Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

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Außer der Prüfung zu schließender Verträge hatte die 
Vertrags-Prüfungsstelle auch die Aufgabe, bereits ge- 
schlossene Verträge nachzuprüfen, sich von der Zweckmäßig- 
keit von Verträgen zu überzeugen, die dem Kriegeministe- 
rium nachgeordnete Stellen geschlossen hatten, beim Kriegs- 
ministerium aus dessen nachgeordneten Stellen gebräuchliche 
Vordrucke für Vertrags= und Lieferungsbedingungen durch- 
zusehen und wenn nötig Anderungen zu veranlassen. 
Eine Mustersammlung der wichtigsten Vertragstypen 
wurde von der Vertrags-Prüfungsstelle angelegt. Sie war 
nach archivalischen Grundsätzen geordnet und enthielt neben 
Vertragsformularen, Lieferungsbedingungen und Beschaf- 
fungsgrundsätzen Abschriften besonders wichtiger Verträge 
aus folgenden Gebieten: Bekleidungswirtschaft (Allgemei- 
nes, — Bekleidungs-Beschaffungsamt Berlin, — Beklei- 
dungs-Instandsetzungsamt Chemnitz, — Kriegsbekleidungs- 
amt XII und XIX); Bauten; Elektrizität; Holz; Inventar 
(Geräteverdingung) und Hausmeisterarbeiten; Kohlen 
(Stein= und Braunkohlen), Koks, Briketts; Leder; Miet- 
und Pachtverträge; Munition; Truppen-Feldgerät, maschi- 
nelle und technische Anlagen; Sanitätswesen; Verpflegung 
(Lebensmittel, Futtermittel). 
Die Leitung der Abteilung lag in den Händen eines 
Hauptmanns der Landwehr, im bürgerlichen Beruf Bank- 
direktor, dessen Vertreter ein Beamtenstellvertreter, im Zivil- 
beruf Rechtsanwalt, war; außerdem wurden beschäftigt ein 
Beamtenstellvertreter als Registrantenführer, ein Unteroffizier 
zur Führung der Kartothek und das nötige Hilfspersonal. 
Vom 1. März 1917 bis 31. Juli 1918 sind etwa 8000 
Lieferungsabmachungen geprüft worden. 
Während von Ende des Jahres 1909 bis zum Ausbruch 
des Krieges alle Presseangelegenheiten von einer Presse- 
vermittelungsstelle, deren Leiter ein vortragender Rat der 
Justizabteilung des Kriegsministeriums war, erledigt wur- 
den, wurde wenige Tage nach der Mobilmachung beim 
Kriegsministerium eine Zentralstelle für die Auskunftertei- 
lung und Speisung der Presse mit Nachrichten in militä- 
rischen Angelegenheiten eingerichtet, die, dem Kriegsmini- 
sterium unmittelbar unterstellt, die Bezeichnung Presse- 
zentrale (VP. Z.) und die Befugnisse einer Abteilung des 
Kriegsministeriums verliehen erhielt. Neben den oben- 
erwähnten Aufgaben hatte sie sämtliche die Presseange- 
legenheiten betreffenden Eingänge der Reichs= und bundes- 
staatlichen Zentralstellen, sowie die der Nachrichtenstelle des 
sächsischen Ministeriums des Innern zu bearbeiten. Vom 
Jahre 1916 an wurden ihr ferner zugewiesen: die Versor- 
gung aller Stellen des Kriegsministeriums mit Nachrichten 
aus der Presse, Film= und Lichtbildfragen, Befreiung und 
Rückstellung vom Heeresdienst von Pressepersonal, Werbe- 
tätigkeit für die Kriegsanleihen, vaterländischer Unterricht 
im Heere, Feldbuchhandlungsangelegenheiten, Vertretung 
der Pressemaßnahmen im Landtage und Teilnahme an den 
Pressebesprechungen, die das Ministerium des Innern ver- 
anstaltete. Ein wichtiges Tätigkeitsgebiet war naturgemäß 
das der Organisation der Pressezensur. 
Die Zahl der Eingänge bei der Pressezentrale stieg von 
1424 in den ersten zwölf Kriegsmonaten auf rund s900 
im letzten Kriegsjahre. 
Vorstand der Pressezentrale (im Nebenamt) war der 
Wirkliche Geheime Kriegsrat Walde. Bei der Ober-Zensur= 
stelle in Berlin war die sächsische Militärverwaltung durch 
einen Obersileutnant vertreten. Eine Anzahl namhafter 
Offiziere des Beurlaubtenstandes, sowie Offiziere und 
Mannschaften des Kriegoarchivs waren unter besonderer 
  
