Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

346 
Wenn wir noch erfahren, daß zu den Aufgaben der Ab- 
teilung 1 noch gehören: die Verteilung von Schreibmaschinen 
an die Truppen und Behörden des Korpsbezirkes; die Ver- 
waltungofragen bei Errichtung technischer Bauten, als da 
sind Fliegerhorst, Sammellager der Pioniere u. dgl.; ferner 
die durch die Steigerung aller Lebensbedürfnisse bedingten, 
den Heeresangehörigen zugebilligten Teuerungszulagen und 
schließlich die laufenden Entschädigungen, welche einem 
großen Teil der Offiziere in der Heimat anstatt der Burschen 
gewährt wurden, so dürfte der Beweis erbracht sein, daß 
für Beschäftigung des Personals von einigen 20 Köpfen 
reichlich gesorgt war. 
In der gleichen Zimmerflucht hat Abteilung Vla ihr Unter- 
kommen gefunden. Sie ist zwar klein, gleichwohl wichtig. 
Denn sie bearbeitet die Lohnangelegenheiten der Arbeiter- 
schaft beider sächsischer Korpsbezirke, die Kranken= und Un- 
fallversicherungen, die Kriegobeihilfen und Unterstützungen. 
Da die Jahl der Arbeiter im Dienst der Militärverwaltung 
sich gegenüber dem Frieden um ein Mehrfaches erhöht hatte 
— ed sei nur an die Munitionsherstellung und an die Werk- 
stätten für Heeresgerät erinnert — so schwoll der Arbeits- 
stoff der Abteilung stark an. 
In einem Seitenflügel ist die Kanzlei untergebracht, in 
der die „Reinschriften“ hergestellt werden. Geschah dies 
noch vor dem Kriege fast ausschließlich mit der Feder, so 
ist jetzt — zumeist von weiblicher Hand bedient — eine statt- 
liche Anzahl Schreibmaschinen in Tätigkeit. Was wären 
wir bei dem so ungeheuer angewachsenen Schriftverkehr ohne 
unsere Maschinen! 
Neben der Schreibmaschine ist zur Anfertigung von 
Schreiben, die in vielen, gleichlautenden Stücken hinaus- 
gehen, eine Umdruckmaschine vorhanden. 
Im 2. Stockwerk kommen wir zunächst zu den drei Bau- 
abteilungen. Der Krieg stellte die Heeresverwaltung vor 
vermehrte, völlig veränderte Aufgaben auf dem Gebiete 
der Bautätigkeit. 
Der älteste Intendantur= und Baurat gibt über die Bau- 
tätigkeit mit allen begleitenden Verhältnissen im folgenden 
ein anschauliches Bild: 
„Eine Schilderung der Bautätigkeit in den Kriegsjahren 
muß notwendigerweise eine Beschreibung des Ringens mit 
allen Schwierigkeiten zufolge der eingetretenen wirtschaft- 
lichen Hemmungen, die besonders im Bauwesen auftraten, 
einschließen. Es galt einen unausgesetzten, sich stetig stei- 
gernden Kampf gegen täglich neu auftretende Schwierig- 
keiten, um wichtige Bauschöpfungen durchzusetzen. Für die 
Militärbauverwaltung war dieser Kampf um so aufreiben- 
der, als ihre Tätigkeit und die Erreichung ihrer Ziele vom 
Zusammenwirken vielgestaltiger Nebenumstände und zahl- 
reicher Mitwirkender abhing, die Aufgaben aber unvermit- 
telt, plötzlich auftauchten und in kürzester Frist durchzufüh- 
ren waren. 
Dieser Zustand leitete sich nach und nach ein; aber schon 
im Jahre lols war er voll entweckelt. 
Die Mobilmachung hemmte zunächst die Fortführung 
der im Gange befindlichen Bauten nur insofern, als die 
Geschäftsführung der Bauämter, deren der Korpsbezirk XII 
6 zählt, durch Einziehung zahlreicher Hilfokräfte und Bau- 
arbeiter betroffen wurde. Die Baugeschäfte kamen den Auf- 
trägen noch nach, neue Arbeiten konnten zu angemessenen 
Preisen vergeben werden, an Baustoffen fehlte es nicht, 
eingezogene Arbeitskräfte ließen sich mühelos ersetzen. Ein 
störendes allgemeines Bauverbot wurde bald wieder auf- 
gehoben. Allerdings hatte der reibungslose Gang der Bau- 
tätigkeit durch das Verbot den ersten empfindlichen Stoß 
erfahren, von dem er nicht wieder voll genas. Geübte 
Arbeitskräfte wurden bald seltener. Alte Leute, Lehrlinge 
und Frauen mußten als Ersatz herhalten. Die fristgemäße 
Fertigstellung der Bauten war daher nicht möglich. Dazu 
trat der Mangel an vielen Baustoffen. Die Metallbeschlag- 
nahme — Ende 1915 — wirkte lähmend. Ihr folgten 
weitere Beschlagnahmen. Zement und Ziegel waren nur 
noch auf schwer zu beschaffende Freigabescheine erhältlich. 
