den Einsatz sechs= bis siebenfacher zahlenmäßiger Uberlegen- 
heit und vorbereitet durch vielmonatige Arbeit der Kriegs- 
materialfabriken der halben Welt einschließlich Amerikas, 
nicht ein „glänzender Sieg“ genannt werden. 
Noch weniger ist davon zu reden, daß der Angriff uns 
gezwungen hätte, irgend etwas zu tun, was nicht in un- 
serem Plane lag, in besonderem unser Vorgehen gegen 
die russische Armee nach ihm zu richten. Abgesehen da- 
von, daß eine zum Abtransport bestimmte Division beim 
Einsetzen der Offensive auf dem Westkriegsschauplatz an- 
gehalten und dafür eine im Abtransport hierher befind- 
liche andere Division nach dem Bestimmungsort der ersteren 
gelenkt wurde, hat der Angriff die deutsche Oberste Heeres- 
leitung nicht veranlaßt, auch nur einen einzigen Mann 
anders zu verwenden, wie es seit langer Zeit bestimmt war. 
Andererseits ist der Angriff weder ohne Nuhe Tag und 
Nacht fortgeführt worden, noch ist er bisher an irgendeiner 
Stelle über unsere zweite Linie hinausgelangt, noch hat er 
uns verhindert, unsere Reserven genau so sicher und wirk- 
sam zu verschieben, wie wir es bei der Maioffensive nördlich 
Arras tun konnten. 6 Oberste Heeresleitung. 
Der zweite Befehl Joffres, der bei einem gefallenen 
französischen Stabsoffizier gefunden wurde, lautet: 
203 
„Großes Hauptquartier der Oslarmeen. 
Generalstab, 3. Bureau. Großes Hauptquartier 
Nr. 12975 21. September 1915. 
Geheiml 
Weisung für die nördliche und mittlere Heeresgruppe. 
Allen Regimentern ist vor dem Angriff die ungeheure 
Kraft des Stoßes, den die französischen und englischen 
Armeen führen werden, etwa in folgender Weise klar- 
zumachen: 
Für die Operationen sind bestimmt: 38 Divisionen unter 
General de Castelnau, 18 Divisionen unter General Foch, 
13 englische Divisionen und 18 Kavalleriedivisionen (dar- 
unter § englische). Außerdem stehen zum Eingreifen be- 
reit: 12 Infanteriedivisionen und die heigich, Armee. 
Drei Viertel der französischen Strei.kräfte nehmen an 
der allgemeinen Schlacht teil. Sie werden unterstützt durch 
2000 schwere und 3000 Feldgeschütze, deren Munitions- 
ausrüstung bei weitem jene vom Beginn des Krieges 
übersteigt. 
Alle Vorbedingungen für einen sicheren Erfolg sind ge- 
geben, vor allem, wenn man sich erinnert, daß bei unseren 
letzten Angriffen in Gegend Arras nur 15 Divisionen und 
300 schwere Geschütze beteiligt waren. 
(gez.) J. Joffre.“ 
Bedarf es gegenüber solchen Erwartungen des Feindes 
noch besonderer Worte, um die ganze Größe der Helden= 
leistungen unserer Champagnekrieger klarzulegen? Eltern 
und Geschwister der nur zu zahlreichen Helden, die mit 
ihrem Blut den Sieg bezahlten, meistert euren Schmerz 
mit dem stolzen Bewußtsein, er hielt bis zum Tode getreu, 
unbezwungen die deutsche Wacht in der Herbstchampagne- 
schlacht. 
Der Anteil der 53. Reservedivision (XXVII. Reservekorps) an der Herbstschlacht in der 
Champagne 
Wir haben die 83. Reservedivision verlassen, als ihr 
Hauptteil nach dem Champagneschlachtfelde, zwischen 1. 
und §. Oktober, zur Heeresgruppe des deutschen Kron- 
prinzen befördert wurde. Dieser Teil umfaßte den Divisions- 
stab, die 105. Reserveinfanteriebrigade, Reservejäger 25, Re- 
servepionierkompagnie 33 und Reservesanitätskompagnie 33. 
