Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

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Das war sächsischerseits vorzüglich vorbereitet und wirkte 
in jedem Einzelfall verblüffend schnell. Auch im Patrouillen- 
gehen lernten unsere Leute immer mehr Verschlagenheit. Fast 
regelmäßig kamen sie bis an das feindliche Drahthinder- 
nis heran, meist sogar ohne jeden Verlust. So trat die 
Überlegenheit des einzelnen deutschen Soldaten auch hier 
immer deutlicher in Erscheinung. 
Ende September 1915 bonnte der innere Ausbau der 
Division als abgeschlossen gelten. Die vierten Kompagnien 
der Ersatzinfanterieregimenter waren schon in der Nacht 
zum §. September eingetroffen. Auch war nunmehr noch 
eine dritte Pionierkompagnie mit der Nummer 234 errichtet 
worden. Die Division umfaßte nunmehr 16 Bataillone, 
1 Eskadron, 12 Feldbatterien, davon drei mit Feldhaubißen, 
6 schwere Batterten, 3 Pionierkompagnien, s8 Maschinen- 
gewehre, 15—9 cm-Geschütze und 2—3, 7 cm Schnellfeuer= 
kanonen. Nur die Bildung der neuen Ersatzfeldartillerie= 
regimenter 45 und 47 schob sich bis Ende Dezember 1915 
hinaus, vergleiche die Kriegsgliederung der 19. Ersabdivi= 
sion vom Dezember lols in den Anlagen. 
Am 20. September wurden fünf feindliche Fesselballons 
vor der Divisionofront gesichtet und lebhafter Wagenverkehr 
hinter der feindlichen Stellung festgestellt. Tags darauf 
kamen von Luneville her zwölf feindliche Flieger und warfen 
ergebnislos eine Bombe im Divisionsbereich ab. Das feind- 
liche Artilleriefeuer nahm in den nächsten Tagen auffällig 
zu, insbesondere gegen das Grenadierlandwehrregiment 100 
und die 47. Ersatzbrigade. Aber eine ernstere Infanterie- 
tätigkeit unterblieb auch jetzt bei den Franzosen. Um diese 
Feit setzten in Französisch-Flandern, im Artois und in der 
Champagne die großen französisch-englischen Durchbruchs- 
versuche ein und ließen es erwünscht erscheinen, auch hier 
über den Feind vollste Klarheit zu erlangen. Unsere schnei- 
digen Aufklärungspatrouillen stellten sehr bald fest, daß 
alle besseren französischen Truppen abgezogen waren und 
nur sehwacher Gegner, in der Hauptsache aus Kavallerie 
besiehend, vor der lothringer Front stehen geblieben war. 
Die Diwision brannte darauf, angreifen zu dürfen. Leider 
lag das aber nicht im Gesamtplan der deutschen Heeres- 
leitung. Nur die rechte Nachbardivision, die 1. bayerische 
Landwehrdivision, durfte am S. Oktober einen größeren Er- 
kundungsvorstoß machen. Das Grenadierlandwehrregi- 
ment 100 hatte dabei einen Angriff in der Nichtung auf 
das sogenannte Lorettowäldchen bei Blmerey vorzutäuschen, 
um das Feuer der dort festgestellten feindlichen Artillerie 
auf sich zu lenken. Das gelang mit einem eigenen Verlust 
von 18 Mann vollständig. Die Bayern konnten unter- 
dessen siegreich in die französische Stellung am weiter 
rechts befindlichen Sachsemvald eindringen. Der Feind über- 
ließ nummehr die seit dem Juli in Besitz genommenen vor- 
geschobenen Vorpostenstellungen ohne weitere Kämpfe wieder 
den Deutschen. So schob auch nunmehr das Grenadierland- 
wehrregiment 1lo# ohne Verlusie seine Vorpostenstellung 
wieder vor. -. 
Von Mitte Oktober ab kamen wieder bei den Franzosen 
kräftigere Leute zum Vorschein. Am 13. Oktober erschien 
ein französisches Lenkluftschiff zwischen Baccarat und Badon- 
viller, wagte sich aber anscheinend nicht bis über die deut- 
schen Linien vor. 