  
Führung seines Vorstandes, Oberst Hottenroth, als schrift- 
stellerische Hilfskräfte tätig. — 
Die Ausübung der Zensur lag in den Händen der Inhaber 
der vollziehenden Gewalt: der stellvertretenden komman- 
dierenden Generäle; das Kriegoministerium hatte hier nur 
organisatorisch im Einvernehmen mit den preußischen und 
den Reichsdienststellen zu wirken. 
Außer der Uberwachung der Presse in militärischer und 
politischer Hinsicht gehörten zur Pressezensur im weiteren 
Sinne die Vorschriften über den Briefmarkenhandel, die Kur- 
pfuscherei, die Bekämpfung der Schundliteratur und die 
Bilderzensur, schließlich die Überwachung der Bücherein- 
und zausfuhr nach dem verbündeten, feindlichen und neu- 
tralen Auslande und dem besetzten Gebiete. 
Die Kosten der Veröffentlichung militärischer Verfü- 
gungen in sächsischen Blättern betrugen von der Mobil- 
machung bis zum Ende Juli 1918 insgesamt rund 400 Oood 
Mark, wobei zu berücksichtigen ist, daß die Veröffent- 
lichungen, die vom Kriegsministerium selbst ausgingen, bis 
zu einer bestimmten Zeilenzahl unentgeltlich und weiter zur 
Hälfte der üblichen Einrückungskosten aufgenommen wurden. 
Durch die Vermittelung der Pressezentrale gelangten an 
die Presse auch alle Notizen des stellvertretenden General= 
stabes, die Depeschenwechsel des Königs mit andern Fürst- 
lichkeiten und die Berichte über die Reisen des Königs zu 
ächsischen Truppenteilen im Felde. Auch die Berichte von 
sächsischen Truppenteilen und höheren Dienststellen über 
hervorragende Taten einzelner sächsischer Heeresangehöriger 
hatten ihren Weg über die Pressezentrale zu nehmen, bevor 
ie veröffentlicht werden durften. 
Für den vaterländischen Unterricht, der im übrigen den 
stellv. Generalkommandos unterstand, lieferte das Kriegs- 
  
presseamt die meisten Druckschriften, Plakate, Flugblätter usw. 
Die Zentralregistratur und Druckvorschrif- 
ten-Abteilung (3. R.), denen die Registrierung und 
Weiterleitung aller Eingänge bzw. die Verwaltung und 
Verteilung sämtlicher Druckvorschriften und Drucksachen 
oblag, hatte unter mehrfacher Vermehrung ihres Beamten- 
stabes eine ständig wachsende Arbeitslast zu bewältigen. 
Der Leser hat hiermit einen Blick in die Tätigkeit des 
Sächsischen Kriegsministeriums während des Weltkrieges 
geworfen. — Hat er die Uberzeugung gewonnen, daß eine 
riesige Arbeit zu bewältigen war? Und dann die Viel- 
seitigkeit dieser Arbeit! Nur dadurch, daß jede Abteilung 
eine besondere Aufgabe zu lösen hatte — aber in Ver- 
bindung mit dem Ganzen und im Geiste desselben — nur 
dadurch konnte diese Tätigkeit von Erfolg begleitet sein. 
Wohl gab's manchmal Reibungen im Betriebe, aber sie 
wurden überwunden; jeder gab sein Bestes. 
Die Vorbereitungen zur Tätigkeit des Kriegsministeriums 
in einem Kriege liegen zurück in den goldenen Jahren des 
Friedens. Und da gedenken wir des letzten Friedensmini- 
sters im Blockhause zu Dresden, des Generaloberst Frei- 
herrn Max v. Hausen, unter dessen Leitung diese Vorberei- 
tungen so getroffen waren, daß bei Beginn des Welt- 
krieges „ein Rad ins andere griff“. — Die Generäle Adolf 
v. Carlowitz und Viktor v. Wilsdorf haben dann das Hausen- 
sche Erbe angetreten und die verantwortungsvolle Stelle 
eines Kriego ministers innegehabt: ersterer bis er als 
Heerführer ins Feld zog, letzterer bis ihn sein König vom 
geleisteten Treueid entbunden hatte und er einem Volks- 
beauftragten Platz machen mußte. Aber fast alle anderen 
im Kriegsministerium blieben nach jenem denkwürdigen 
9. November lo#s zunächst noch auf ihrem Mlatze. Aus 
Pflichtgefühl und mit alter bewährter Pflichttreue haben Offi= 
ziere und Beamte weitergearbeitet bis zur Beendigung der 
Demobilmachung im — „Ministerium für Militärwesen“. 
 
	        
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