Ersatzstoffe, die aufkamen, konnten nur ausnahmsweise be- 
friedigen. Die Anfuhr der Baustoffe wurde durch den 
Mangel an Geschirren, durch die Einschränkung des Eisen- 
bahnbetriebes stark gehemmt und verteuert. Anlaß dazu 
gab die Einziehung aller für den Heeresdienst einigermaßen 
tauglichen Leute aus allen Berufskreisen, Futtermangel, 
Kohlen= und Wagenmangel. Mit der Zeit litt auch die 
körperliche Leistungsfähigkeit der Arbeiter. 
Hand in Hand mit all diesen Erschwernissen setzte eine 
derartige Verteuerung ein, daß nur noch die dringlichsten 
Bauherstellungen gerechtfertigt blieben. Die zum Teil auf 
inneren Gründen nicht beruhende, vielfach auf Wucher zu- 
rückzuführende Uberteuerung brachte bis heute Preissteige- 
rungen von 300, ja 400 Prozent. 
Es wurde daher zur Unmöglichkeit, die Kosten einer 
Auoführung vor Beginn nur einigermaßen richtig zu be- 
ziffern. Kostenüberschreitungen waren unvermeidbar. Dazu 
wirkte bei allen Bauverwaltungs= und Bauführungsgeschäf- 
ten ein immer fühlbarer werdender Mangel an geeigneten 
Bauhilfskräften im hohen Maße schädlich mit. Die aus 
Ersatztruppenteilen herangezogenen fachkundigen Techniker 
waren den alten, eingearbeiteten nicht gleichwertig. Auch bei 
ihnen trat übrigens die durch Unterernährung hervorgerufene 
Erschöpfung in Erscheinung. Wenn gleichwohl alles durch- 
gesetzt werden konnte, was auf baulichem und verwaltungs- 
technischem Gebiete gefordert wurde, so war dies nur der 
unermüdlichen treuen Arbeit der Beamten bei den füh- 
renden Baubehörden zu danken. 
Es ist kein erfreuliches Bild, das der Schilderung der 
Tätigkeit der Bauabteilungen vorangestellt werden mußte, 
doch war es nicht entbehrlich, wenn diese Tätigkeit ins 
rechte Licht gerückt werden soll. 
Bei Kriegsanfang galt es zunächst, die noch laufenden 
Bauten zu vollenden und das Rechnungswerk für sie zum 
Abschluß zu bringen. Das gab schon reichlich Arbeit. Dann 
kamen die neuen Aufgaben der Kriegsbauten, Planbearbei- 
tungen, Prüfung von Kostenanschlägen und Bauentwürfen, 
die Erledigung zahlloser Verdingungen häuften sich. Sie waren 
der Anstoß zur Verstärkung des Beamtenkörpers der Bau- 
abteilungen. Besonders belastet wurden die Intendantur- 
und Bausekretäre durch umfangreiche Listenführungen u. dgl., 
welche durch die veränderten Entlöhnungoverhältnisse beim 
Bauhilfspersonal nötig geworden sind. 
Veranlaßt durch die im Jahre 1917 erstmalig den Bau- 
unternehmern auf Reichskosten zugebilligten Vergütungen 
von tarifmäßigen Lohnzulagen an Arbeiter des Bauarbeit- 
geberverbandes waren für alle von der Kriegsamtstelle be- 
willigten kriegswichtigen Bauten die Abrechnungen einer 
bei der Intendantur eingerichteten Prüfungsstelle vorzulegen. 
Diese Abrechnungen beziehen sich lediglich auf nichtfiska- 
lische Bauten. Die Prüfung war deshalb besonders um- 
ständlich, weil Unternehmer in Frage kamen, mit denen 
während der Ausführung keine Verbindung bestanden hatte. 
Bei Kriegsbeginn setzten die sogenannten Mobilmachungs- 
bauten ein. Schon im Frieden sorgfältig vorbereitet, wurden 
sie sofort in Angriff genommen. In unserem Korpobezirk 
entstanden so innerhalb 6 Wochen umfängliche Erweiterun- 
gen des Bekleidungsamtes in Dresden, Reservelazarette in 
Bautzen und Dresden und Kriegoverpflegungsanstalten. Es 
gelang, sämtliche Ausführungen in Höhe von etwa 1 Million 
Mark rechtzeitig zu vollenden. 
Bald brachten die Kriegsbedürfnisse viele neue Aufgaben, 
deren Bearbeitung der Intendantur ebenfalls zufiel: Bauten 
für Kriegsgefangenenlager, zur Herstellung von Munition 
und Heeresgerät, für Pferdelazarette u. a. m.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.