In der Nacht zum 16. Oktober versuchte der Gegner 
den Sachsenwald den Bayern wieder zu entreißen, wurde 
aber abgewiesen. Die Artillerie der 19. Ersatzdivision und 
Grenadjerlandwehrregiment 100 halfen dabei nachbarlich 
mit. Nach einigen Tagen gab der Feind seine Versuche end- 
gültig auf. Die Schanztätigkeit nahm beim Gegner immer 
mehr zu, man richtete sich drüben offenbar auf den Winter 
ein. Das Wetter blieb bis Anfang November schön. Erst 
am 10. November setzte Regen mit Weststurm ein. Am 
12. November kam dann der erste Schnee. Der Feind 
beschoß nunmehr nachhaltig und kräftig mit allen Kalibern 
die deutschen Unterkunftsorte, unsere Artillerie blieb natür- 
lich die Antwort nicht schuldig. Später trat wieder Kälte 
bei meist heiterem Himmel ein, doch beschränkten die häu- 
figen Bodennebel die gegenseitige Artillerietätigkeit im- 
mer mehr. 
Am 19. November traf Seine Majestät der König zu 
erneuter Besichtigung der Division ein, diesmal schon bei 
tiefem Schnee. 
Beim Feinde waren um diese Zeit Truppenablösungen 
größeren Stils eingetreten, doch auch die neuangekommenen 
Gegner blieben vorsichtigerweise hinter ihren Drahtverhauen. 
Am 20. November trat nach ziemlich starker Kälte wieder 
Tauwetter ein, Regen wechselte mit Weststurm. Der Ge- 
sundheitszustand der Truppen, welche an das Gebirgsklima 
sich immer mehr gewöhnt hatten, blieb andauernd zufrieden- 
stellend. Anfang Dezember wurde das Ersatzinfanterieregi- 
ment 23 durch das Infanterieregiment 107 der S8. In- 
fanteriedivision für einige Zeit abgelöst und in Erholungs- 
quartiere zurückgenommen. Doch auch dort gab es bei dem 
unaufhörlichen Schanzdienst Arbeit genug. Dabei half die 
sächsische s3. Infanteriedivision, welche inzwischen aus Ruß- 
land zurückgekehrt war und um Saarburg zur Verfügung 
der Obersten Heeresleitung in Unterkunft lag, in kamerad- 
schaftlicher Mitarbeit bei der Instandhaltung der Kampfstel- 
lung aus. Der anhaltende Regen richtete an den Schanz- 
gräben großen Schaden an, die tiefer gelegenen Teile füllten 
sich bald vollständig mit Regenwasser. Drüben bei den 
Franzosen schien er noch sehlimmer zu stehen. Sie waren 
sogar, anscheinend, weil ihre Gräben vollständig ersoffen 
waren, zum völlig ungedechten Arbeiten auf dem gewach- 
senen Boden gezwungen. Unsere Maschinengewehre und 
Geschütze fügten ihnen dabei starke Verluste zu, besonders 
seitdem am 6. Dezember sichtiges Wetter bei weicher Witte- 
rung das Regenwetter abgelöst hatte. Allerdings trat bald 
wieder strömender Regen ein, und beide Parteien mußten 
wieder mit äußerster Kraftanstrengung an der Erhaltung 
ihrer Verteidigungöstellung arbeiten, woran die gegnerische 
Artillerie sie mit unerbittlichem Eifer zu stören suchte. Am 
13. Dezember kam wieder Schnee, es wurde kalt und klar, 
und alsbald begann wieder regste Fliegertätigkeit von beiden 
Seiten. Unsere Patrouillen brachten es jetzt fertig, sogar 
durch die feindlichen Drahthindernisse vorzudringen, obwohl 
die Franzosen 2—3 solcher Drahthindernisse ihren Stel- 
lungen vorgelagert hatten. Leider fiel ein besonders schnei- 
diger und erfolgreicher Patrouillenführer, der Offinierstell= 
vertreter Leuschner des Grenadierlandwehrregiments lo am 
22. Dezember zwischen dem 2. und 3. französischen Draht- 
verhau. Unsere Scharfschützen beschossen von jetzt ab sogar 
die französischen Postenablösungen in deren Stellung. 
Vor Weihnachten trat wieder Tauwetter mit Regen und 
Nebel ein. Wieder drohten die Böschungen der Verteidi- 
gungsstellungen völlig einzustürzen. So mußten in den 
völlig verregneten Weihnachtsfeiertagen die braven Mann- 
schaften allerorts tüchtig arbeiten, die feindliche Artillerie 
machte dazu die Musik. In den letzten Dezembertagen 
erkundete der Feind auffällig gegen Domsv#re und beschoß 
mit allen Kalibern lebhaft unsere dortigen Stellungen. Die 
Division schied sich deshalb in aller Stille eine besondere 
Reserde aus, um einem Handstreich dort, etwa in der 
Neujahrsnacht, nach Kräften begegnen zu können. Leider 
unterblieb aber ein feindlicher Angriff, obwohl sich das 
Wetter gegen Jahresschluß besserte und auch der Boden 
gangbarer wurde. 
 
	        
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