Außerdem waren der Division zugeteilt Staffel 331, Re- 
serveinfanteri itionskolonne §5, Reserveartilleriemuni- 
tionskolonnen 71 und 73, Reserrefuhrparkkolonnen 87 und 
90,, Reservefeldlazarett 92, durchwe'g sächsische Truppen. 
Allen bei der dritten Armee verwendeten Truppenteilen der 
Division war es vergönnt, ihre Tüchtigkeit auch auf dem 
blutgetränkten Schlachtfe de der Chamragne zu bewähren. 
Im einzelnen war die Tellnahme der verschiedenen sächsi- 
schen Truppenteile der s 3. Reservedivision die nachstehende: 
  
Dem ODivisionskommandeur mit seinem Stabe wurde die 
Festlegung und der Ausbau zweier neuer Reservestellungen 
nordöstlich von Somme-Py übertragen unter Zuteilung der 
entsprechenden Kräfte an Pionieren, Armierungokompag= 
nien und Landsturmbatatllonen, während die Truppen der 
Division den während der Schlacht plötzlich auftretenden 
Bedürfnissen ent. prechend, vereinzelt bei s verschledenen preu- 
Hßischen und bayerischen Divisionen Verwendung fanden. 
Dem Kommandeur der 105. Reservebrigade, der 7. Re- 
servedivision untersiellt, wurde der besonders schwierige 
Kampfobschnitt nördlich von Tahure an der sogenannten 
Dreckschlucht übertragen. Dort sianden ihm außer seinem 
Reserveinfanterieregiment 243 (ohne 1) zunächst nacheinander 
Teile von sechs verschiedenen Infanterieregimentern und 
zwei preußische Pionierkompagnien zur Verfügung. In un- 
unterbrochenem Ankämpfen gegen den weit überlegenen Feind, 
meist in unermüdlichem Angriffskampfe, wies er alle Durch- 
bruchsversuche vom 10. Oktober bis 3. November in un- 
erschütterlichem Ausharren ab. 
Das Reserveinfanterieregiment 241 wurde im Neben- 
abschnitt bei der 29. Reserveinfanteriebrigade der 16. Re- 
servedivision am 9. Oktober zum Sturme auf Tahure ein- 
gesetzt, III. Reserveinfanterieregiment 241 blieb dabei zu- 
nächst in Reserve, I. und II. Reserveinfanterieregiment 241 
und I. Reserveinfanterieregiment 243 griffen an diesem Tage 
6,30 Uhr vormittags überraschend ohne Artillerievorberei= 
tung von der Schlucht bei der Mühle von Nipont aus an. 
Sie erhielten bald furchtbares Flankenfeuer von den viel- 
genannten Höhen 170 und 192 (Butte de Tahure). Das 
Derf Tahure selbst, welches vom Feinde verlassen sein 
sollte, erwies sich als stark besetzt, ebenso ein französischer 
Schützengraben nordöstlich des Dorfes. Der Angriff kam 
200 m vor diesem Graben, unter heftigstem Flankenfeuer 
von beiden Seiten, zum Stehen. Die braven Sachsen gruben 
sich, so gut es ging, in dem harten Kalkboden ein und 
hielten die neu errungene Stellung trotz beftigster Be- 
schießung, welche weder Tag noch Nacht aussetzte, in ihrem 
Hauptteil bis zu ihrer Ablösung, welche in der Nacht zum 
13. Oktober erfolgte. Wegen ihrer starken Verlusie mußten 
dabei die Bataillone I und lI des Reserveinfanterieregi- 
ments 241 zu einem Bataillon vereinigt werden. Das 
III. Bataillon des Regiments wurde vom 10. Oktober ab 
in der bioherigen Stellung des Grenadierlandwehrregi- 
ments 100 verwendet und zu Verstärkungsarbeiten in und 
binter der Stellung herangezogen. Auch dieses Bataillon
	        
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